Das Opfer, Gisela M. (88), erscheint am Mittwoch mit Rollator im Gerichtsgebäude in Berlin.
Das Opfer, Gisela M. (88), erscheint am Mittwoch mit Rollator im Gerichtsgebäude in Berlin. Pressefoto Wagner

Die zierliche Frau von 88 Jahren betrat tapfer den Gerichtssaal und versetzte ins Staunen: Gisela M. sagte gegen den Mann aus, der sie brutal überfallen hatte.

Sie schob den Rollator mit kleinen Schritten vor sich her. Kurzer Blick zum Angeklagten: Ralf E. (62), den sie und ihr Mann (88) als netten Krankentransport-Fahrer kannten. Wegen schweren Raubes und Körperverletzung wird ihm nun der Prozess gemacht.

Gisela M.: „Er war uns vertraut, fast zehn Jahre lang fuhr er meinen Mann zum Arzt.“ Sie hatten ihm auch Geld geliehen, als es knapp war bei ihm. Ab und zu half er bei Erledigungen, bekam Geld dafür. Dann die erbärmliche Tat in ihrer Wohnung in Reinickendorf – „ich war so schockiert“.

Der 28. April. E. klingelte am Vormittag. Gisela M.: „Wir tranken ein Tässchen Kaffee.“ Er ging dann, kam aber ein paar Minuten später zurück. Gisela M.: „Erst druckste er, dann auf einmal nahm er mich in den Schwitzkasten, warf mich zu Boden, kniete auf mir, ich bekam kaum Luft.“ Er habe ihr den Mund zugehalten – „mit letzter Kraft konnte ich zwei seiner Finger wegziehen und schreien.“

Auch ihr Mann wurde bei dem Überfall brutal attackiert

Wolfgang M. fuhr in seinem Rollstuhl in den Flur. Die Anklage: „Ralf E. stieß ihn in seinem Rollstuhl um.“ Dann soll der Angreifer eine Plastiktüte aus der Tasche gezogen haben. Gisela M.: „Ich hatte Angst, dass er die Tüte meinem Mann in den Mund stopfen wollte.“

Ihre Schreie hörte ein Nachbar. Der Mann zögerte nicht, klingelte bei den Senioren. Ralf E. schnappte sich aus einer Schublade eine Dose. Darin fünf Umschläge – Geld für Wohnung, Kinder, Haushalt. Insgesamt 2455 Euro.

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Die Flucht aber endete 100 Meter vom Tatort entfernt: Der Nachbar konnte den Räuber festhalten. Gisela M.: „Gott sei Dank kam unser Nachbar, er hat uns gerettet.“ Sie erlitten Prellungen. Geblieben ist Angst.

Für E. erklärte seine Verteidigerin: „Was ihn geritten hat, versteht er auch nicht, er bedauert es sehr.“ Der erste Angriff sei aber nicht gezielt gewesen. Fortsetzung: Freitag.