Bundestrainer Joachim Löw nahm erstmals seit dem 0:6-Debakel gegen Spanien Stellung - und redete Tacheles. 
Bundestrainer Joachim Löw nahm erstmals seit dem 0:6-Debakel gegen Spanien Stellung - und redete Tacheles.  Foto:  dpa

So hat man Bundestrainer Joachim Löw (60) in seiner 14-jährigen Amtszeit noch nie erlebt. Aufgewühlt, wütend und enttäuscht, aber weiter voller Tatendrang bezog Löw erstmals zu der massiven Kritik an seiner Person Stellung.

„Ich rede, wenn ich es für richtig halte“, erklärte Löw angefressen und schlagkräftig zugleich. Vor allem ärgerte ihn, dass in den vergangenen Tagen fast täglich neue Interna aus dem DFB-Dunstkreis an die Öffentlichkeit gelangt sind. „Das hat mich persönlich maßlos enttäuscht. Dinge, die intern besprochen wurden, sollen auch intern bleiben. Das habe ich auch dem Präsidium gesagt.“ Rums!

Offen widersprach Löw der Darstellung des DFB. „Es gab eine Pressemitteilung, der Trainer brauche emotionale Distanz“, erklärte Löw: „Das war für mich unverständlich, weil emotionale Distanz brauche ich nicht. Ich habe gesagt: ‚Gebt mir einen Tag Zeit‘.“

WM-Trio darf hoffen

Löw bleibt seiner Linie treu, zeigt aber auch klare Kante. Dass es beim DFB mächtig knatscht, konnte er nicht verheimlichen. Auf den Vorstoß von DFB-Präsident Fritz Keller, der ihm einen Rücktritt nach der EM im nächsten Jahr nahegelegt hatte, ging Löw nicht näher ein. „Ich habe mich mit Fritz Keller ausgesprochen. Damit ist für mich die Sache erledigt.“ Auch, weil er im Präsidium die Vertrauensfrage stellte und Rückendeckung erhielt. An einen Rücktritt habe der Weltmeistercoach von 2014 nie gedacht. „Diesen Gedanken gab es bei mir nicht.“   

Auch nicht nach dem 0:6-Debakel gegen Spanien vor zwei Wochen. Grundsätzlich befinde sich die junge Nationalmannschaft abgesehen vom Spanien-Spiel auf einem guten Weg. „Wir folgen unserer roten Linie und wir sind davon überzeugt, dass es eine gute Entwicklung gab und geben wird.“ Löw weiter: „Es gibt keinen Grund, alles über den Haufen zu werfen.“

Doch ein EM-Hintertürchen ließ er für das ausgemusterte Weltmeister-Trio um Thomas Müller, Mats Hummels und Jerome Boateng für das Turnier im kommenden Jahr offen: „Vor der Nominierung machen wir uns über alles Gedanken und drehen jeden Stein um. Wir gucken, was uns den größtmöglichen Erfolg bringt. Wenn ich das Gefühl habe, werde ich im Sinne des Erfolges alles Erdenkliche tun, was möglich ist.“