Das Geld reicht vorn und hinten nicht? Die dauerhafte Nutzung des Dispos ist trotzdem keine gute Idee.
Das Geld reicht vorn und hinten nicht? Die dauerhafte Nutzung des Dispos ist trotzdem keine gute Idee. Christin Klose/dpa

Eigentlich sind Sie pleite? Trotzdem spuckt der Geldautomat noch Kohle aus, das Zahlen per Karte im Supermarkt klappt. Und schon sind Sie mittendrin in der Dispo-Falle. Hohe Zinsen auf das geliehene Geld machen es Verbrauchern oft doppelt schwer, nicht dauerhaft in die Überschuldung zu rutschen. Die Situation derzeit ist für viele Menschen besonders prekär. Kein Wunder, dass Diskussionen um eine Deckelung der Dispo-Zinsen wieder lauter werden. Was das bringen könnte und warum Dispo-Zinsen so verdammt hoch sind – ein Überblick.

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Warum wird gerade jetzt wieder über eine mögliche Deckelung der Dispo-Zinsen diskutiert?

„In unserem Datenbestand sehen wir, dass in den Monaten August bis Oktober die Zahl der Personen, die erstmals Zahlungsstörungen haben, um 20 Prozent im Vergleich zum Vorjahreszeitraum gestiegen ist“, sieht Schufa-Vorstandsmitglied Ole Schröder eine beunruhigende Entwicklung.

Die Gründe sind offensichtlich: Alles wird teurer, die Inflation liegt bei über 10 Prozent. In den wenigsten Fällen werden die Löhne an die steigenden Lebenshaltungskosten angepasst.

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Und gerade in Zeiten hoher Inflation droht das Einkommen eben oftmals nicht zu reichen. Bei einer Befragung im Auftrag der Schufa Anfang Oktober gab die Hälfte der Verbraucherinnen und Verbraucher (50 Prozent) an, in den vergangenen sechs Monaten bereits auf Rücklagen zurückgegriffen zu haben. 24 Prozent der rund 1000 Befragten sagten, dass sie in diesem Zeitraum ihr Konto überzogen hätten. Ein Viertel zögerte die Zahlung von Rechnungen hinaus – bis zur Zahlungsfrist oder sogar darüber hinaus.

Wie hoch sind aktuell die Dispo-Zinsen durchschnittlich?

Nach Angaben der Stiftung Warentest lag der Dispozinssatz im Mai vor der „Finanztest“-Girokontenuntersuchung im Rahmen einer Stichprobe im Schnitt bei 9,25 Prozent. Bei noch 99 Kontomodellen war er damals nicht höher als 8 Prozent. Bis Mitte November stieg der Zinssatz auf durchschnittlich 9,89 Prozent, nur noch 69 Modelle von insgesamt knapp 440 wiesen nicht mehr als 8 Prozent auf. Im teuersten Fall waren es 14,75 Prozent. „Alles bis 8 Prozent ist aus unserer Sicht noch vergleichsweise günstig“, sagte Heike Nicodemus von Finanztest.

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Auch nach Daten des Verbraucherportals Biallo sind die Dispozinssätze gestiegen. Noch teurer kann es unter Umständen werden, wenn der von dem Institut eingeräumte Dispo-Rahmen überschritten wird. Dem Portal zufolge wurden in diesem Fall nach Daten von knapp 1200 ausgewerteten Geldhäusern im Schnitt Überziehungszinsen von 12,39 Prozent fällig (Stand: Oktober 2022), im Oktober 2021 waren es noch 12,29 Prozent.

Warum sind Dispo-Zinsen überhaupt so hoch?

Das Prinzip ist einfach: Eine Bank leiht jemandem Geld und der bezahlt dafür Zinsen. Doch warum sind diese deutlich höher als bei einem herkömmlichen Kredit? Die Banken begründen das damit, dass die Kosten für die Bereitstellung deutlich höher sind und auch das Ausfallrisiko größer ist als bei einem herkömmlichen Kredit. Die hohe Flexibilität für den Verbraucher führt zu höheren Kosten bei einem ohnehin hohen Verwaltungsaufwand. Außerdem müssen Dispo-Kredite heute seitens der Bank mit Eigenkapital unterlegt werden. Diese Argumentation wird von Verbraucherschützern allerdings immer wieder kritisiert.

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Was kostet die Nutzung des Dispo-Kredits wirklich?

Laut Finanztest (Untersuchung 2022) verlangt die teuerste Bank Dispo-Zinsen in Höhe von bis zu 14,75 Prozent. Wer nun also jeden Monat für zwei Wochen durchschnittlich 1000 Euro des Dispo-Kredits beansprucht, zahlt im Jahr bei einem Zinssatz von 14,75 Prozent etwa 63 Euro. Das klingt vielleicht erst mal nicht viel. Aber wenn das Geld eh schon nicht für die laufenden Kosten reicht, sind auch 5,25 Euro im Monat zu viel.

Eigentlich pleite, aber trotzdem Geld abheben? Das geht in vielen Fällen dank Dispo-Kredit.
Eigentlich pleite, aber trotzdem Geld abheben? Das geht in vielen Fällen dank Dispo-Kredit. Imago/Manfred Segerer

Was spricht für einen Deckel bei Dispo-Zinsen?

Politiker wie der Linke-Fraktionschef Dietmar Bartsch und der Grünen-Finanzpolitiker Stefan Schmidt forderten bereits, die Höhe der Dispo-Zinsen zu begrenzen. „Grundsätzlich halten wir Grüne es für notwendig, Dispozinsen gesetzlich zu deckeln“, sagte Schmidt unlängst. Der Zinsdeckel solle die Menschen vor ausufernden Kosten schützen.

„Die Forderung nach einem Deckel ist vielfach aufgeworfen, aber nie ernsthaft aufgegriffen worden“, sagte Dorothea Mohn, Leiterin Team Finanzmarkt beim Verbraucherzentrale Bundesverband (vzbv).

Neben der Höhe des Zinses sollte alles dafür getan werden, dass der Dispo richtig genutzt werde, also als kurzfristige Überbrückung vorübergehender Liquiditätsengpässe. „Banken müssen mit in die Verantwortung genommen werden, dafür zu sorgen, dass der Dispo nicht zur Überschuldungsfalle wird“, forderte Mohn.

Was spricht gegen die Deckelung der Dispo-Zinsen?

Die Deutsche Kreditwirtschaft lehnt eine Deckelung der Dispozinsen ab. „Ein staatlicher Eingriff in den Marktmechanismus hätte zum Beispiel zur Folge, dass der Deckel wahrscheinlich auch der dann geltende Satz wäre – der Wettbewerb würde eingeschränkt.“

Gerade Verbraucher profitierten von dem wettbewerbsintensiven deutschen Bankenmarkt. „Dank eines großen Angebotes haben es Bankkunden selbst in der Hand, wo und zu welchen Konditionen sie einen Dispokredit nutzen wollen“, argumentierte der Dachverband der fünf großen Bankenverbände in Deutschland.