Vorwurf der Vetternwirtschaft: RBB-Intendantin lud neunmal Geschäftspartner zu sich nach Hause ein. Kosten pro Person: bis zu 56,53 Euro brutto – ohne Getränke
Patricia Schlesinger antwortet schriftlich der Brandenburger Staatskanzlei

Die RBB-Intendantin Patricia Schlesinger steht seit zwei Wochen im Kreuzfeuer der Kritik. Es geht um den schwerwiegenden Vorwurf der Vetternwirtschaft. Einer Sondersitzung des Hauptausschusses des brandenburgischen Landtages, die Aufklärung bringen sollte, blieb die Intendantin fern. Jetzt äußert sie sich schriftlich zu den Vorwürfen.
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In einem Schreiben an Landtag und Landesregierung in Brandenburg weist Intendantin Patricia Schlesinger Vorwürfe möglicher Unregelmäßigkeiten beim Rundfunk Berlin-Brandenburg (RBB) zurück. Sie begrüße die Möglichkeit, „auf die gegen uns und mich erhobenen Vorwürfe Stellung zu nehmen und diese auch auszuräumen“, heißt es in dem Schreiben vom 21. Juli.
Neunmal lud Patricia Schlesinger Geschäftspartner zum Essen nach Hause ein
Die Staatskanzlei hatte dem RBB zuvor Fragen zu möglichen Interessenskonflikten bei Auftragsvergaben, Beteiligung des Senders bei der Anmietung des Internationalen Congress Centrums (ICC) für die Rundfunk-Orchester und Chöre gGmbH, Abendessen auf RBB-Kosten in der Privatwohnung Schlesingers und Compliance-Vorschriften gestellt.
In Schlesingers Antwort heißt es unter anderem, aus Sicht des RBB stünden Geschäftsbeziehungen des Verwaltungsratsvorsitzenden Wolf-Dieter Wolf zu einzelnen Beratern einer Beschäftigung dieser Berater beim RBB nicht entgegen. Zudem berichtet die Intendantin, dass zwischen 2018 und 2022 insgesamt neun Geschäftsessen mit sogenannten Multiplikatoren in ihrer Privatwohnung stattgefunden hätten.
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Die Personenzahl habe zwischen drei und elf Personen variiert. Die durchschnittlichen Kosten pro Gast lagen laut Schlesinger für das Essen ohne Getränke zwischen 23,12 und 56,53 Euro brutto. Sie habe ihre Privatwohnung dafür zur Verfügung gestellt, weil andere Räume zu erheblichen Mietkosten geführt hätten. „Die Teilnahme der eingeladenen Multiplikatoren diente den Interessen des RBB und dem Ziel, mit Führungspersonen unterschiedlicher gesellschaftlicher Gruppen und Institutionen in einen engen Austausch zu kommen“, so Schlesinger.
Der RBB und Schlesinger wiesen die Vorwürfe zurück
Das Portal Business Insider des Medienkonzerns Axel Springer hatte berichtet, es gebe ein „System aus gegenseitigen Gefälligkeiten“ zwischen Schlesinger und Verwaltungsratschef Wolf-Dieter Wolf. So habe der Unternehmer Wolf, der auch Aufsichtsratschef der Messe Berlin ist, Schlesingers Ehemann „lukrative Aufträge“ zugespielt.
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Der RBB, Schlesinger und Wolf weisen die Vorwürfe zurück. Mit den Vorwürfen befassen sich bereits die Compliance-Beauftragte und die Revision des Senders. Wolf lässt sein Amt als RBB-Verwaltungsratschef derzeit ruhen.