Ärzte-Pfusch im großen Stil: Hunderte Behandlungsfehler täglich – und was Sie tun können, wenn Sie betroffen sind
Etwa 100.000 Menschen seien jedes Jahr betroffen, heißt es. Entschädigt werden nur die wenigsten. Warum das so ist – und was Sie tun können.

Silke Tauchert ist sichtlich mitgenommen, als sie von ihren Erlebnissen erzählt. Ein Behandlungsfehler beim Arzt stellte das ganze Leben der Eventplanerin aus dem Allgäu auf den Kopf. Statt der – auch aufgrund einer medizinischen Vorgeschichte – notwenigen und von ihr als Patientin eingeforderten Krebsvorsorge, schickte sie ihr Gynäkologe nach einem Ultraschall wieder heim. Ein Jahr später dann der Schock. Silke Tauchert hatte tatsächlich Krebs. Nicht eher entdeckt, weil der Arzt sie falsch behandelte.
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Die Geschichte der jungen Frau ist bei weitem kein Einzelfall. Behandlungsfehler sind in Deutschland an der Tagesordnung. „Etwa 100.000 Menschen sind jedes Jahr betroffen“, sagt Prof. Ursula Engelen-Kefer zur Bild. Sie ist Vize-Präsidentin des Sozialverband SoVD, der sich für die Stärkung der Patientenrechte einsetzt und vor Ärzte-Pfusch im großen Stile warnt. „Patienten werden verwechselt, OP-Mittel im Körper vergessen, das falsche Knie wird operiert.“ Die Dunkelziffer sei extrem hoch.
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Behandlungsfehler werden selten attestiert
Das Problem: Mediziner arbeiten in Deutschland an der Belastungsgrenze – und nicht selten weit darüber hinaus. Das es dabei zu Fehlern kommt, ist menschlich. Nur hat in diesem Bereich ein Fehler oft weitreichende Folgen für den Patienten.
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„Wir sichern nur die Minimalversorgung. Und selbst diese Untergrenze muss wegen Personalmangel oft unterlaufen werden. Dadurch werden Patienten gefährdet. Zum Beispiel durch Wundliegen, weil niemand sie bettet“, erklärt Christine Vogler, Präsidentin des Deutschen Pflegerates.
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Liegt ein Verdacht auf einen Behandlungsfehler vor, wird meist ein Gutachten vom Medizinischen Dienst erstellt. Doch drei von vier Fällen kommen zu den Akten, nur in 24,7 Prozent der Fälle wird tatsächlich ein Fehler des Arztes attestiert. Aber können sich so viele Menschen mit ihrem Verdacht täuschen?
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Das Problem sind in diesem Fall die strengen Anforderung an die Beweislast. „Der Patient muss mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit beweisen: Hätte der Schaden vermieden werden können, wenn der Arzt zum richtigen Zeitpunkt das Richtige getan hätte?“, erklärt Dr. Thomas Motz, Vorstandsvorsitzender des Medizinrechtsanwälte e.V.
Was tun bei Verdacht auf Behandlungsfehler?
Laut Gutachten des Medizinischen Dienstes gab es 2021 in Deutschland 13.050 Behandlungsfehler seitens der Ärzte. Das ist zwar ein Rückgang um 950 Fälle im Vergleich zum Jahr davor. Dennoch ist die Zahl alarmierend hoch. Denn im Grunde heißt das nichts anderes, als das jeden Tag 36 Patienten in Deutschland so falsch behandelt werden von einem Arzt, dass das für sie akute und meist anhaltende Folgen hat.
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Und das sind nur die bestätigten Fälle. Fälle, in denen ein Patient Verdacht geschöpft hat, ein Gutachten erstellt wurde und diese auch noch den strengen Anforderungen der Beweislast standgehalten hat. Die Dunkelziffer – da sind sich Experten einig – liegt um ein Vielfaches höher. „Nur ein Bruchteil der tatsächlich auftretenden Behandlungsfehler wird nachverfolgt. Viele Patientinnen oder Patienten erfahren nicht, dass im Rahmen ihrer Behandlung ein Fehler aufgetreten ist oder sie wissen nicht, an wen sie sich mit einem Verdacht wenden sollen“, heißt es seitens des Medizinischen Dienstes.
Und was kann man tun, wenn man vermutet, vom Arzt falsch behandelt worden zu sein? „Ein wichtiger Ansprechpartner bei einem Verdacht auf Vorliegen eines Behandlungsfehles ist Ihre Krankenkasse“, erklärt das Bundesministerium für Gesundheit. Die gesetzlichen Krankenkassen sind verpflichtet, ihre Mitglieder bei der Verfolgung von Schadensersatzansprüchen, die bei der Inanspruchnahme von Versicherungsleistungen aus Behandlungsfehlern entstanden sind, kostenlos zu unterstützen.
Auch der Verein der Medizinrechtsanwälte kann eine Anlaufstelle sein. Er bietet ein kostenfreies erstes Beratungsgespräch an (medizinrechtsanwaelte.de oder Tel.: 04 51/30 50 36 87).