Reisen im Osten

Acht DDR-Urlaubsziele, die auch heute noch beliebt sind!

Wer an die DDR denkt, wird nicht zuerst ans Reisen denken. Wohin fuhren die DDR-Bürger in den Urlaub? Und lohnen sich die Regionen auch heute noch?

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Trotz der Reisebeschränkungen machten DDR-Bürgerinnen und -Bürger natürlich gerne Urlaub.
Trotz der Reisebeschränkungen machten DDR-Bürgerinnen und -Bürger natürlich gerne Urlaub.Gerhard Leber/imago

Weit konnten die Bürgerinnen und Bürger der ehemaligen DDR nicht reisen, denn die Reisefreiheit war stark eingeschränkt. Urlaub wurde dennoch gemacht, denn obwohl Ziele in „kapitalistischen Ländern“ im Westen verboten waren, hatte der Osten allerhand zu bieten. Ob an der Ostsee, im Gebirge oder selbst im Ausland in Ländern, die freundschaftliche Beziehungen zum sozialistischen Deutschland pflegten – die beliebtesten Reiseziele der DDR lohnen sich auch heute noch.

Heiß begehrt waren die über 1000 Ferienheime des Freien Deutschen Gewerkschaftsbunds (FDGB). Familien freuten sich, wenn sie für einige Zeit dort Urlaub machen konnten, denn die Plätze waren schnell ausgebucht.

Kinder verbrachten typischerweise ihre Ferien im FDJ-Lager. Doch wenn die gesamte Familie zusammen unterwegs war, dann vor allem an diesen Orten.

1. Die schönste Wasserlandschaft des Ostens: Der Spreewald in Brandenburg

Vor allem für die Berliner war die Kulturlandschaft des Spreewaldes ein beliebtes Ziel für Tagesausflüge oder einen erholsamen Kurzurlaub. In der brandenburgischen Lausitz, südlich von Berlin, rund um das Örtchen Lübben, liegt das Naherholungsgebiet. Aus Berlin und Dresden gab es Sonderfahrten der Kraftverkehrsbetriebe. Die natürliche Fluss- und Moorlandschaft erkundete man vom Wasser aus, ob bei einer Kahnfahrt mit Fährmann oder -frau oder wer es sportlicher mochte, vom Kanu oder Kajak aus. Angehalten wurde an den vielen Häuschen und Imbissen, die direkt an den Kanälen liegen und Kaffee und Kuchen anbieten. Ortstypische Souvenirs wie Spreewaldgurken, die bekannten Keramikkrüge oder Tischtücher mit Blaudruck-Muster durften natürlich nicht fehlen.

Die Gegend ist von den Wenden geprägt, einem slawischen Volksstamm, die sich im 6. Jahrhundert ansiedelten. Bis heute halten Bewohnerinnen und Bewohner die sorbische Lebensweise aufrecht in Form von Trachten, Essen und Traditionen, wie den bunten, sorbischen Ostereiern. Bei einem Besuch können Sie einiges über die Kultur lernen. 

Die Wenden prägen die Region noch heute mit sorbischen Traditionen.
Die Wenden prägen die Region noch heute mit sorbischen Traditionen.Andreas Franke/imago

Schon 1960 wurden im Spreewald 600.000 Touristinnen und Touristen gezählt. 15 Jahre später waren es schon eine Million. Laut dem Tourismusverband Spreewald wurden im Jahr 2022 9,2 Millionen Tagesgäste im Spreewald gezählt. Der Verband sprach von einem Rekordjahr. Der Tourismus prägt die Region noch heute. Dementsprechend hat der Spreewald einiges zu bieten, vom Tagesausflug zu Mehrtagestouren mit Wasseraktivitäten und vollem Programm. Ein Besuch lohnt sich!

Der Spreewald in Brandenburg hat einiges zu bieten.
Der Spreewald in Brandenburg hat einiges zu bieten.Andreas Franke/imago

2. Strandurlaub mit der ganzen Familie: Insel Rügen

Kilometerweiter feiner Sandstrand, wunderschöne Buchenwälder und die Kreidefelsen, die heute zum Weltkulturerbe gehören: Der nördlichste Punkt der DDR zog jedes Jahr viele Familien und DDR-Bürger an. Die Insel Rügen ist heute wie damals ein beliebtes Urlaubsziel. Überall auf Rügen verteilt, allen voran in Binz und Prora, gab es viele FDGB-Ferien- und Zeltplätze, die jeden Sommer aufs Neue voll ausgebucht waren. Etwa 80 Prozent der DDR-Bürgerinnen und -Bürger über 14 Jahren verreisten im Jahr 1989 mindestens einmal für mindestens fünf Tage.

Statistisch betrachtet konnte ein DDR-Bürger jedoch nur einmal alle zehn Jahre auf der größten Insel Deutschlands Urlaub machen – so groß war der Andrang. Insbesondere Kinder verbrachten an der Ostsee in einem der vielen Ferienlagern ihre freie Zeit. Zahlreiche Veranstaltungen sorgten für ihre Unterhaltung fernab der eigenen Familie. Vielleicht haben auch Sie das eine oder andere Neptunfest erlebt?

Kinder bereiten sich im Sommer 1969 im DDR-Kinderferienlager in Binz auf Rügen auf das Neptunfest vor.
Kinder bereiten sich im Sommer 1969 im DDR-Kinderferienlager in Binz auf Rügen auf das Neptunfest vor.Harald Lange/imago

Auch heute ist Rügen noch ein beliebtes Urlaubsziel. Im Jahr 2022 besuchten mehr als 1,2 Millionen Gäste die Insel. Besonders beliebt sind der eindrucksvolle Nationalpark Jasmund mit seiner Steilküste und den berühmten Kreidefelsen. Die Vielseitigkeit der Insel wird oft geschätzt. So können Besucherinnen und Besucher zwischen Strand und Bergaktivitäten, Erholung und historischen Schauplätzen wählen.

3. Das Elbsandsteingebirge in Sachsen

Auch in Sachsen gab es etliche Pensionen des FDGB oder Betriebsferienheime, die Familien und DDR-Bürgerinnen und -Bürger anlockten. Eines der beliebtesten Ausflugsziele war die Sächsische Schweiz. Sie gilt auch heute noch als Naherholungsgebiet für Bergfreunde und Familien. Auf den beliebten Wanderwegen waren vor einigen Jahrzehnten DDR-Bürgerinnen und -Bürger in Massen unterwegs. Zahlreiche Aussichtspunkte wie auf der beeindruckenden Basteibrücke bei Rathen oder in den idyllischen Städtchen Pirna oder dem Kurort Bad Schandau zeigen die einzigartigen Felsformationen und grünen Täler der Region. 

Auf der Basteibrücke im Elbsandsteingebirge wurden zu Hochzeiten bis zu 50.000 Gäste täglich gezählt.
Auf der Basteibrücke im Elbsandsteingebirge wurden zu Hochzeiten bis zu 50.000 Gäste täglich gezählt.Michael Nitzschke/imago

Vor der Corona-Pandemie erreichte die Sächsische Schweiz im Jahr 2019 einen neuen Tourismus-Spitzenwert. Laut dem Statistischen Landesamt Sachsens wurden knapp 1,8 Millionen Übernachtungen gemeldet. Auch nach der Pandemie reisen wieder mehr Menschen in das schöne Gebirge. Durch die schlimmen Waldbrände im vergangenen Jahr gingen jedoch rund 150.000 Übernachtungen verloren. Das bedeutete einen Verlust von 15 Millionen Euro im Tourismus in der Sächsischen Schweiz.

4. Das höchste Gebirge Norddeutschlands: Der Harz als Mittelgebirge

Im Harz kamen zu DDR-Zeiten nicht nur Wanderbegeisterte auf ihre Kosten. Viele Freibäder sorgten für Badespaß, Burgruinen und alte Stollen boten sich für Ausflüge an und im Mittelgebirge zwischen Wernigerode und Bad Sachsa führten Wanderwege durch die romantische Berglandschaft.

Ganz so idyllisch war der Harz jedoch nicht überall. Der Brocken, der höchste Berg im Mittelgebirge, war zu DDR-Zeiten für Urlauber unerreichbar. Wegen seiner Grenzlage zur BRD war der Berg militärisches Sperrgebiet. Hier arbeiteten DDR-Grenzsoldaten, Abhörexperten von der Stasi und russische Geheimdienstler. Ihr Ziel war es, die DDR abzuschotten. Alle Urlauber im Harzgebiet wurden daher streng überwacht, denn die beliebtesten Urlaubsorte des Oberharzes lagen unmittelbar im Grenzgebiet. Im Dezember 1989 wurde der Brocken der Allgemeinheit freigegeben. Bis dahin war der Urlaub im Harz also immer auch eine Erinnerung an die deutsche Teilung. Jede Kontrolle der Transportpolizei in den Zügen erinnerte daran. Bei den DDR-Bürgerinnen und -Bürgern war das Gebiet als Urlaubsort dennoch sehr beliebt.

Im Harz-Urlaub wurden die DDR-Bürgerinnen und -Bürger stets an die deutsche Teilung erinnert.
Im Harz-Urlaub wurden die DDR-Bürgerinnen und -Bürger stets an die deutsche Teilung erinnert.Daniel Kühne/imago

Und auch heute strömen noch etliche Urlauber aus Deutschland und dem Ausland in den Harz. Laut dem Tourismusnetzwerk Niedersachsen besuchten im Jahr 2022 mehr als eine Million Gäste den Harz. Über 3,5 Millionen Übernachtungen wurden gezählt.

5. „Mallorca der DDR-Bürger“: Urlaub am Balaton in Ungarn

Obwohl eine Reise ins sozialistische Ausland mit einigem Aufwand verbunden war, denn Ostdeutsche benötigten eine Ausreisebewilligung, erinnern sich viele an ihren Urlaub außerhalb der DDR. Eines der beliebtesten DDR-Reiseziele im Ausland: Der Balaton in Ungarn. Der Plattensee, wie der glasklare Binnensee auf Deutsch heißt, erstreckt sich mit einem 197 Kilometer langen Ufer im Westen Ungarns. Besonders beliebte Badeorte für die ganze Familie sind bis heute Siofok, Balatonlelle und Balatonfüred. Schon damals gab es etliche Appartements und Hotels, die immer ausgebucht waren. Aufgrund seiner Beliebtheit wird der Balaton auch als „Mallorca der DDR-Bürger“ bezeichnet. Durchschnittlich eine Million Gäste, vorwiegend aus den „sozialistischen Bruderstaaten“ kamen jedes Jahr zwischen 1970 und 1980 an den Plattensee.

Der Balaton war das "Mallorca der DDR-Bürger".
Der Balaton war das "Mallorca der DDR-Bürger".C3 Pictures/imago

Was den Balaton ausmacht, ist das sehr flache Wasser und die vielfältige Landschaft drumherum. Viele ostdeutsche Familien machten auch einen Abstecher in die ungarische Hauptstadt Budapest. Und auch heute noch ist Ungarn ein beliebtes Urlaubsziel der Deutschen. So sind sie die größte Gruppe unter ausländischen Touristen, die an den Balaton (und nach Ungarn) reisen. Ein Grund dafür ist auch, dass eine Anreise bequem mit dem Auto oder der Bahn möglich ist.

6. Bulgarien: Partyurlaub am Goldstrand

Neben Ungarn war auch Bulgarien ein beliebtes DDR-Reiseziel. In den 70ern und 80ern strömten die Ostdeutschen an den Goldstrand unweit der Stadt Warna oder ins Rila- und Pirin-Gebirge. Die wunderschönen Sandstrände, die Gastfreundschaft der Bulgaren, sowie die kulinarischen Highlights sorgten dafür, dass Familien immer wieder an die bulgarische Schwarzmeerküste reisten. Nirgendwo sonst im Ostblock erlebten die Ostdeutschen den mediterranen Flair so sehr wie hier. Das Fernweh und das Interesse an unbekannten Kulturen konnte hier gestillt werden. Im Jahr 1973 reisten mehr als 140.000 DDR-Bürgerinnen und -Bürger nach Bulgarien.

Bulgarien ist auch heute noch ein beliebtes Urlaubsland der Deutschen.
Bulgarien ist auch heute noch ein beliebtes Urlaubsland der Deutschen.George Popescu/imago

Auch heute ist der Balkanstaat noch ein beliebtes Urlaubsziel. Überzeugend bleiben nach wie vor die günstigen Preise. So ist ein Sommerurlaub für die ganze Familie auch mit einem schmalen Budget möglich. Der Goldstrand war schon damals, und ist es heute immer noch, eine Hochburg für Partys. Das Land bietet alles, was das Urlaubsherz begehrt: baden, wandern, sonnen und feiern.

7. Familienurlaub an der polnischen Ostsee

Heute wie damals ist Polen ein beliebtes Ziel für Wochenendausflüge oder Urlaub an der polnischen Ostsee. Das Leben im Nachbarland empfanden viele DDR-Bürgerinnen und -Bürger damals als ungezwungener. Attraktiv war für viele wohl auch, dass in den Kinos uneingeschränkt Hollywood-Filme liefen und an den Kiosken problemlos West-Zeitschriften wie der Spiegel gekauft werden konnten. Mit dem Zug erreichte man schnell die polnische Ostsee oder die historischen Städte Warschau, Krakau und Breslau. Seit 1972 waren die Reisen nach Polen und in die CSSR sogar visafrei. Laut dem Bundesarchiv reisten im Jahr 1976  knapp 3,8 Millionen DDR-Bürgerinnen und -Bürger nach Polen.

Das Leben in Polen empfanden die DDR-Bürgerinnen und -Bürger als ungezwungener.
Das Leben in Polen empfanden die DDR-Bürgerinnen und -Bürger als ungezwungener.Michal Fludra/imago

Polen ist heute noch immer eines der beliebtesten Reiseziele der Deutschen. Insbesondere die polnische Ostsee und das Naturparadies Masuren im Nordosten von Polen ziehen viele Menschen an. Unterkünfte sind oft ausgebucht. Nach Angaben der Forschungsgruppe Urlaub und Reisen (FUR) zählte Polen 2022 rund 2,8 Millionen Urlaubsgäste aus Deutschland. Das waren fast 47 Prozent mehr als im Jahr 2021 und ähnlich viele wie vor der Corona-Pandemie im Jahr 2019.

8. Urlaub in der CSSR und Städtetrips ins „westliche“ Prag

Ähnlich beliebt wie der Polen-Urlaub waren Reisen in die ehemalige CSSR. Die CSSR gehörte sogar zu den am häufigsten besuchten sozialistischen Ländern. Etwa 60 Prozent aller Auslandsreisen gingen im Jahr 1978 dorthin. Per Zug oder Bus gelangten DDR-Bürgerinnen und -Bürger schnell ins heutige Tschechien. Im Sommer zog es die Menschen in die historischen Städte Prag und Karlsbad, im Winter freuten sich Schnee- und Skibegeisterte über die abenteuerlichen Gebirge. Bei Jugendlichen war vor allem im Jahr 1968 die tschechische Hauptstadt wegen des vielfältigen Warenangebots beliebt. Die Kinos zeigten westliche Filme und es gab Schallplatten von westlichen Künstlerinnen und Künstlern zu kaufen. 1976 reisten mehr als 4,2 Millionen Ostdeutsche in die CSSR.

Um Übernachtungskosten zu sparen, reisten zu DDR-Zeiten viele Bürgerinnen und Bürger nur für einen Tag in die ehemalige CSSR.
Um Übernachtungskosten zu sparen, reisten zu DDR-Zeiten viele Bürgerinnen und Bürger nur für einen Tag in die ehemalige CSSR.IlluPics/imago

Aufgrund seiner Nähe und der günstigen und vielfältigen Angebote ist Tschechien auch heute noch bei den Deutschen beliebt. So sind sie mittlerweile die wichtigsten ausländischen Touristen in Tschechien, gemessen an der Zahl der Ankünfte und Übernachtungen. Knapp 1,9 Millionen Deutsche zog es im Jahr 2022 ins Nachbarland. Die Regionen Prag, Karlsbad und Hradec Králové sind bis heute die beliebtesten Ziele.