Jubel beim 1. FC Union, Frust bei Marton Dardai (v.) und Hertha BSC. Das erste Derby der Saison geht völlig verdient an die Eisernen. 
Jubel beim 1. FC Union, Frust bei Marton Dardai (v.) und Hertha BSC. Das erste Derby der Saison geht völlig verdient an die Eisernen.  Imago

Der Himmel hängt voller Geigen über Köpenick. Über Charlottenburg wehen schon wieder einige Herbstwinde. Union gleicht nach dem 2:0 (2:0) im fünften Hauptstadt-Derby in der Bundesliga in der Gesamtbilanz (je zwei Siege, ein Remis) aus und demonstriert mit dem Sprung auf Tabellenplatz 5 seine Macht. Bei Hertha hat es nach der siebten Saison-Niederlage den Anschein von gefühlter Ohnmacht.

Es geht, wie immer in solchen Duellen, um die Vorherrschaft in der Stadt, um die breite Brust zumindest bis zum Rückspiel. Zugleich geht es im Spiel auf Augenhöhe um Kleinigkeiten, um Winzigkeiten, um Zentimeter und manchmal um Millimeter. Wobei: Das Luftloch, das Marton Dardai schlägt und Taiwo Awoniyi damit nach Zuspiel von Niko Gießelmann freie Fahrt zum 1:0 hat (8.), ist alles andere als eine Winzigkeit. Es ist ein richtig dicker Bock des Hertha-Innenverteidigers, der zurück ist im Team und mit diesem Fehler einen ganz miesen Moment erlebt. So etwas ist für einen 19-Jährigen wie ihn das pure Gift, und für die Blau-Weißen ist es alles andere als ein Mutmacher.

Trimmels 2:o erst nach Videosichtung

Doch schon beim 2:0 durch Christopher Trimmel (30.) nach Ecke von Gießelmann geht es um winzige Nuancen, weil beim Schrägschuss des Union-Capitano Timo Baumgartl und Grischa Prömel in vorderster Linie noch zum Ball wollen und so womöglich Alexander Schwolow irritieren. Aber Sven Jablonski, der Video-Assistent, macht einen Haken ans Tor – alles korrekt! Ein wenig verkehrte Welt, denn eigentlich schießt sonst Trimmel die Ecken … Pal Dardai, der Coach auf der blau-weißen Bank, muss sich erst einmal für Minuten setzen. Dieses Ding haut selbst ihn ein wenig um!

Tatsächlich um Millimeter geht es Sekunden vor dem Halbzeitpfiff. Die Kugel flutscht wieder hinein, diesmal in den Kasten von Andreas Luthe, auch weil Robin Knoche den Kopfball von Peter Pekarik erst knapp hinter der Linie klärt (45.+1). Erst jubelt der Hertha-Fan-Block, kurz darauf aber die rot-weiße Union-Wand – Krzysztof Piatek, der für den Corona infizierten Stevan Jovetic spielte,  stand zuvor hauchdünn im Abseits. Co-Trainer Andreas „Zecke“ Neuendorf ist außer sich über diese Entscheidung. Es ist nicht der Abend der Blau-Weißen.

Piatek hauchdünn im Abseits

Herthas Dennis Jastrzembski brachte Härte ins Spiel, konnte die Offensive aber auch nicht ankurbeln. 
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Herthas Dennis Jastrzembski brachte Härte ins Spiel, konnte die Offensive aber auch nicht ankurbeln. 

Er ist es schon vorher nicht, denn sie haben auf Stevan Jovetic gehofft, doch der Corona-geplagte Montenegriner hatte sich einem erneuten Test unterzogen – positiv! Neben Dedryck Boyata (Rot-Sperre), Vladimir Darida (Oberschenkel) und Lukas Klünter (Schulter-OP) der nächste Ausfall. Dagegen schmeißt Union-Coach Urs Fischer, obwohl er auf Kevin Behrens (Corona) und Paul Jaeckel (Infekt) verzichten muss, Spielmacher Max Kruse nach Oberschenkelblessur wieder in die Startelf.

Auch wenn der rot-weiße Alleskönner an den Toren nicht beteiligt ist, er trumpft trotzdem mit Auge und ganz viel Coolness auf – und haut fast ein Ding mit Schmackes rein. Diesmal aber ist Schwolow mit seinen Fingern dran (58.). Dennoch machen die Unioner weiter Druck. Grischa Prömel (59.), Genki Haraguchi (62.) und Joker Sheraldo Becker (90., Lattenkreuz) haben die endgültige Entscheidung auf dem Fuß, lassen sie aber aus und Hertha ein wenig im Spiel.

Fischer zufrieden, Dardai enttäuscht

Die Blau-Weißen gehen Risiko, sie geben alles, setzen mit Ishak Belfodil auf Offensive, mit Jurgen Ekkelenkamp auf Abschlussstärke und mit Kevin-Prince Boateng auf Ordnung im Mittelfeld. Sie kommen ab und an in Tornähe, zwingend aber ist es nicht, es ist viel zu wenig, was Marco Richter und Suat Serdar versuchen. So ist Unions Abwehr nicht auszuhebeln und der hochverdiente Sieg der Rot-Weißen nach drei Nachspielmiuten, in denen nach einem feinen Derby bei 22.012 Fans im Hertha-Block erste Rauchbomben gezündet werden und Böller aufs Spielfeld fliegen, niemals in Gefahr.

Die Zufriedenheit beider Trainer konnte am Ende des Spiels enrsprechend unterschiedlicher nicht sein. Union-Trainer Urs Fischer war natürlich zufrieden: „Die Mannschaft hat viel aufgewendet, sie hat nichts zugelassen und einen verdienten Sieg gelandet. Außerdem hatten wir zahlreiche Möglichkeiten, das Spiel eher zu entscheiden.“

Hertha-Trainer Pal Dardai zeigte sich erwartungsgemäß enttäuscht: „Was wir gemacht haben, war harmlos. Zwar waren die beiden Tore unnötig, aber wenn ich die zweite Halbzeit sehe, hat Union das Spiel verdient gewonnen, denn sie waren insgesamt besser.“

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