Keine Panik - aber Vorsicht!

Zahl der Corona-Patienten in Berliner Krankenhäusern steigt

Die Zahl derer, die wegen einer Corona-Infektion in Berliner Kliniken behandelt werden müssen, steigt. Fachleute beunruhigt bislang nicht die bloße Zahl, sondern eher die Entwicklung.

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Das Corona-Krankenhaus auf dem Gelände der Messe Berlin.<br>
Das Corona-Krankenhaus auf dem Gelände der Messe Berlin.
dpa

Die Lage in den Berliner Krankenhäusern ist trotz steigender Corona-Fallzahlen insgesamt aktuell ruhig, wie der Pneumologe Wulf Pankow, ehemaliger Chefarzt des Vivantes Klinikums Neukölln, dem Berliner KURIER sagte. „Es ist nun wichtig, dass sich alle an die Regeln halten. Es ist richtig, dass die Politik an das Verantwortungsbewusstsein der Bevölkerung appelliert.“ Zwar bestehe „kein Grund zur Panik“. Denn die aktuellen Zahlen sind noch überschaubar: Nur 66 Patienten müssen in ganz Berlin derzeit intensivmedizinisch wegen Corona behandelt werden. 48 Personen werden beatmet. Insgesamt sind 300 Personen derzeit wegen Corona in stationärer Behandlung.

Pankow,  jetzt medizinischer Leiter des Corona-Notkrankenhaus am Messegelände: „Die absoluten Zahlen sind im Moment sehr niedrig. Uns bereitet allerdings Sorge, wie schnell die Zahlen gestiegen sind.“ Zwar gab es im Frühjahr auf dem Höhepunkt der Pandemie 600 Personen in stationärer Behandlung. Doch Pankow verweist darauf, dass im Sommer nur noch sehr wenige Patienten im Krankenhaus behandelt werden mussten. Pankow sieht das Problem für die Krankenhäuser in der umfangreichen Betreuung, die Corona-Patienten brauchen. So können Zimmer oft nicht mehrfach belegt werden.

Die medizinische Betreuung verbrauche erhebliche Ressourcen. Sollte die Zahl der Erkrankten weiter steigen, werde die Belastung auf das Gesundheitssystem zunehmen. Pankow: „Wir sind noch weit von einer Überlastung entfernt. Zum Glück sind die meisten sehr vernünftig. Wir müssen uns sagen: Im Sommer konnten wir es etwas lockerer angehen, jetzt müssen alle wieder mehr Disziplin halten.“

Eine Aktivierung des Notkrankenhauses ist derzeit jedenfalls kein Thema: Das Krankenhaus kommt erst zum Einsatz, wenn die Kapazitäten an den normalen Krankenhäusern erschöpft sind. Davon sei man allerdings noch weit entfernt, und man hoffe, „dass wir mit den normalen Maßnahmen dazu kommen, dass die Kurve abflacht“, so Pankow.

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Allein in der Charité werden im Moment 33 Corona-Patienten auf „Normalstationen“ behandelt und 24 auf Intensivstationen. Das Universitätskrankenhaus hatte im Mai an seinem Standort in Mitte eigens eine Klinik umgebaut und mit 135 Intensivbetten inklusive Beatmungsgeräten bestückt. Diese Klinik ist Teil eines Netzwerks von 30 Krankenhäuser der Region, die solche Patienten behandeln können.

Nicht nur in Deutschland steigen die Zahlen an. Mehrere europäische Länder befürchten bereits eine Gefährdung der Gesundheitsversorgung. Tschechiens Armee beispielsweise baut ein Corona-Feldlazarett auf dem Prager Messegelände. In Warschau soll das Nationalstadion zum Corona- Krankenhaus werden. In Belgien wird vor Engpässen bei den Intensivbetten gewarnt. In den Niederlanden mussten die Notaufnahmen einiger Kliniken teilweise schon geschlossen werden.

Die französische Regierung kündigte an, den medizinischen Notstand auszurufen. In Großbritannien gibt es mehr als 43.000 Todesfälle in Zusammenhang mit dem Coronavirus. Derzeit liegt die Zahl der ins Krankenhaus eingewiesenen Patienten bereits höher als zum Zeitpunkt des ersten Lockdowns im März.

Die Deutsche Krankenhausgesellschaft (DKG) berichtet von einer Verdopplung der Neuaufnahmen infizierter Patienten im Vergleich zur Vorwoche, Präsident, Gerald Gaß rechnet damit, dass schon im November die Zahl von bundesweit rund 2000 Intensivpatienten mit Covid-19 erreicht werde. Der Präsident der Deutschen interdisziplinären Vereinigung für Intensiv- und Notfallmedizin (DIVI), Uwe Janssens, äußerte sich zurückhaltender. Er sagte im Deutschlandfunk, der Höchststand an Covid-19-Patienten auf deutschen Intensivstationen habe im Frühjahr bei rund 2600 gelegen. Nun rechne er bei einer ähnlichen Zahl an bekannten Gesamtinfektionen mit 620 oder 630 Intensiv-Behandlungen.

Vor allem in den großen Städten steigen die Zahlen der stationär zu behandelnden Menschen stark an. Das zeigt eine Auswertung des NDR. Der Sender hat in den 15 größten Städten Deutschlands angefragt, wie viele Covid-19-Patienten in den vergangenen Monaten dort jeweils stationär behandelt wurden. Im Sommer sank die Zahl der Infizierten, die im Krankenhaus lagen, auf ein durchgehend niedriges Niveau. Seit Mitte September steigen die Zahlen in den großen Städten wieder.