Die Klosteranlage in Neuzelle mit der katholischen Kirche
Die Klosteranlage in Neuzelle mit der katholischen Kirche imago/Shotshop

Der Prunk erschlägt einen fast: Steht man erstmals in der Klosterkirche von Neuzelle, gerade mal acht Kilometer von Eisenhüttenstadt entfernt, fühlt man sich nach Süddeutschland versetzt. So üppige Altäre, so viel Gold, so monumentale Deckengemälde ist man in der eher evangelisch bzw. postsozialistisch geprägten Region kaum gewohnt. Die 1268 gegründete Klosteranlage Neuzelle wird seit Jahrzehnten saniert und für Besucher erschlossen. Rund 60 Millionen Euro flossen bisher in das als Barockwunder Brandenburgs bezeichnete Denkmal. Ab 1. April gibt es viel Neues zu bestaunen.

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Bauernsohn Anton empfängt Besucher der Zisterzienserklosteranlage Neuzelle ab 1. April im neu gestalteten Klausurgebäude. Auf Bildschirmen können sie miterleben, wie die digitale Figur zum Mönch Bruder Ambrosius wird. Die wichtigsten Ordensregeln der Zisterziensermönche werden an seinem Beispiel erklärt. Anhand eines großen runden Lichtmoduls lässt sich die Tagesordnung im einstigen Kloster nachvollziehen – von Sonnenaufgang bis Sonnenuntergang.

Gold, Gold, Gold: das prunkvolle Innere der Klosterkirche
Gold, Gold, Gold: das prunkvolle Innere der Klosterkirche imago/Weisflog

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So eingestimmt geht es in das Heiligtum des früheren, 1268 gegründeten Klosters – den Kreuzgang. Dieser Zugang durch einen Meter dicke Mauern ist für Besucher neu, historisch gesehen allerdings nicht. „Durch Bauforschung lässt sich belegen, dass es diese Öffnung von der Klausur in den Kreuzgang im Mittelalter tatsächlich gab. Im Zuge der barocken Umgestaltung der Anlage ab 1650 war sie jedoch geschlossen worden“, erklärt Restauratorin Dorothee Schmidt-Breitung.

Kloster Neuzelle: Dem geheimnisvollen Rätsel des Kreuzgangs auf der Spur

Die Spezialistin für Wandmalereien aus Wellmitz (Oder-Spree) kennt die Klosteranlage Neuzelle wie ihre Westentasche, hat seit 1998 vieles in dem als Barockwunder Brandenburgs bezeichneten Gebäudekomplex restauriert und wieder zum Vorschein gebracht – vor allem im Kreuzgang.

Wer ihn betritt, den überraschen gotische Architekturelemente: repräsentative Kreuzrippenanlagen, farblich hervorgehobener, reliefartiger Konsolenschmuck sowie spätmittelalterliche Wandmalereien. Allein 23 Farbschichten hatten Restauratoren, unter ihnen Schmidt-Breitung, gefunden, zudem zugemauerte Türen und Fenster.

Der Kreuzgang im Kloster Neuzelle. Die 1268 gegründete Klosteranlage Neuzelle wird seit Jahrzehnten saniert und für Besucher erschlossen.
Der Kreuzgang im Kloster Neuzelle. Die 1268 gegründete Klosteranlage Neuzelle wird seit Jahrzehnten saniert und für Besucher erschlossen. dpa/Pleul

Mit Holzkohle aufgezeichnete Jahreszahlen gaben den Fachleuten lange Rätsel auf, sagt die Restauratorin und zeigt auf die schwarzen Ziffern 1378 an der Wand des Kapitelsaals. „Diese Angabe fanden wir mehrfach, vermutlich handelt es sich dabei um das Jahr der Fertigstellung des Kreuzganges“, sagt sie.

Am 1. April öffnet die Kloster-Dauerausstellung in Neuzelle wieder

Seit August 2022 war die Kloster-Dauerausstellung in Neuzelle wegen der Umbauarbeiten geschlossen. Am 1. April wird sie mit einem „Tag der offenen Tür“ inklusive freiem Eintritt und kostenlosen Führungen wiedereröffnet. „Jetzt ist die Schau so angelegt, dass ein tatsächlicher Rundgang möglich ist“, erklärt Clara Roth-Wintges, zuständig für Kultur und Marketing bei der Stiftung Stift Neuzelle.

Mit der Klausur zu Beginn und einem Saal am Ende des Rundgangs entstanden auch zwei zusätzliche Ausstellungsräume. Zum Abschluss wird der Besucher dort, wo sich jahrelang die Neuzeller Tourist-Information befand, über die Geschichte der Anlage nach Auflösung des Klosters 1817 informiert.

Restauratorin Dorothee Schmidt-Breitung vor den schemenhaften Überresten einer historischen Wandmalerei im Kloster Neuzelle
Restauratorin Dorothee Schmidt-Breitung vor den schemenhaften Überresten einer historischen Wandmalerei im Kloster Neuzelle dpa/Pleul

Die evangelische und die katholische Kirchengemeinde erhielten demnach je eine der beiden Klosterkirchen. Die übrigen Gebäude der Anlage wurden nach Festlegung durch den preußischen Staat für die Bildung genutzt: Sie beherbergten erst ein evangelisches Lehrerseminar, zu NS-Zeiten eine Nationalpolitische Erziehungsanstalt (Napola) und zu DDR-Zeiten ein Institut für Lehrerbildung sowie ein katholisches Priesterseminar.

Bis 1990 stand die Büste von Ernst Thälmann im Klostergarten

Und so kommt es, dass sich in dem neuen Ausstellungsraum nicht nur ein Marien-Wallfahrtsumhang aus bestickter Fallschirmseide von 1947 befindet, sondern auch eine Büste des einstigen deutschen Arbeiterführers Ernst Thälmann, der 1944 ermordet wurde. „Die Büste stand tatsächlich bis 1990 im Klostergarten“, erzählt Roth-Wintges.

Ernst Thälmann, Führer der Kommunistischen Partei Deutschlands, bei einer Rede vor Parteigenossen. Eine Büste von ihm ist in der Klosterausstellung zu sehen.
Ernst Thälmann, Führer der Kommunistischen Partei Deutschlands, bei einer Rede vor Parteigenossen. Eine Büste von ihm ist in der Klosterausstellung zu sehen. imago/Imagebroker/Harald Wenzel-Orf

Neu sei neben diversen Medienstationen mit Videos und Audio-Interviews von Zeitzeugen sowie digitalisierten historischen Aufnahmen und Postkarten auch die Besucherlenkung, sagt sie. Beim Betreten der Klosteranlage durch das prunkvolle Hauptportal werden Besucher in der jetzt dort eingerichteten Klosterinformation in Empfang genommen.

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„Viele Gäste sind hier früher einfach zur katholischen Stiftskirche durchgerannt, ohne zu wissen, was es in der Anlage noch zu besichtigen gibt“, macht die Stiftungs-Mitarbeiterin deutlich. Informationen bekommen Besucher dort auch zum umfangreichen Veranstaltungsprogramm. „Ganz neu ab Mai ist unsere Reihe Alte Musik im Kloster im Refektorium und der evangelischen Pfarrkirche sowie die Neuzeller Lichternacht im Oktober.“

Zwei historische Messbücher liegen in einer Vitrine in der Ausstellung vom Kloster Neuzelle.
Zwei historische Messbücher liegen in einer Vitrine in der Ausstellung vom Kloster Neuzelle. dpa/Pleul

Rund 615.000 Euro Fördermittel habe das Brandenburger Kulturministerium für die Umgestaltung und Modernisierung der Neuzeller Klosterausstellung inklusive Besucherinformation zur Verfügung gestellt. Das Geld stammt aus dem Vermögen der Parteien und Massenorganisationen der DDR, sagt Ministeriumssprecher Stephan Breiding. Nach Angaben der Stiftung Stift Neuzelle flossen seit der Wende rund 60 Millionen Euro aus unterschiedlichen Fördertöpfen in die Sanierung und den Erhalt der denkmalgeschützten Anlage.

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„Mit zusätzlichen 80.000 Euro haben wir – neben anderen Geldgebern – die Restaurierung weiterer Szenen der Neuzeller Passionsdarstellungen gefördert“, sagt er. Pünktlich zur Neueröffnung der Klosteranlage für Besucher am 1. April gibt es im Himmlischen Theater, das extra für die europaweit einmaligen mittelalterlichen Bühnenbilder und Kulissen in den Neuzeller Weinberg gebaut worden war, einen doppelten Szenenwechsel: Gezeigt werden die großformatig auf Holz gemalten und frisch restaurierten Figurengruppen „Gebet am Ölberg“ und „Geißelung Jesu“.