Experten legen Bericht vor
Wohnungsnot und Mietenwahnsinn: In Berlin darf jetzt enteignet werden ... im Prinzip
Müssen Wohnungsunternehmen bald zittern? Eine Expertenkommission glaubt, dass man die Unternehmen vergesellschaften darf.

Die Wohnungsnot in Berlin könnte jetzt doch zu drastischen Maßnahmen führen. Schon lange fordern Initiativen die Enteignung großer Wohnungskonzerne. Eine Expertengruppe kommt nun zu dem Ergebnis: Vergesellschaftung ist möglich!
Geht es nach einer vom Berliner Senat eingesetzten Expertengruppe, ist es durchaus möglich, große Wohnungsunternehmen in Berlin zu vergesellschaften. Dies ergibt sich aus dem Schlussbericht der Kommissionsmitglieder, der der Deutschen Presse-Agentur vorliegt.
Die Kommissionsmehrheit ist demnach der Meinung, das Grundgesetz erlaube ein entsprechendes Vergesellschaftungsgesetz und das Land Berlin habe die Kompetenz, es zu beschließen. Die Mehrheit der Kommission ist auch der Ansicht, dass das Gebot der Verhältnismäßigkeit dem nicht entgegensteht.
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Darüber hinaus sind die Experten der Meinung, dass die Entschädigung für die Vergesellschaftung unter dem Verkehrswert liegen darf und dass keine Änderung der Berliner Landesverfassung erforderlich ist. Tagesspiegel und Berliner Zeitung berichteten zuerst über die Einschätzungen der Kommission, die wird ihren Bericht am Mittwoch vorstellen.
Entschädigung für die Vergesellschaftung darf unter dem Verkehrswert liegen
Die Experten versichern auch, dass eine Vergesellschaftung von Wohnungsunternehmen gemäß dem Gleichbehandlungsgebot zulässig ist, selbst wenn eine Mindestgröße von 3000 Wohnungen oder eine vergleichbare Größenordnung zugrunde gelegt wird.

Die Kommission kommt ebenfalls zu einer positiven Einschätzung im Vergleich zu Alternativen zur Vergesellschaftung: „Nach derzeitigem Kenntnisstand sind für die Kommission keine anderen erkennbaren Mittel vorhanden, die einerseits in ihrer Wirksamkeit dem Vorhaben eindeutig gleichstehen, andererseits die betroffenen Grundrechte weniger einschränken und zugleich Dritte und die Allgemeinheit nicht stärker belasten.“
Unter der Leitung der früheren Bundesjustizministerin Herta Däubler-Gmelin (SPD) hatte die Kommission seit April 2022 darüber beraten, ob und wie Vergesellschaftungen umgesetzt werden können. Däubler-Gmelin wird den Abschlussbericht laut Angaben der Senatskanzlei am Mittwochnachmittag im Roten Rathaus an den Regierenden Bürgermeister von Berlin, Kai Wegner (CDU), und an Stadtentwicklungs- und Bausenator Christian Gaebler (SPD) übergeben.
Enteignung von Wohnungsunternehmen ist umstritten
Die Diskussion über die Vergesellschaftung von Wohnungsunternehmen wurde durch die Initiative Deutsche Wohnen & Co. enteignen angestoßen. Bei einem Volksentscheid am 26. September 2021 stimmten gut 59 Prozent der Wählerinnen und Wähler für die Vergesellschaftung von Immobilienunternehmen mit mehr als 3000 Wohnungen in Berlin. Daraufhin setzte der damalige rot-grün-rote Senat die Expertenkommission ein.
Der jetzige schwarz-rote Senat wird auf Grundlage des Abschlussberichts über das weitere Vorgehen entscheiden. Falls die Kommission eine „verfassungskonforme Vergesellschaftungsempfehlung“ abgibt, planen CDU und SPD gemäß der Koalitionsvereinbarung zunächst den Beschluss eines Vergesellschaftungsrahmengesetzes. Es soll erst zwei Jahre nach seiner Verkündung in Kraft treten und vorher vom Bundesverfassungsgericht überprüft werden.
Die Enteignung oder auch Vergesellschaftung von Wohnungsunternehmen ist aus verschiedenen Gründen umstritten:
Eingriff in das Eigentumsrecht: Die Enteignung von privaten Wohnungsunternehmen stellt einen direkten Eingriff in das Eigentumsrecht dar. Einige argumentieren, dass dies einen gefährlichen Präzedenzfall schaffen könnte und das Recht auf Eigentum insgesamt infrage stellen könnte.
Marktwirtschaftliche Bedenken: Kritiker der Enteignung argumentieren, dass sie negative Auswirkungen auf die Marktwirtschaft haben könnte. Die Sorge besteht darin, dass eine solche Maßnahme Investoren abschrecken und langfristig zu einem Rückgang von privatem Engagement und Investitionen in den Wohnungsmarkt führen könnte.
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Entschädigungsfragen: Die Frage der Entschädigung für die enteigneten Unternehmen ist ein weiterer umstrittener Aspekt. Die Höhe der Entschädigung ist ein sensibles Thema, da es eine Balance zwischen der angemessenen Entschädigung für die Eigentümer und den finanziellen Belastungen für den Staat und die Gesellschaft finden muss.
Effektivität der Maßnahme: Einige Zweifel bestehen auch hinsichtlich der Wirksamkeit der Enteignung als Mittel, um die Wohnungsproblematik zu lösen. Gegner argumentieren, dass andere Lösungsansätze, wie der Ausbau von sozialem Wohnungsbau oder die Förderung von bezahlbarem Wohnraum, effektiver und nachhaltiger sein könnten.
Rechtsstaatliche Bedenken: Die Frage der Verfassungsmäßigkeit und Rechtsstaatlichkeit der Enteignung ist ebenfalls ein strittiges Thema. Es gibt unterschiedliche rechtliche Interpretationen und Meinungen darüber, ob eine solche Maßnahme mit den geltenden Gesetzen und Verfassungsprinzipien vereinbar ist.