Sommersaison
Wegen Corona-Regeln in Freibädern: Bald mehr Badetote im Berliner Umland?
In den Ferien werden wieder viele Berliner an die Seen rings um die Hauptstadt fahren. Doch dort ist nicht einmal jede zehnte Badestelle bewacht. Bereits im vergangenen Jahr stieg die Zahl der Badetoten.

Nun öffnen viele Staaten in Europa wieder ihre Grenzen, und für viele Berliner wird es trotz Corona einen Urlaub im Ausland geben. Aber viele werden auch in Berlin bleiben müssen: Die einen haben bereits zu viel Urlaub für die Kinderbetreuung verbraucht, andere sind in Kurzarbeit, die nächsten bekommen keine Ferienunterkunft mehr. Damit wird Berlin zum Urlaubsort – für Berliner.
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Doch es dürfte schwierig werden, dass zum Beispiel die Freibäder der Stadt als adäquater Ersatz für den Strand am Mittelmeer dienen. Denn der Platz in den Berliner Bädern ist nun mal begrenzt, und die Politik hat auch dort strenge Abstandsregeln festgelegt. „2019 hatten wir knapp zwei Millionen Badegäste in den Freibädern“, sagte Matthias Oloew, Sprecher der Berliner Bäderbetriebe.
Wie viele es diese Saison werden, hänge nicht nur vom Wetter ab, sondern auch von der Entwicklung der Pandemie und möglichen Lockerungen für die Bäder. Derzeit dürfen nicht allzu viele Leute hinein. „Die Spitzen-Besucherzahl lag bei etwa 5.000 Gästen pro Tag“, sagte Oloew. „Diese Zahl wird mit zunehmender Öffnung der Bäder noch steigen.“
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„Baywatch gibt es hier nur ehrenamtlich“
Da sonst an einem Hochsommer-Ferientag weit mehr als 20.000 Besucher in den Bädern waren, gilt als sicher, dass viele hinaus ins Umland zum Baden fahren. Doch gerade das sieht die Deutsche Lebensrettungsgesellschaft (DLRG) als Problem. In Brandenburg gibt es fast 300 offizielle Badestellen - und sehr viel mehr wilde. „Bei der DLRG haben wir 4.000 Ehrenamtler und landesweit etwa ebenso viele offizielle und nicht offizielle Badestellen“, sagte Sprecher Daniel Keip. Aber nur etwa vier Dutzend Badestellen werden von Rettungsschwimmern bewacht. „Baywatch gibt es in Brandenburg nur ehrenamtlich.“
Fachleute befürchten, dass der Corona-Sommer – sollte er ähnlich heiß werden wie die vergangenen beiden – zu mehr Badeunfällen führen könnte. Bundesweit ist die Zahl der Ertrunkenen 2019 zwar um 17 Prozent auf 417 gesunken. Aber die Binnengewässer sind weiterhin am gefährlichsten: Dort ereigneten sich 87 Prozent der tödlichen Unfälle. In Berlin starben nur zwei Menschen beim Baden, in Brandenburg 34. Das sind sechs mehr als im Jahr davor. „Das ist besorgniserregend“, sagte Keip.
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Dieser Trend könnte sich fortsetzen. „Denn wenn die strengen Regeln in den Bädern bleiben, befürchten wir, dass die Leute nicht in die großen Bäder pilgern, sondern zu den kleinen Stränden oder den Geheimtipps“, sagt der DLRG-Sprecher. In Schwimmbädern ist im Vorjahr niemand ertrunken, doch die wilden Strände sind nicht bewacht.
Dazu kommt, dass diese Orte im Unglücksfall für Wasserwacht, Feuerwehr oder Rettungsschwimmer schwer erreichbar sind. „Je weiter man weg ist von anderen, desto weiter ist man auch von der Rettung weg“, sagt Keip. „Und wenn auch noch der Handyempfang fehlt, wird es schnell kritisch.“
Die unbekannten Stellen bergen eine weitere klassische Gefahr. „Die Leute überschätzen ihre Fähigkeiten und unterschätzen die Gefahren.“ Durch Untiefen, Strömungen, Wasserpflanzen, durch Boote oder Motorfloße. „Es ist wie im Straßenverkehr: Man muss immer mit dem Unvermögen der anderen rechnen, um sich selbst zu schützen.“
Nicht die übermütigen Jugendlichen sind gefährdet
Deshalb sollten die Leute bei aller Freude am See auch darauf achten, ob die Nachbarn zu lange ins Wasser gehen oder im Wasser aufpassen, wenn ein Kind zu weit rausschwimmt.
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Statistisch sind die durchschnittlichen Badetoten übrigens nicht übermütige Jugendliche, die in unbekannte Tiefen springen. Die überleben oft mit Halswirbelverletzungen. „Der klassische Ertrinkende ist männlich und Mitte 50“, sagte Keip. „Leute, deren Kreislauf versagt, wenn sie bei 35 Grad in der Sonne in einen 20 Grad kalten See springen.“
Die Experten freuen sich inzwischen, dass viele Eltern schon vor dem Schulbeginn wieder darauf achten, dass sich ihre Kinder sicher im Wasser bewegen können. Nun, da seit Wochen der Sportunterricht ausfällt, wird an die Eltern appelliert, die ausgefallenen Schwimmstunden nachzuholen. Das geht auch im Urlaub.