Bilanz eines Jahres
Zahlen in Berlin vorgestellt: Umstrittene Sterbehilfe-Organisationen haben in 350 Fällen Selbstmorde begleitet
Gründe für den Sterbewunsch der Betroffenen waren schwere Erkrankungen, aber auch sogenannte Lebenssattheit.

Es ist moralisch und politisch eines der heikelsten Themen unserer Tage: die Sterbehilfe, auch assistierte Selbsttötung genannt. Jetzt wurden in Berlin neueste Zahlen dazu präsentiert.
In Deutschland tätige Sterbehilfe-Organisationen haben im vergangenen Jahr in fast 350 Fällen Suizide begleitet oder Assistenz für die Selbsttötung vermittelt. Die Deutsche Gesellschaft für Humanes Sterben (DGHS), Dignitas Deutschland und Sterbehilfe Deutschland stellten am Montag in Berlin entsprechende Zahlen vor.
Gründe für den Sterbewunsch der Betroffenen waren den Angaben zufolge schwere Erkrankungen, aber auch sogenannte Lebenssattheit. Alle drei Organisationen stellten auch Hilfe für Paare bereit, die gemeinsam sterben wollten.
Hilfe bei Selbsttötung wieder erlaubt
Die Deutsche Gesellschaft für Humanes Sterben vermittelte 2021 nach eigenen Angaben 120 Sterbewillige an Sterbehelfer. Sterbehilfe Deutschland organisierte demnach 129 Suizidassistenzen, Dignitas 97. Dies summiert sich auf 346 Fälle.
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Die Organisationen sind umstritten. 2015 verabschiedete der Bundestag ein Gesetz, das die auf Wiederholung angelegte Suizidassistenz unter Strafe stellte. Dieses Gesetz wurde durch ein Urteil des Bundesverfassungsgerichts im Februar 2020 kassiert. Seitdem ist die Hilfe bei der Selbsttötung auch Organisationen wieder erlaubt.
Bei der Suizidassistenz wird einem Sterbewilligen in der Regel ein tödlich wirkendes Medikament überlassen, er nimmt es aber selbst ein. Dies unterscheidet diese Form der Sterbehilfe von der Tötung auf Verlangen, die weiter unter Strafe steht.
Sterbehilfe will unerträgliches und sinnloses Leiden ersparen
Ein neues Gesetz zur Regelung der Suizidassistenz hatte der Bundestag während der zurückliegenden Legislaturperiode nicht mehr auf den Weg gebracht. Aus dem neu gewählten Parlament gibt es inzwischen einen neuen ersten Vorschlag, der organisierte Hilfe bei der Selbsttötung wieder unter Strafe stellt, unter gewissen Voraussetzungen aber ermöglichen soll.
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Als Bürgerrechts- sowie Patientenschutzorganisation setzt sich die DGHS dafür ein, den Menschen ein unerträgliches und sinnloses Leiden zu ersparen und ihnen auch beim Sterben ihre Menschenwürde zu erhalten, heißt es in ihren Broschüren. Sie will die Bedingungen für Schwerstkranke und Sterbende in diesem Land verbessern. Die DGHS lehne Fremdbestimmung ab und setze sich auf vielfältige Weise für mehr Freiheit am Lebensende ein.
Die wichtigsten Argumente für Sterbehilfe sind:
• Kein Leben um jeden Preis: Bei schweren Erkrankungen, die sicher zeitnah zum Tod führen, muss man Menschen nicht unnötig leiden lassen.
• Selbstbestimmung: Wer nach gründlicher Überlegung und im Angesicht des Todes sterben möchte, soll selbst darüber bestimmen können.
• Absicherung: Durch einheitliche Kriterien, nach denen der Todeswunsch und die Erkrankung umfassend beurteilt worden sind, lässt sich Missbrauch weitestgehend ausschließen.
Die wichtigsten Argumente gegen Sterbehilfe sind:
• Falsche Gründe: Schwerkranke, die die Voraussetzungen für Sterbehilfe erfüllen, könnten sich aus anderen Motiven zum Sterben entscheiden, als nur wegen des Leidens: zum Beispiel, um der Familie nicht mehr zur Last zu fallen.
• Familienmitglieder (Erben) könnten emotionalen Druck auf Kranke ausüben.
• Verpasste Chancen: Bei Schwerkranken lässt sich selten genau vorhersagen, wie lange sie noch leben. Wenn sie lange genug leben, gibt es vielleicht Chancen mit neuen Medikamenten, die sie heilen oder zumindest ein erträgliches Leben ermöglichen können.
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• Moderne Medikamente: Durch heutige Medikamente muss man bei schweren Krankheiten nur noch sehr selten leiden. Der natürliche Tod ist deshalb die bessere Alternative.
• Psychische Erkrankungen: In einigen Ländern, wie etwa der Schweiz, ist auch Sterbehilfe bei psychischen Erkrankungen wie schweren Depressionen möglich. Der Todeswunsch ist aber Folge der Depression und behandelbar. Damit schickt man Menschen unnötigerweise in den Tod.
Wer sich persönlich von der DGHS beraten lassen möchte, kann diese Berliner Telefonnummer kontaktieren: 030/21 22 23 37-0