Berlin: Bagger bereiten die Baustelle für den Erweiterungsbau des Bundeskanzleramts vor. Auf der gegenüberliegenden Spreeseite des bisherigen Bundeskanzleramtes sollen neue Büroräume entstehen. Finanzminister Lindner (FDP) hat den geplanten Neubau neben dem Kanzleramt infrage gestellt.
Berlin: Bagger bereiten die Baustelle für den Erweiterungsbau des Bundeskanzleramts vor. Auf der gegenüberliegenden Spreeseite des bisherigen Bundeskanzleramtes sollen neue Büroräume entstehen. Finanzminister Lindner (FDP) hat den geplanten Neubau neben dem Kanzleramt infrage gestellt. Michael Kappeler/dpa

Wo die Bundesregierung Spartipps gibt, kommen Mega-Ausgaben für eigene Bauprojekte nicht gut an. Auch der Finanzminister mahnt die Ampel-Koalition zum Haushalten. In der letzten Wochen hatte Lindner eine Erweiterung des Kanzleramts „entbehrlich“ genennt. Jetzt nimmt er sich einen geplanten Neubau des Finanzministeriums vor. 

Wohnungen statt  Ministeriums-Neubau 

Nach Kritik an der geplanten Kanzleramts-Erweiterung legt Finanzminister Christian Lindner nun Pläne für einen Neubau neben seinem eigenen Ministerium auf Eis. Die Planung für den Erweiterungsbau werde „mit dem Ziel überprüft, diese zu überarbeiten“, hieß es aus dem Finanzministerium.

Der FDP-Chef erklärte seine Alternativ-Idee: „Uns fehlen bezahlbare Wohnungen. Es macht daher wenig Sinn, die knappen Flächen für neue Ministerien zu nutzen. Wir werden stattdessen jetzt prüfen, ob hier nicht Wohnraum geschaffen werden kann.“

Die Planungen für eine Erweiterung des Finanzministeriums an der Berliner Wilhelmstraße laufen seit 2019. Der Bau befindet sich aktuell in der Entwurfsphase. Nach Angaben aus dem Finanzministerium fielen bisher Planungskosten von rund 35 Millionen Euro an. „Für die Baumaßnahme selbst würden weitere 600 bis 800 Millionen Euro benötigt werden“, erklärte eine Sprecherin.

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Der Neubau wurde geplant, um  die bislang auf mehrere, teils angemietete Standorte in Berlin verteilten Beamten an einem Ort zusammenzuführen. Außerdem sind in dem Neubau Räume für die Bundesfinanzakademie und ein Konferenzzentrum geplant. In Zeiten von Homeoffice und ortsungebundener Arbeit ist der Bedarf an Büroplätzen aber kleiner geworden.

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„Sämtliche Vorhaben müssen mit Blick auf ihre Sinnhaftigkeit und Wirtschaftlichkeit auf den Prüfstand gestellt werden“, sagte ein Sprecher des Finanzministeriums am Dienstag auf Anfrage der Berliner Zeitung. „Das trifft den Erweiterungsbau des Bundesministeriums der Finanzen ebenso wie andere Bauprojekte.“

Braucht das Kanzleramt mehr Platz?

Der Erweiterungsbau für das Kanzleramt soll nach einem Entwurf der Architekten Axel Schultes und Charlotte Frank gegenüber der jetzigen Regierungszentrale auf der anderen Seite der Spree entstehen. Bislang waren dafür 777 Millionen Euro veranschlagt. Nach offiziellen Angaben ist der Neubau nötig, um die wachsende Zahl der Mitarbeiter an einem Standort unterzubringen. Rund 400 Beschäftigte sollen im Neubau arbeiten. Auch ein Hubschrauberlandeplatz ist vorgesehen. Erste Arbeiten laufen bereits, 2028 soll alles fertig sein.

Lindners Kritik am Erweiterungsbau des Kanzleramts

In der vergangenen Woche hatte der Finanzminister diesen Erweiterungsbau des Kanzleramts infrage gestellt. Als Argument führte er an, dass seit der Corona-Krise deutlich mehr Menschen von zuhause oder mobil arbeiten wollten als zuvor. So gebe es im Finanzministerium bereits 65 Prozent „ortsflexibles Arbeiten“. Daraus folge, dass man Büroflächen anders nutzen und auch begrenzen könne.

Finanzminister Christian Lindner. 
Finanzminister Christian Lindner.  Bernd von Jutrczenka/dpa

Zustimmung zu Lindners Plänen kommt aus der Opposition. „Die Bundesregierung muss diese kostspieligen Neubauprojekte stoppen“, forderte die Berliner Bundestagsabgeordnete Gesine Lötzsch (Linke). „Es ist schon verrückt, dass ein FDP-Mann den Sozialdemokraten erklären muss, dass wir Wohnungen statt Schlösser brauchen“, sagte sie. Für mehr als eine Milliarde Euro, die bei einem Stopp der Neubauten für Kanzleramt und Finanzministerium gespart werden könnten, ließen sich „ziemlich viele bezahlbare Wohnungen bauen“, so Lötzsch.

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Ähnlich sieht es die Unionsfraktion. „Es ist doch absurd, dass die Ampel an die Bevölkerung wohlfeile Spartipps verteilt, aber gleichzeitig am Erweiterungsbau mit explodierenden Kosten festhält. Ich hoffe sehr, dass Minister Lindner sich hier durchsetzen kann“, erklärte Fraktionsvize Ulrich Lange.

Kanzleramt größer als das Weiße Haus

Der Bund der Steuerzahler bezeichnete das Festhalten am Kanzleramtsbau als völlig unpassend. „Das Megaprojekt mit einer Kostenprognose von inzwischen 777 Millionen Euro muss in dieser Form gestoppt werden“, sagte Präsident Reiner Holznagel. Das Kanzleramt sei bereits heute größer als das Weiße Haus in Washington und der Élysée-Palast in Paris. 

Im Kanzleramt hält man allerdings an den Plänen fest.  Eine Regierungssprecherin sagte dem „Tagesspiegel“, der Bedarf für einen Neubau bestehe unverändert. Sie machte deutlich, dass ein Stopp des Erweiterungsbaus oder dessen Verschiebung nicht zum Nulltarif zu haben wären. „Wesentliche Objekt-, Fachplanungs-, Beratungs- und Sachverständigenleistungen sowie Leistungen für vorgezogene Maßnahmen sind bereits beauftragt worden beziehungsweise werden durchgeführt, sodass bei Kündigung dieser Leistungen zum jetzigen Zeitpunkt voraussichtlich über 100 Millionen Euro anfallen würden.“ 

Hintergrund von Lindners Vorstoß ist der koalitionsinterne Streit über den Etat des kommenden Jahres. Der geplante Erweiterungsbau des Kanzleramts steht schon länger in der Kritik.