Die EZB hat den Leitzins mehr als  verdoppelt. Das wird spürbare Folgen für Verbraucher haben – bei Krediten, beim Hausbau, beim Tagesgeld und beim Girokonto.
Die EZB hat den Leitzins mehr als  verdoppelt. Das wird spürbare Folgen für Verbraucher haben – bei Krediten, beim Hausbau, beim Tagesgeld und beim Girokonto. dpa/Patrick Pleul

Im Kampf gegen die Inflation hat die Europäische Zentralbank (EZB) die größte Zinserhöhung ihrer Geschichte beschlossen. Der Leitzins im Euroraum steigt um 0,75 Prozentpunkte auf 1,25 Prozent. Der Leitzins ist der Zins, zu dem sich Banken bei der  EZB Geld  beschaffen können.

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Im Juli war der Zins, der vorher sogar im Minus gelegen hatte (Anlagen der  Banken bei der EZB kosteten Geld), auf 0,5 Prozent angehoben worden.  Doch die Inflation stieg weiter, im August im Schnitt der 19 Euro-Länder um 9,1 Prozent gegenüber August 2021.

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Mit der Zinserhöhung, die Kredite teurer macht, soll die Geldmenge reduziert und damit die Geldentwertung gebremst werden. Die EZB hatte lange  mit der Erhöhung gewartet, weil sie  fürchtete, teurere Kredite  könnten der Wirtschaft schaden.

Die erneute Zinserhöhung hat Folgen für die Verbraucher. Vier Finanzexperten aus den Bereichen Baufinanzierung, Geldanlage, Girokonto und Ratenkredite erklären, was sie erwarten.

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EZB-Zinserhöhung kommt, aber Kredite sind schon jetzt 30 Prozent teurer

„Zinsen für Ratenkredite sind seit Beginn des Jahres um 30 Prozent gestiegen, da alle Banken in den vergangenen Monaten ihre Finanzierungsangebote angepasst haben“, sagt Dr. Stefan Eckhardt, Geschäftsführer Kredite beim Vergleichsportal Check24. „Die Zinswende läutet das vorläufige Ende der historisch niedrigen Kreditzinsen ein. Kreditnehmer sind unmittelbar von der EZB-Zinsentscheidung betroffen. Für Banken wird die Refinanzierung von Ratenkrediten teurer und damit auch für Verbraucher. Ob und wie die nächsten Anpassungen bereits eingepreist sind, weiß nur die jeweilige Bank.“

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Wer jetzt also einen Kredit aufnehmen muss, sollte sich auf jeden Fall verschiedene Angebote einholen. Denn: „Wir sehen eine deutlich größere Spanne an vergebenen Zinssätzen“, so Dr. Stefan Eckhardt. Banken würden Kreditkunden genauer auswählen und vor allem strenger hinschauen bei einer knappen Haushaltsrechnung.

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Die Zentrale der Europäischen Zentralbank (EZB) im Abendlicht. Hier wurde über die Anhebung des Leitzinses entschieden.
Die Zentrale der Europäischen Zentralbank (EZB) im Abendlicht. Hier wurde über die Anhebung des Leitzinses entschieden. dpa/Boris Roessler

Bauzinsen steigen: Fast 1000 Euro mehr im Monat für einen Kredit

Auch für potenzielle Häuslebauer ist die Erhöhung des Leitzinses durch die EZB eine schlechte Nachricht. Denn auch die Bauzinsen steigen damit – und das nicht knapp. „Die Zinsen steigen wieder stark an und wir nähern uns den Höchstständen von über drei Prozent aus dem Juni“, weiß Ingo Foitzik, Geschäftsführer Baufinanzierung bei Check24.

„In jedem Fall wird sich die durchschnittliche Baufinanzierung bis Ende dieses Jahres um einige Tausend Euro innerhalb der Laufzeit verteuern“, erklärt Ingo Foitzik. „Die durchschnittlichen Finanzierungssummen sind in den vergangenen drei Monaten um zehn Prozent gesunken. Weniger Kunden können es sich leisten, sehr hohe Finanzierungssummen aufzunehmen. Zudem agieren Banken restriktiver bei der Kreditvergabe.“

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Ein Beispiel: Anfang 2022 lag der effektive Zinssatz noch bei 0,8 Prozent. Bei einer Baufinanzierung zu einem effektiven Zinssatz von 3,0 Prozent für ein Darlehen über 500.000 Euro bedeutet das einen höheren Zinsaufwand von 98.538 Euro bis zum Ende der zehnjährigen Sollzinsbindung. Umgerechnet müssen Neu-Eigentümer im Beispielfall 916 Euro mehr für die monatliche Rate aufbringen.

Gute Nachrichten: Tages- und Festgeldzinsen steigen weiter

Es gibt aber auch gute Nachrichten für Verbraucher, eben für alle, die sich nicht Geld leihen, sondern es anlegen wollen. „Die erste EZB-Entscheidung im Juli hat für steigende Zinsen auf Tagesgeldkonten gesorgt“, erklärt Check24-Experte Dr. Moritz Felde.

„Auch bei neu abgeschlossenen Festgeldern war ein deutlicher Zinsanstieg spürbar. Wir gehen davon aus, dass sich der Trend zu höheren Zinsen im Jahresverlauf fortsetzt und möglicherweise beschleunigt. Zweieinhalb Prozent und mehr Zinsen für ein zweijähriges Festgeld könnten bald wieder möglich sein.“

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Was bedeutet Leitzinserhöhung fürs Girokonto

Auch auf das Girokonto hat die Erhöhung des Leizinses durch die EZB Folgen. „Die meisten Banken haben sich von Verwahrentgelten auf hohe Guthaben verabschiedet, teilweise am gleichen Tag der Leitzinserhöhung im Juli“, sagt Christian Nau, Geschäftsführer Girokonto bei Check24. Negativzinsen werden in der Regel also auch bei hohem Vermögen nicht fällig.

Obacht ist aber geboten, wenn das Geld (wenn auch nur zum Ende des Monats) so knapp ist, dass man den Dispo nutzen muss. „Wir beobachten, dass die Dispozinsen durch die Zinswende steigen, da Banken sich am EZB-Leitzins orientieren“, sagt Christian Nau. „Der aktuelle Durchschnittszins eines Dispokredits liegt bei 9,43 Prozent. Bis zum Jahresende könnten deutlich mehr Institute einen zweistelligen Dispozins verlangen.“