Wer eine Wohnung sucht, wird in Berlin immer öfter zum Opfer von Betrügern
Wer ungefragt Angebote übers Handy oder für eine superbillige Wohnung bekommt, sollte sehr vorsichtig sein: Betrug lauert

Die Wohnungsnot in Berlin hat Betrüger in großer Zahl animiert, Menschen aufs Kreuz zu legen, die gestresst auf der Suche nach einer erschwinglichen Bleibe sind. 2021 haben sich die Fallzahlen nahezu verdoppelt. Eigentlich ist der Trick der Kriminellen plump, um Miete und Kaution für Wohnungen abzuzocken, die gar nicht zu vermieten sind oder schlicht nicht existieren, wie die Berliner Zeitung berichtet.
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Philipp S. (35) zum Beispiel bekam eine Whatsapp-Nachricht. Mit Bildern, die eine geräumige Zwei-Etagen-Wohnung mit Terrasse und Eingangshalle zeigen, angeblich in Pankow. „Die Wohnung ist sofort verfügbar, sauber und bereit für kurz- oder langfristige Nutzung. Um sicherzugehen, dass Sie meine Kriterien erfüllen, geben Sie mir bitte folgende Informationen: …“ Der vermeintliche Makler will nun die Personalien wissen, den Beruf und das monatliche Einkommen des Interessenten.
Der Berliner hat eine Mutmaßung, wie der vorgebliche Anbieter wissen konnte, dass er auf Wohnungssuche und wie er zu erreichen ist. Er habe auf einem Immobilienportal seine Handynummer hinterlassen, als er sich auf mehrere Anzeigen beworben hatte. „Entweder waren es Fake-Anzeigen, oder die Anbieter haben die Telefonnummer an Adresshändler weitergegeben.“
Wohnungssuchendem Mann fiel der Betrugsversuch auf
Philipp S. roch Lunte, stellte Nachfragen, denn er mochte nicht glauben, dass die Wohnung mit Eingangshalle, Treppe und riesigem Wohnzimmer nur 630 Euro warm kosten sollte. Als Antwort kam der selbe Text: „Die Wohnung ist sofort verfügbar …“ Philipp S. wurde klar, dass es sich um einen Betrugsversuch handeln musste. Anrufe auf die Handynummer des „Anbieters“ landeten auf einer Mailbox ohne Ansage.
„Die betrügerisch angebotenen Wohnungen existieren entweder überhaupt nicht oder werden angeboten, obwohl sie tatsächlich vermietet sind“, sagt eine Polizeisprecherin zu Fällen wie diesem. „Dabei hat der Vermieter und Eigentümer meist keine Kenntnis über das Tätigwerden unberechtigter ‚Wohnungsvermittler‘.“
Zwar komme diese Art von „Leistungsbetrug“ seit Jahrzehnten immer wieder vor. Neuer seien betrügerische Angebote mittels Internetforen oder -Mietbörsen oder Whatsapp. In denen werde oft auswärtigen Wohnungssuchenden die Existenz von Wohnungen virtuell vorgegaukelt.
Fast 1200 Fälle von Wohnungsbetrug in Berlin im Jahr 2021
Hatte die Berliner Polizei vor fünf Jahren noch 321 dieser Fälle zu bearbeiten, so waren es nach Angaben der Sprecherin 2020 schon 678 und im vergangenen Jahr schon 1184 Fälle.
Auch das Landeskriminalamt Niedersachsen warnt vor angeblichen Vermietern, die entweder selbst Wohnungsanzeigen geschaltet haben oder aktiv auf Wohnungsgesuche reagieren. Man sei „im Ausland“ und würde die Wohnung im gesuchten Umfeld anbieten können, schreiben die Betrüger. Und sie sichern oft eine Abwicklung der Wohnungsvermietung über den Dienst von Airbnb zu.
Die angebliche Vermieter versendet auch selbst ein Personaldokument, das laut Polizei entweder geklaut oder eine Fälschung ist, und gibt an: Bevor ein Link zu Airbnb verschickt werde, benötige man weitere Angaben zum zukünftigen Mieter.
Verschiedene Betrugsmaschen der Wohnungs-Schwindler
Die Betrugsmaschen der Täter variieren. So versuchen die Täter mit gefälschten Airbnb-Seiten, vorab Miete und Kaution abzukassieren. Eine Frau beispielsweise hatte über Ebay ihre Wohnungssuche öffentlich gemacht.

Daraufhin kam eine Mail mit der Behauptung, dass eine 62 Quadratmeter große Wohnung zu vermieten sei, an der Danziger Straße in Prenzlauer Berg – für atemberaubend niedrige 360 Euro Warmmiete inklusive Nebenkosten. Die Anbieterin verlangte eine Vorauszahlung für den ersten Monat plus eine Monatsmiete Kaution.
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Der Mail wurden mehrere Fotos der angeblichen Wohnung beigefügt. „Da ich mich nicht im Land befinde, habe ich mich dafür entschieden, das Apartment über Airbnb zu vermieten“, schrieb sie unter anderem und verlangte, dass sie sich über die Airbnb-Webseite registrieren möge – auf einer gefälschten Seite, deren Webadresse der echten Webseite ähnelt, was gerade auf Handys nicht sofort auffällt. Das Profil der Anbieterin und auch sämtliche „Bewertungen“ der angeblichen Berliner Wohnung waren laut Polizei ebenfalls gefälscht.
Der Zahlungsaufforderung kam die wohnungssuchende Frau nicht nach, weil sie die Webseite prüfte und die Gefahr erkannte.
Betrüger treiben mit erbeuteten Daten Schindluder
Allerdings hatte sich die Frau bereits auf der gefälschten Webseite registriert. Mit diesen Daten können Kriminelle schon viel anfangen: zum Beispiel personalisierte Spam verschicken und personalisierte Mails mit Schadsoftware im Anhang. Ausweiskopien, Verdienstbescheinigungen oder Bankdaten hatte die Frau glücklicherweise nicht preisgegeben. Denn auch die können die Täter später missbrauchen.
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Eine weitere Betrugsvariante funktioniert so: Die Täter mieten tatsächlich eine Airbnb-Wohnung an, laden die Opfer zur Besichtigung ein. Diese bekommen dann Zugangsdaten und Schlüssel. Im Glauben daran, dass man sich nun die Wohnung vor Ort anschaut, überweisen die Opfer die Vorauszahlung an die Täter und merken nicht, dass sie lediglich in einer Ferienwohnung stehen, die bald an die nächsten Feriengäste vermietet wird.

Zahlungsforderung über gefälschte Airbnb-Internetseiten
Ebenso gibt es gefälschte Airbnb-Seiten, bei denen sich das Opfer dann mit den echten zuvor erstellten und übermittelten Daten einloggen kann. Auf der gefälschten Seite wird dann die Zahlung der Sicherheitsleistung eingefordert, die vorab erfolgen soll – ebenfalls auf gefälschten Konten.
Die Polizei weist darauf hin, dass man mithilfe der Google-Rückwärtssuche erkennen kann, wo die Bilder der Wohnung das erste Mal veröffentlicht waren. Oft findet man dann die echte Wohnung, die an ganz anderer Stelle zum Verkauf und zur Vermietung angeboten wird. Und man wird auf diese Weise auch feststellen, dass die Gesichter der angeblichen Menschen, die eine Wohnung „bewertet“ haben, an ganz anderer Stelle im Internet auftauchen.
Wer sind die Täter? „Die Tatverdächtigen sind, wie üblich bei Betrugstaten, unterschiedlichster Herkunft und Alters“, sagt die Berliner Polizeisprecherin. „Eine besondere Schwerpunktbildung oder besondere Tätertypisierungen sind nicht erkennbar.“
Philipp S.’ Telefonnummer ist jetzt offenbar im großen Betrüger-Verteiler. Am Dienstag bekam er eine SMS von einem „Dr. Huber“: „Hallo, ich habe eine schöne Wohnung mit Garten zu vermieten. Für Bilder und Details kontaktieren Sie mich bitte …“