Star-Architekt Daniel Libeskind (Jüdisches Museum, World Trade Center) wird 75
Warum der „Spätzünder“ in Berlin feiert und was er am Tiergarten liebt
Daniel Libeskind verleiht seinen Gebäuden komplexe Ideen, in denen sich Geschichte und Zukunft spiegeln.

Er hat das Jüdische Museum in der Lindenstraße entworfen und das „Sapphire“ (gegenüber dem BND-Komplex), sein erstes in Europa konzipiertes Wohnhaus. Daniel Libeskind hat eine enge Bindung zu Berlin. Nun wird der polnisch-amerikanische Stararchitekt 75 – und feiert das auch in Berlin.
Libeskind lebt bereits seit Jahrzehnten in New York, verbrachte die vergangenen Monate aber in Berlin – auch aus familiären Gründen. „Die wichtigste Facette ist es, meine Familie zu sehen. Mein Sohn und meine Tochter sind nach Berlin gezogen, und meine Enkelkinder sind hier“, meint er. Außerdem sei ihm Berlin seit den 80ern, als die Stadt noch geteilt war, sehr ans Herz gewachsen. „Ich habe mich in sie verliebt. Es hatte den Geist der Freiheit, der Demokratie, eine Art Insel, eine Oase der Vernunft in einer verrückten Welt des Kalten Krieges.“
Nach dem Morgenkaffee wolle er im Tiergarten spazieren gehen
Auch seinen Geburtstag wird Libeskind in Berlin verbringen und hat bereits einen ziemlich genauen Plan. Nach dem Morgenkaffee wolle er im Tiergarten spazieren gehen. „Ich liebe es, durch den Tiergarten zu gehen, diese Kombination aus englischer Landschaft und einer starken Geometrie“. Am Abend wolle er mit seiner Familie feiern. Anschließend werde er seine Sachen packen: Es gehe nach Athen, das Parthenon auf der Akropolis wartet.
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Daniel Libeskind erzählt, er habe im vergangenen Jahr sein Zuhause neu kennengelernt, statt immer nur auf Flughäfen zu leben. Die Pandemie gab dem philosophischen Stararchitekten eine neue Perspektive, auch für seinen Job: „Es hat die Architektur verändert. Die Leute haben gemerkt, dass Straßen öffentlicher und interessanter werden können, dass wir unser Leben nicht zwischen Arbeit und Büro aufteilen müssen“, sagt er.

So habe Corona im Endeffekt mehr Flexibilität und – paradoxerweise – auch mehr Freiheit im Denken gebracht. Dem Enthusiasmus und Optimismus, den Daniel Libeskind, Erbauer des Jüdischen Museums in Berlin und Masterplaner des neuen World Trade Center, mehr denn je ausstrahlt, kann selbst eine Pandemie nichts anhaben. Und so will der polnisch-amerikanische Architekt auch mit 75 sein Leben als „Spätzünder“ weiter von hinten nach vorn leben, wie er es immer wieder beschreibt: Vom gemächlichen Start an immer schneller. An Rente jedenfalls ist nicht zu denken.
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Libeskind ist ein Meister darin, komplexe Ideen in Bauwerke zu verwandeln, die Geschichte und Geschichten verkörpern. Das Fundament von allem ist dabei seine eigene Geschichte, die 1946 mit seiner Geburt als Sohn von Holocaust-Überlebenden in einem jüdischen Ghetto im polnischen Lodz begann. In ein System von „Kommunismus, Autoritarismus“, wie Libeskind es kürzlich beschrieb.
„Es war die ausdrückliche Demontage der amerikanischen Demokratie.“
In jungen Jahren zog es ihn 1960 in die USA, allerdings durch ein Stipendium wegen seiner musikalischen Begabung, mit der er in Israel auf sich aufmerksam gemacht hatte. Der Musik ist Libeskind bis heute verbunden geblieben, doch sein Leben veränderte sich, als er über die Architektur stolperte, wie er selbst sagt. Lange blieb er theoretisch, zeichnete, aber baute nicht.
Der Durchbruch kam, als Libeskind Ende der 80er-Jahre den Zuschlag zum Bau des Jüdischen Museums bekam. Er wurde zum international gefeierten Stararchitekten. Seine Gebäude – neben dem Jüdischen Museum in Berlin und dem World Trade Center unter anderem auch das Royal Ontario Museum in Toronto, das Felix-Nussbaum-Haus in Osnabrück und das Zeitgenössische Jüdische Museum in San Francisco - sind voll mit Gedanken, Ideen und Emotionen. Sie nehmen Bezug zur Vergangenheit und blicken in die Zukunft. Immer wieder kommt Libeskind dabei auf das Konzept Demokratie, das es mit aller Kraft zu verteidigen gelte.
Auch deshalb seien die vergangenen vier Jahre unter Präsident Donald Trump für ihn so verstörend gewesen. „Es war die ausdrückliche Demontage der amerikanischen Demokratie. Es wurde nichts unter dem Tisch gemacht. Es war eine autoritäre Phase, die wegen der Spaltung der amerikanischen Gesellschaft entstand“, sagt Libeskind. Und auch unter Joe Biden sieht er die Gefahr keineswegs gebannt: Unter der Oberfläche brodele es weiterhin.