Daniele Franze, Mitglied im Verein Wildtierrettung, sitzt zusammen mit einem jungen Rotfuchs (Vulpes vulpes) in einem Gehege. 
Daniele Franze, Mitglied im Verein Wildtierrettung, sitzt zusammen mit einem jungen Rotfuchs (Vulpes vulpes) in einem Gehege. 
Foto:  dpa-ZB/Pleul

Daniele und Gunter Franze geben mutmaßlich verwaisten Fuchskindern in Barnim ein zeitweiliges Zuhause. Erklärtes Ziel der beiden Wildtierretter ist es, ihre Schützlinge wieder auszuwildern. Ob das tatsächlich klappt, bleibt unklar. Ihr Engagement ist nicht unumstritten.

Vorsichtig betritt Daniele Franze das eingezäunte Gehege mit ausgehöhlten Baumstümpfen und Röhren, die in den Boden führen. Mit leiser Stimme lockt die gebürtige Brasilianerin auf Portugiesisch und stellt Schalen mit frischen Fleischbrocken, Pansen und rohen Eiern ab. Doch es dauert einige Minuten, bis sich einer der acht Gehegebewohner blicken lässt: Ein junger Fuchs schleicht lautlos näher, ein zweiter verschwindet schnell wieder in einer der Röhren. Die anderen bleiben ganz in ihren Verstecken.

„Sie sind sehr scheu und dass ist auch gut so. Damit wir sie wieder auswildern können, dürfen sie sich nicht an den Menschen gewöhnen“, sagt die 43 Jahre alte Fuchsbetreuerin. Die jüngsten Mini-Füchse kamen im Alter von nur wenigen Tagen zu Daniele und Gunter Franze in den Wandlitzer Ortsteil Stolzenhagen (Barnim). Die Kleinen wogen nur jeweils 100 Gramm. Alle zwei Stunden musste die Fuchsmutter auf Zeit sie mit Welpenaufzugsmilch füttern, nach acht Wochen bezogen sie ihr neues Zuhause im Gehege. „Spätestens mit fünf Monaten werden die Jungfüchse ungeduldig, wird das Gehege zu klein. Höchste Zeit, ihnen die Freiheit zu schenken“, erklärt sie.

Vor vier Jahren zogen der Projektleiter einer Berliner Firma für Industriekletterer und die Doktorin für Bioinformatik an der Berliner Charité auf das idyllische Grundstück nach Stolzenhagen. Weil die beiden Tierfreunde sich engagieren wollten, wurden sie Mitglied des Vereins Gnadenhof und Wildtierrettung Kleintiere Wensickendorf (Oberhavel). „Vor drei Jahren fragten uns die Vereinskollegen, ob wir zwei verwaiste Fuchswelpen aufnehmen könnten. Da die Tiere extrem scheu und lärmempfindlich sind, wurde ein ruhiger Platz gesucht“, erinnert sich Franze. Bei den beiden Mini-Füchsen blieb es letztlich nicht: 2018 betreute das Paar sechs Tiere, im vergangenen Jahr schon 13.

Ängstlich blickt ein junger Rotfuchs (Vulpes vulpes) aus einer Röhre in einem Gehege der Familie Franze. 
Ängstlich blickt ein junger Rotfuchs (Vulpes vulpes) aus einer Röhre in einem Gehege der Familie Franze.  Foto: dpa-ZB/Pleul

Die Elterntiere seien erschossen oder überfahren worden, gibt der Wildtier-Verein an. Franzes kauften gegenüber ihrem Anwesen ein Grundstück dazu und bauten ein inzwischen 100 Quadratmeter großes ausbruchsicheres Gehege inklusive Quarantänestation und Futterküche. Lange kämpften die zeitweiligen Fuchseltern um eine Baugenehmigung, allein sieben Ämter mussten zustimmen, erzählt der Stolzenhagener Tierretter. Der Verein in Wensickendorf habe die behördliche Genehmigung zur Haltung von Wildtieren. „Wir sind quasi eine Außenstelle.“ Anja Sibilski, Sprecherin des Brandenburger Landesjagdverbandes, zweifelt dennoch an der Rechtmäßigkeit. „Füchse unterliegen dem Jagdrecht und nur der jeweilige Jagdausübungsberechtigte darf Wild der Natur entnehmen“, sagt sie.

Zehn Jungtiere betreuen Franzes in diesem Jahr. Acht von ihnen – derzeit etwa ein halbes Jahr alt – werden in den kommenden Tagen in die freie Natur entlassen. Zwei leben noch in der Quarantänestation, die vom zuständigen Veterinäramt vorgeschrieben wurde. Ein Jungfuchs muss sein gebrochenes Bein ausheilen, der zweite ist für die Auswilderung noch zu klein. „Einfach frei lassen geht bei unseren Schützlingen nicht“, stellt Hausherr Franze klar. Die Füchse würden dorthin gebracht, wo sie einst gefunden worden waren und dort zunächst auch noch gefüttert. „Sie müssen ja erst lernen, sich ihre Nahrung selbst zu suchen.“ Franzes haben Wildtierkameras aufgestellt, um das langsame „Abnabeln“ zu kontrollieren.

Auch die Auswilderung ist für Sibilski problematisch. „Es gibt in Brandenburg ohnehin schon viele Füchse, die auch viel Schaden anrichten, da sie Niederwild wie Hasen, Rebhühner oder Fasane erbeuten. Außerdem übertragen sie Krankheiten, die auch für Menschen gefährlich sind.“ Allein 23.157 Füchse seien deshalb im Jagdjahr 2018/19 zur Strecke gebracht worden, sagt sie. „Füchse regulieren ihren Nachwuchs anhand von freien Revieren und Nahrungsangebot selbst“, hält Wildtierretter Franze dagegen, der den Sinn von Abschüssen infrage stellt. Die Tiere seien auch nützlich, ein Fuchs fresse immerhin an die 3000 Mäuse pro Jahr, meint er.

Für ihn und seine Frau sei die Fuchsaufnahme kein Hobby, sondern eine Notwendigkeit. „Wenn wir uns nicht um die verwaisten Welpen kümmern, tut es niemand und sie sterben elendig.“ Die Tierschützer, die nach eigenen Angaben kaum finanzielle Unterstützung bekommen, hoffen, dass ihr Engagement tatsächlich Füchse rettet. „Es gibt durchaus Hinweise, dass einige unserer Schützlinge noch leben“, deutet der 57-Jährige an. Ob die von Menschenhand aufgezogenen Füchse sich in freier Natur wirklich integrieren, könne niemand kontrollieren, gibt Christiane Schröder, Geschäftsführerin des Nabu Brandenburg, zu bedenken.

„Aus Tierschutzgründen, sollte man schon helfen, aber ob die Auswilderung tatsächlich gelingt, bleibt zweifelhaft“, sagt auch Kornelia Dobiás, Wildbiologin im Brandenburger Landeskompetenzzentrum Forst. Einen Mehrwert für die Arterhaltung von Füchsen bringe dieses Engagement nicht. Sie seien ja nicht vom Aussterben bedroht, stellt Schröder klar. Genaue Zahlen zum Fuchsbestand in Brandenburg gibt es nicht.