Bei der Fußball-WM 1974 im Hamburger Volksparkstadion: Eberhard Vogel im Zweikampf mit Doug Utjesenovic aus Australien.
Bei der Fußball-WM 1974 im Hamburger Volksparkstadion: Eberhard Vogel im Zweikampf mit Doug Utjesenovic aus Australien. Horstmüller/imago

Eberhard Vogel ist eine der großen Fußball-Legenden der DDR – neben Dixie Dörner, Achim Streich oder Jürgen Croy. Der einstige Weltklasse-Linksaußen feiert am Ostersamstag seinen 80. Geburtstag. Zwei andere Fußball-Legenden der DDR gratulieren ihm.

Viele Spiele, viele Tore: Eberhard Vogel gehört zu den ehemaligen DDR-Fußballern, deren Namen auch heute noch jüngeren Generationen etwas sagen. Egal ob man es einst mit dem FC Karl-Marx-Stadt oder dem FC Carl Zeiss Jena – Vogels Vereinen in der Oberliga – hielt oder nicht: Der Linksaußen von Weltklasse fand allseits Bewunderung. Am Sonnabend wird er 80 Jahre alt, und seine Familie hat nur einen Wunsch: eine etwas bessere Gesundheit für den Jubilar, der von Krankheiten schwer gezeichnet ist.

Allein schon nackte Zahlen kennzeichnen das Außergewöhnliche an „Matz“ Vogel, wie ihn Freunde und Anhänger nach wie vor nennen. Mit 440 Oberliga-Einsätzen für den FC Karl-Marx-Stadt (198) und den FC Carl Zeiss Jena (242) ist und bleibt er Rekordspieler der DDR. 188 Punktspieltore bedeuten Platz zwei hinter Joachim Streich (229 Treffer).

Hans Meyer: „Er war ein begnadeter Stürmer, der in jeder Weltklassemannschaft gespielt hätte“

74 DDR-Auswahl-Einsätze mit 25 Toren und 24 Spiele für die Olympia-Auswahl (10 Treffer) stehen in seinem Startbuch. Der DDR-Meistertitel mit Karl-Marx-Stadt 1967 und drei FDGB-Pokalsiege mit Jena (1972, 1974, 1980) werden getoppt von den olympischen Bronzemedaillen 1964 und 1972 sowie dem Finale im Europapokal der Pokalsieger 1981 mit Jena gegen Dynamo Tbilissi (1:2).

Dieses Spiel bezeichnet Vogel, damals 38 und einer der ältesten Spieler überhaupt, die jemals in einem Europacup-Finale standen, als größte Enttäuschung seiner Karriere. „Ich ärgere mich noch heute, dass wir es nicht geschafft haben, weil wir so nahe dran waren“, sagte der Wahl-Jenaer einmal. Ansonsten hat Vogel wenig Anlass, sich über seine Spielerlaufbahn zu ärgern.

„Er war ein begnadeter Stürmer, der in jeder Weltklassemannschaft gespielt hätte“, sagt sein einstiger Mitspieler und späterer Trainer Hans Meyer über Vogel und legt noch einen Superlativ nach: „Die Art, wie er die Linksaußenposition interpretierte, wäre reif für Lehrfilme gewesen.“

Je älter Vogel wurde, umso professioneller lebte er für den Fußball. „Er war ein bescheidener, ehrlicher Charakter, der eine phänomenale Entwicklung machte, weil er die richtige Einstellung für seinen Job mitbrachte. Ich bin froh und glücklich, dass ich mit ihm als Spieler arbeiten durfte“, sagt Meyer.

Lothar Kurbjuweit: „Ohne dass er es wollte, hat er mich geprägt“

Ganz besondere Erinnerungen an die aktive Zeit hat Lothar Kurbjuweit. Als 19-Jähriger war er 1970 von Stahl Riesa nach Jena gewechselt – und traf dort den ebenfalls neuen Eberhard Vogel. „Wir haben uns anfangs gemeinsam im Hotel Schwarzer Bär in Jena ein Zimmer geteilt: Auf der einen Seite der große Matz Vogel als DDR-Meister, Fußballer des Jahres, Nationalspieler, auf der anderen Seite der unbekannte Lothar Kurbjuweit“, berichtet der frühere DDR-Auswahlspieler. „In diese Zeit fiel ein brutal schweres Trainingslager, acht Wochen bis zu fünf, sechs Stunden Training täglich. Matz hat mir vorgelebt, wie man das überstehen kann: Mit viel Schlaf und persönlichen Reha-Maßnahmen. Da habe ich sehr viel gelernt. Ohne dass er es wollte, hat er mich geprägt.“

Ein Foto aus dem März 2018: Eberhard Vogel steht mit dem Originalball der Olympiaqualifikation von 1972 auf dem Gelände des Ernst-Abbe-Sportplatzes in Jena.
Ein Foto aus dem März 2018: Eberhard Vogel steht mit dem Originalball der Olympiaqualifikation von 1972 auf dem Gelände des Ernst-Abbe-Sportplatzes in Jena. Schackow/dpa

Nicht nur für ihn gehört Vogel zu den Top Ten der besten Spieler, die die DDR hervorgebracht hat. „Nur einmal Fußballer des Jahres – da ist der Matz sehr schlecht weggekommen“, betont Kurbjuweit. „In jedem Fall war es für jeden besser, Vogel in seiner Mannschaft zu haben, als gegen ihn antreten zu müssen“, sagt der heute 72-Jährige.

Die Russen stachen aus Wut den Ball kaputt

In bester Erinnerung sind zwei Tore, die Vogel im Auswahl-Trikot markierte. Beim 4:1-Sieg der DDR-Auswahl über die UdSSR am 28. Juni 1964 im Entscheidungsspiel zur Olympia-Qualifikation in Warschau hatte Vogel den russischen Torwart mit einem direkt verwandelten Eckball überrascht. „Mit dem linken Außenrist. Das war früher etwas Ungewöhnliches“, erzählte der frühere Nationalkicker einmal. „Die Russen haben sich so sehr geärgert, dass der Spielball dran glauben musste. Sie haben wohl einfach reingestochen.“ Den kaputten Ball hat er noch in seinem Trophäenschrank.

Ein ebenso unfassbar schönes Tor gelang ihm am 25. November 1970 in London. „Dribbling halb rechts, 40 Meter Entfernung. Den Ball auf den linken Fuß und das Ding ins Dreiangel reingehaun“, lautet Vogels Kurzbeschreibung. Es ist das Ehrentor der DDR beim 1:3 im Wembley-Stadion. Keeper Peter Shilton hatte gegen den gewaltigen Kunstschuss keine Chance. Die 100.000 Zuschauer erhoben sich von ihren Plätzen und applaudierten begeistert.

Immer für ein Kabinettstückchen gut: Eberhard Vogel bei einem Fallrückzieher. Zu einem Tor führte der nicht. Das Spiel FC Carl Zeiss Jena gegen MSV Duisburg im Uefa-Pokal 1978 endete mit 0:0.
Immer für ein Kabinettstückchen gut: Eberhard Vogel bei einem Fallrückzieher. Zu einem Tor führte der nicht. Das Spiel FC Carl Zeiss Jena gegen MSV Duisburg im Uefa-Pokal 1978 endete mit 0:0. Horstmüller/imago

Vogels Trainerkarriere  war dagegen nur im Nachwuchsbereich von größerem Erfolg gekrönt. Von 1983 bis 1990 arbeitete er für den DDR-Fußball-Verband. 1986 wurde er mit der Junioren-Auswahl um Matthias Sammer Europameister, im Jahr darauf mit der U20 WM-Dritter. Schließlich holte die U16 1989 noch EM-Silber.

Nach der Wende bleiben die Erfolge als Trainer aus

Nach der Wende gab es als Klubtrainer in Jena, bei Hannover 96, beim 1. FC Magdeburg und beim Dresdner SC oder auch als Auswahltrainer in Togo jeweils Gastspiele, die nie länger als eine Saison dauerten. Immerhin schaltete er mit Magdeburg den von Ottmar Hitzfeld trainierten FC Bayern München in der zweiten DFB-Pokal-Runde 2000/2001 aus und stieg mit Jena 1996 in die Zweite Bundesliga auf.

Warum er sich mit Männer-Teams aber insgesamt schwertat, weiß keiner genau. „Die Wendezeit war besonders, da lagen in den einzelnen Vereinen bei Verantwortlichen und Geldgebern die Nerven schnell blank, wenn die Ergebnisse nicht stimmten. Vielleicht gehört das zu den Gründen“, sagt Kurbjuweit.