14 Jahre nach dem ersten Spatenstich: Die Eröffnung des Flughafens BER wird vorbereitet.
14 Jahre nach dem ersten Spatenstich: Die Eröffnung des Flughafens BER wird vorbereitet. Foto: John MacDougall / AFP

Der Flughafen BER ist fertig. Damit nicht genug: Er nimmt sogar den Betrieb auf. Das Wunder von Schönefeld: Wo es jahrelang knirschte und stockte, geht es nun Schlag auf Schlag. Am Mittwoch öffnet der Regierungsflughafen, am folgenden Montag dann der Bahnhof unter dem Terminal. Und am 31. Oktober, daran ist offenbar nicht mehr zu rütteln, landen erstmals Flugzeuge auf dem neuen Hauptstadt-Airport.

Der Flughafen BER ist fertig. Allerdings scheint das noch kaum jemanden zu interessieren. Nicht einmal Flughafenchef Engelbert Lütke Daldrup und Berlins Regierender Bürgermeister Michael Müller haben bislang Flüge vom BER gebucht. Die Abstinenz verwundert nicht, denn Corona lässt die Zahl der Flugziele fast täglich schrumpfen. Jahrelang wurde davor gewarnt, dass der neue Flughafen viel zu klein sein wird. Jetzt ist er viel zu groß. Und niemand kann sagen, wann der Luftverkehr wieder das Niveau der Vor-Corona-Zeit erreicht. 2024? 2026?

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Stell' Dir vor, der BER öffnet – aber kaum jemand bucht noch Flugreisen! Die Tragik, die das Projekt in Schönefeld fast von Anbeginn umweht hat, ist weiterhin zu spüren. Wen interessiert es jetzt noch, dass es der Flughafenchef und seine Leute geschafft haben, die entscheidenden Probleme zu lösen? Ihnen ist es zu verdanken, dass die langweiligen BER-Witze schon vor Corona aufgehört haben.

Anders als ihre Vorgänger haben sie die Verträge so justiert, dass Firmen, die nicht pünktlich lieferten, Zahlungsabzüge hinnehmen mussten. Sicher, mit ihrer Ansage für 2018 lagen auch sie beim Eröffnungstermin zunächst ziemlich daneben. Doch insgesamt gingen sie die Themen offensichtlich strukturierter an als zum Beispiel Hartmut Mehdorn, unter dem der Eindruck entstand, dass man nur ein paar junge Anzugträger einstellen und mit den Armen herumfuchteln müsse – und schon läuft’s am BER.

Lacherfolge und eine Bewährungsstrafe

Auf die nicht wenigen Verantwortlichen, die sich bei dem Sechs-Milliarden-Euro-Vorhaben blamiert haben, wird Corona wie ein Segen wirken. Im Schatten von Covid-19 geraten ihre Fehlleistungen aus dem Blickfeld. Schon von Anfang an war der Flughafen ein Projekt, das für Ärger sorgte. Anstatt dem Ergebnis eines Raumordnungsverfahrens zu folgen und es in Jüterbog Ost oder noch besser in Sperenberg zu verwirklichen, entschieden sich Politiker für Schönefeld. Im Lärmbereich des BER lebt eine sechsstellige Zahl von Anwohnern. Für deren Schallschutz wurden nicht ganz freiwillig fast 760 Millionen Euro bereitgestellt. Zwar ist die Zahl der Betroffenen niedriger als im Umkreis von Tegel. Dennoch werden auch rund um Schönefeld viele Menschen leiden.

Es war ein peinliches Projekt. Immer wieder traten Männer in dunklen Anzügen vor die Kameras, um mehr oder weniger zerknirscht die jeweils nächste Verschiebung des Eröffnungstermins mitzuteilen. Ein Technik-Geschäftsführer erntete bundesweit Lacherfolge, weil er nicht wusste, wo im zentralen Fluggastterminal der Lichtschalter ist. Einer seiner Nachfolger wurde wegen Bestechlichkeit und Betrug zu einer Bewährungsstrafe verurteilt. Ein weiteres Raunen ging durch den Blätterwald, als geargwöhnt wurde, ob das Terminaldach für die vier Tonnen schweren Ventilatoren ausgelegt ist. Immer wieder hieß es außerhalb der Region genüsslich: Die Berliner können es nicht – obwohl auch Brandenburg und der Bund am Projekt BER beteiligt sind.

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Nun hat Corona die Erinnerung an ein Pannenprojekt ausgelöscht, von dem sich vieles lernen ließe. Zum Beispiel, dass man Kosten und Zeitpläne realistisch kalkulieren sollte. Dass es ab einer gewissen Stufe fatal ist, wenn Politiker hereinreden und Planer mit hunderten von Änderungswünschen überfordert werden. Dass ein Unternehmen früher oder später zum Scheitern verurteilt ist, wenn Fehlentwicklungen und Probleme intern nicht angesprochen werden dürfen.

Der Flughafen BER ist fertig, und das ist gut so. Obwohl er allein im kommenden Jahr fast doppelt so viel Staatsgeld verschlingen wird wie für den Betrieb der gesamten Berliner S-Bahn gezahlt wird. Egal ob mit Kerosin oder Wasserstoff: Auch wenn weiterhin über die Erderhitzung diskutiert wird, werden viele Menschen wieder fliegen wollen, sobald das erneut möglich ist. Dann werden sie feststellen, dass am 31. Oktober 2020 ein größtenteils schöner und funktionierender Flughafen in Betrieb gegangen ist. BER – gut, dass wir ihn haben.