Vom Adlergestell bis Zum Langen Jammer: Rund 9700 Straßen und Plätze gibt es in Berlin. Doch die wenigsten davon sind nach Frauen benannt. Das zeigt auch eine Umfrage in den Bezirken zum Frauentag am 8. März. In vielen Straßen Berlins weisen Männernamen den Weg. Karl Marx hat es gleich mehrmals geschafft.
Bei Neu- oder Umbenennungen sollen „Frauen verstärkt Berücksichtigung finden“, so heißt es in den Ausführungsbestimmungen zum Berliner Straßengesetz. Aber es werden auch Ausnahmen gemacht: „Dies gilt nicht, wenn ein gesamtstädtisches Interesse beziehungsweise Hauptstadtbelange an der Benennung einer männlichen Person bestehen.“
In den Bezirken Mitte, Friedrichshain-Kreuzberg, Pankow, Tempelhof-Schöneberg und Spandau haben die Bezirksverordnetenversammlungen beschlossen, so lange nur noch Frauennamen zu vergeben, bis mindestens die Hälfte der nach Personen benannten Straßen Namensgeberinnen haben. Gleichberechtigung bei Straßennamen gibt es aber noch lange nicht.
Friedrichshain-Kreuzberg: Hier gibt es die meisten Straßen mit Männernamen
Der Anteil der Straßen mit Frauennamen liegt in den meisten Bezirken im niedrigen einstelligen Bereich und variiert zwischen rund drei und 13 Prozent, zeigt eine Umfrage der Deutschen Presse-Agentur. Der Anteil der Männernamen ist fast überall zweistellig. Teilweise ist sogar fast die Hälfte aller öffentlichen Plätze und Straßen nach einem Mann benannt.
In Mitte ist der Anteil der Straßen mit Frauennamen (rund 100) am höchsten und liegt bei rund 12,5 Prozent. Männernamen machen einen Anteil von rund 32 Prozent aus. Pankow ist auf diesem Gebiet der Bezirk mit der niedrigsten Frauenquote: Von den 1304 Straßen tragen nur 30 den Namen einer Frau (Beatrice-Zweig-Straße, Asta-Nielsen-Straße) – also 2,3 Prozent. Allerdings: Auch nur 89 Straßen tragen in dem Bezirk Männernamen (Andreas-Hofer-Platz, Arnold-Zweig-Straße) – ein Anteil von knapp sieben Prozent.
Die höchste Männerquote hat erstaunlicherweise das grün regierte Friedrichshain-Kreuzberg. 47 Prozent der Straßen sind nach Männern benannt, nur sieben Prozent nach Frauen. Auch Wege, Grünanlagen und Parks zählen dazu.
In Friedrichshain-Kreuzberg ist man sich der ungleichen Verteilung bewusst. Die Bezirksverordnetenversammlung habe 2005 beschlossen, bei der künftigen Benennung von Straßen, Wegen, Brücken und ähnlichem ausschließlich Frauen als Namensgeberinnen zu ehren, bis mindestens 50 Prozent aller nach Personen benannten Straßen nach Frauen benannt sind, teilt eine Sprecherin mit.
Ein Beispiel: Ein Teil der Manteuffelstraße in Kreuzberg heißt seit vergangenem Jahr Audre-Lorde-Straße. Lorde (1934-1992) war eine afroamerikanische Dichterin und Bürgerrechtlerin, die sich oft in dem Stadtteil aufhielt.
Auch andere Bezirke wollen künftig häufiger Frauen ehren. In Tempelhof-Schönberg sei etwa im Oktober 2024 die Freia-Eisner-Straße eingeweiht worden, sagte ein Sprecher. Eisner (1907-1989) war in der Frauen- und Friedensbewegung aktiv und wurde von den Nationalsozialisten verfolgt.
Hasenheide: Das Denkmal von Friedrich Ludwig Jahn soll gestürzt werden
In Steglitz-Zehlendorf soll es bald eine Betty-Katz-Straße geben. Geehrt wird damit die einstige Direktorin im Jüdischen Blindenheim Wrangelstraße. Katz, geboren 1872 in Posen, wurde 1944 im KZ Theresienstadt ermordet.
Auch laut dem Berliner Straßengesetz sollen Frauen bei der Straßenbenennung verstärkt berücksichtigt werden. Mehrere Bezirke teilten mit, dass Umbenennungen derzeit geprüft würden oder bereits in Planung seien.
Eine Umbenennung ist nur unter bestimmten Voraussetzungen möglich. Sie kommt etwa dann infrage, wenn es Straßennamen in Berlin doppelt gibt oder wenn der bisherige Name rassistische, antisemitische, koloniale oder antidemokratische Bezüge hat. Der große Anteil an Männernamen sei historisch bedingt, sagte ein Sprecher vom Bezirksamt Mitte. Nur selten würden neue Straßen angelegt, die neu benannt werden könnten.

Nicht mehr zeitgemäß ist aus Sicht der Berliner Grünen das Denkmal für den sogenannten Turnvater Friedrich Ludwig Jahn in der Hasenheide in Neukölln. Die Grünen-Politikerinnen Kathy Herrmann Aguero, Susanna Kahlefeld, Bahar Haghanipour und Bezirksstadträtin Janine Wolter von der SPD stellten daher am Freitag ein großes Plakat mit einem Bild von Rosl Persson vor dem Denkmal auf. Persson (1908 bis 2010) wurde im Neuköllner Stadtteil Rixdorf geboren und gilt als Pionierin des Sports für Frauen. Sie war jahrzehntelang aktive Sportlerin, Akrobatin, Gymnastiklehrerin und Alpinistin.
Friedrich Ludwig Jahn habe eine nationalistische, antisemitische und antifeministische Haltung, die oft verschwiegen werde, kritisierten die Politikerinnen. Sie schlagen vor, stattdessen an Persson zu erinnern. ■