Wir sehen Mallorca nur aus dem Fenster

Sie blicken wehmütig aufs Meer. Es liegt nur wenige Meter entfernt und trotzdem können es Hans-Joachim Stiebenz (72) und Ehefrau Dagmar (70) gerade nur von ihrer Terrasse aus sehen. Seit 37 Tagen sitzt das Berliner Rentnerpaar wegen der spanischen Ausgangssperre in Cala Millor (Mallorca) in der Wohnung fest.
„Wir versuchen immer positiv zu denken“, sagt Hans-Joachim Stiebenz. Viel Bewegung bleibt dem Berliner Paar nicht. Ihr Radius ist auf 60 Quadratmeter, auf ihre Dreizimmerwohnung beschränkt. Die Stiebenz dürfen sie nur verlassen, wenn sie einen driftigen Grund haben. Dazu zählt der direkte Weg zur Apotheke, zum Arzt oder in den Supermarkt. „Wir dürfen auch nicht gemeinsam raus gehen“, sagt Stiebenz. Wenn man sich nicht an die Regeln hält, „wird es richtig teuer“, weiß der Rentner. Nachbarn hätten 300 Euro zahlen müssen, weil sie sich auf eine Bank an der Strandpromenade gesetzt hätten und von der Polizei erwischt wurden.

Selbst beim Einkaufen werde kontrolliert. „Hände desinfizieren, danach Einweghandschuhe überstreifen und Einkaufswagen absprühen.“ Dagmar Stiebenz hat die Regeln nach 37 Tagen fest verinnerlicht. Sie geht alle zwei Tage in den „Mercadona“ und freut sich über den einzigen Spaziergang. „Ich habe ein Venenleiden und muss mich eigentlich viel bewegen“, sagt sie. Doch einen Abstecher zum Meer darf sie trotzdem nicht machen.
Die Stiebenz haben ihre Wohnung in Spandau vor acht Jahren gegen die Wohnung auf Malle eingetauscht. „Wir haben uns in der Großstadt nicht mehr wohl gefühlt“, so Hans-Joachim Stiebenz. Vor der Rente war er Polizist, bis er sich in der Gastronomie und später im Sicherheitsdienst selbstständig machte. Ehefrau Dagmar arbeitete in einer Bäckerei. Während ihrer Urlaube auf Mallorca hatten sie sich in den beliebten Touristenort, der rund eine Autostunde vom Flughafen Palma entfernt ist, verliebt.
Doch die Corona-Krise hat auch das Paradies der Deutschen erreicht. Es ist einsam geworden in dem sonst so quirligen Cala Millor. Geschäfte, Cafés, Bars und Restaurants haben geschlossen. Ab und zu geht mal ein Nachbar an ihrer Terrasse vorbei. „Wir freuen uns, wenn mal jemand stehen bleibt und mit uns spricht“, sagt Dagmar Stiebenz. Sonst spielen sie Solitäre oder Karten oder skypen mit Tochter und Enkel in Brandenburg, „Wir hoffen sehr, dass hier bald wieder Leben einkehrt, sonst wird der Tourismus auf der Insel ganz platt gemacht“, befürchtet Hans-Joachim Stiebenz. Ein Weilchen müssen sie wohl noch von ihrer Terrasse aus aufs Meer schauen und die Wellen beobachten.