Neue Studie bricht mit einem Tabu

DFB-Arzt schlägt Alarm! Darum sind Frauen wegen eines Körperteils beim Fußball schlechter dran als Männer

Frauenfußball boomt, doch jetzt belegen Untersuchungen, dass es ein erhöhtes Gesundheitsrisiko für die Damen gibt.

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Nationalspielerin Giulia Gwinn muss momentan wegen eines Kreuzbandrisses pausieren.
Nationalspielerin Giulia Gwinn muss momentan wegen eines Kreuzbandrisses pausieren.dpa/Gollnow

Er ist Nationalmannschaftsarzt bei den Frauen: Tobias Schmenn (42) schlägt jetzt Alarm und bricht damit ein Tabu. Frauenfußball erlebt gerade einen wohltuenden Boom, gerade auch weil die Männer von Bundestrainer Hansi Flick nach dem WM-Aus von Katar in einer Krise stecken. Doch jetzt bremst der Arzt die Euphorie um die Damen etwas aus und spricht ganz offen über ein Risiko-Körperteil. Nein, es nicht die Brust, sondern das Knie bei den Damen!

„Je nach Studie wird das Risiko einer Kreuzbandverletzung im Knie für Frauen im Gegensatz zu Männern drei- bis sechsmal höher beschrieben, manche Autoren gehen von einem noch höheren Risiko aus“, erklärt Schmenn gegenüber dpa. Der Mann muss es wissen, schließlich ist er Facharzt für Orthopädie und Unfallchirurgie am Praevent Centrum Dortmund und Oberarzt der Sportklinik Hellersen.

Unterschiedliche Anatomie im Knie

Und er liefert bei den brisanten Studien auch gleich die medizinischen Gründen für das erhöhte Verletzungsrisiko. „Hier spielen bei Frauen eine eher bestehende X-Beinachse, ein Überwiegen der vorderen Oberschenkelmuskulatur zur hinteren und ein eher aufrechtes Landen aus dem Sprung eine Rolle. Männer landen eher in die Kniebeuge hinein“, stellt Schmenn fest.

Es gibt einfach anatomische Unterschiede zwischen Frauen und Männern, und beim hochkomplizierten Beingelenk, Frauen haben eine engere Knochenstellung am oberen, vorderen Kreuzband, ein erhöhtes Gefälle beim Schienbeinkopf. Nicht der einzige Unterschied. Schmenn: „Darüber hinaus werden auch hormonelle Faktoren diskutiert. So haben Untersuchungen gezeigt, dass Östrogen zu einer Lockerung des Gewebes und Abnahme der Zugfestigkeit des Kreuzbandes führt.“

Giulia Gwinn erlitt den zweiten Kreuzbandriss

Derzeit kuriert in Giulia Gwinn vom FC Bayern München eine Vize-Europameisterin einen Kreuzbandriss aus. Es ist bereits der zweite der 23 Jahre alten Abwehrspielerin. Spielmacherin Dzsenifer Marozsan von Olympique Lyon fehlte den deutschen Frauen bei der EM im Sommer in England wegen einer ähnlichen Verletzung. Weltfußballerin Alexia Putellas vom FC Barcelona fiel deshalb beim spanischen Team aus.

Landläufigen Meinungen, wonach ein Riss des vorderen  Kreuzbandes nach sechs Monaten auskuriert sei, widersprach Schmeen: „Die durchschnittliche Dauer bis zum sogenannten ‚Return to competition‘, also der Rückkehr ins Spielgeschehen, liegt bei circa neun Monaten. Und das gilt unter optimalen Bedingungen.“ Bei Spielerinnen der Frauen-Bundesliga komme neben muskulären Unterschieden auch noch die Tatsache hinzu, dass die meisten zusätzlich einer normalen Arbeit nachgehen oder studieren. So könne nicht der gesamte Fokus auf die Rehabilitation oder noch besser die Prävention gelegt werden.

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