Nach Bademantel-Spruch: Sandro Wagner rechnet mit Internet-Trollen und der Cancel Culture ab
Bei der WM in Katar geriet der ehemalige Profi selbst in die Kritik. Die Empörungskultur in den sozialen Medien macht den TV-Experten nachdenklich.

Seine Meinung hat Sandro Wagner immer gern gesagt. Früher, als Spieler von Hertha BSC, wo ihn deswegen einst Trainer Pal Dardai im Training alleine aufs leere Tor schießen ließ, oder heute, als Trainer und TV-Experte, als der er zuletzt wegen einer Aussage bei der WM in Katar in einen Shitstorm geriet. Verändern will sich der 35 Jahre alte Bayer deswegen nicht, aber die Empörungskultur insbesondere in den sozialen Medien macht den ehemaligen Stürmer nachdenklich. Jetzt rechnet Wagner mit den Internet-Trollen ab.
Wagner ist derzeit ein gefragter Mann, arbeitet neben seiner Haupttätigkeit als Cheftrainer beim Regionallisten Unterhaching als Experte für den Sport-Streamingdienst DAZN und für das ZDF. Dabei gibt sich Wagner ungekünstelt, ist auch immer wieder für einen lockeren Spruch zu haben und bekommt so beinah zwangsläufig Breitseite der Cancel Culture.

Seine Erfahrungen beschreibt Wagner so: „Dass es immer wieder Menschen gibt, die nicht gut finden, was man macht, ist auch normal. Das ist wie bei einem Büfett. Der eine mag lieber Fleisch, der andere lieber Fisch, der eine mag diesen Experten lieber, der andere jenen.“
Cancel Culture: Sandro Wagner geriet bei der WM in Katar in die Kritik
Wie schnell man heutzutage in die Kritik geraten kann, erlebte Wagner bei der WM als Experte für das ZDF am eigenen Leib. Ein Spruch („Vorhin habe ich gedacht, die ganze Kurve ist voller Deutschland-Fans. Dann habe ich erst gemerkt, das sind die katarischen Bademäntel.“) über traditionelle Gewänder der Katarer, die Thawb, während der Übertragung des Spiels Deutschland gegen Spanien brachte ihm viel Kritik ein.

Wagner bat anschließend um Entschuldigung. Das Thema Cancel Culture, also öffentliches Anprangern von Einzelnen oder Institutionen nach Aussagen oder Taten, die die Kritiker als diskriminierend oder als anderweitiges Fehlverhalten werten, beschäftigt ihn aber nicht erst seit dem Vorfall.
Wagner: „Das ist ein ganz schwieriges Thema, das sich in den letzten Jahren extrem entwickelt hat. Ich habe das Gefühl, wir sind da allmählich an der Spitze. Ich nehme es so wahr, dass sehr viele Leute mittlerweile den Kopf schütteln und sich fragen: Darf man denn gar nichts mehr sagen?“
Cancel Culture: Wagner kritisiert soziale Medien
Wenn man mit Älteren rede, „die lange im Job waren, ob Trainer, Experte oder Kommentator: Sie erzählen, dass es früher viel entspannter war“, sagte er weiter. „Wobei es gut und wichtig ist, dass heute bei gewissen Themen mehr Sensibilität eingekehrt ist. Aber: Wie radikal oft direkt verurteilt wird, wie Äußerungen bewusst in die negative Richtung interpretiert werden – das finde ich schlimm.“
Schuld daran seien auch die sozialen Netzwerke Facebook, Twitter und Co und die sich dort tummelnden Internet-Trolle, die absichtlich zündeln. Wagner: „Das hat mit der Empörungskultur in den sozialen Medien und dem zunehmenden Clickbaiting zu tun. Wenn man ständig heftige Reaktionen befürchten muss, raubt das einem irgendwann die Lust, sich anders als 0815-mäßig zu äußern.“
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