Gestern Mittag blockierte die Letzte Generation die Straße des 17. Juni. Die Polizei konnte verhindern, dass sich die Aktivisten festkleben.
Gestern Mittag blockierte die Letzte Generation die Straße des 17. Juni. Die Polizei konnte verhindern, dass sich die Aktivisten festkleben. Letzte Generation

Immer mit Blick auf die Verkehrsnachrichten: Berliner Autofahrer müssen in diesen Tagen auf Zack sein, um Staus, die die Klebe-Aktivisten der Letzten Generation anrichten, zu entgehen. Am Donnerstag waren zeitweise Bismarckstraße, Straße des 17. Juni und Karl-Marx-Allee dicht. Heute geht es weiter. KURIER sagt Ihnen, welche Straßen Sie heute Nachmittag und am frühen Abend meiden sollten, damit Sie mit Ihrem Auto nicht selbst am Asphalt festkleben.

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Die Kleber-Truppen von überall her haben es angekündigt: Sie sind gekommen, um zu bleiben. Über 800 Berufs- und Freizeitaktivisten aus ganz Deutschland haben sich seit Mittwoch in Berlin versammelt, um die Stadt lahmzulegen. Diese Woche ist das Regierungsviertel das Hauptziel, nächste Woche wollen sie die ganze Stadt ins Visier nehmen. 

800 potenzielle Asphalt-Kleber, die „trainiert“ werden müssen. Und dieses „Training“ soll heute, am Freitag, den 21. April, stattfinden. Von 16 bis 19.30 Uhr. Am Platz der Luftbrücke, direkt vor den Augen von Polizei und Polizeipräsidium, das am Platz der Luftbrücke 6 sitzt. Und man kann sich vorstellen, was passiert, wenn Dutzende oder gar Hunderte Kleber, ihre Klebe-Aktionen an einer der vielbefahrensten Kreuzungen Berlin „trainieren“ … 

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Diese Straßen sollten Berliner Autofahrer heute Nachmittag umfahren

Deshalb sollten Autofahrer am Nachmittag weiträumig folgende Straßen meiden: Mehringdamm, Dudenstraße, Columbiadamm,  Manfred-von-Richthofen-Straße und Tempelhofer Damm.

Zuvor waren etwa 200 Klima-Kleber zur Mittagszeit mit einer Schleich-Demo am Frankfurter Tor auf der Karl-Marx-Allee stadteinwärts in Richtung Brandenburger Tor unterwegs und sorgten für lange Staus. Solange die Demonstranten in Bewegung bleiben will die Polizei auf der Strecke nicht eingreifen. Das gesamte Umfeld ist von Staus betroffen, so die Verkehrsinformationszentrale.

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Angesichts angekündigter Störaktionen der Letzten Generation will die Polizei Großveranstaltungen mit Politikern besonders schützen. Das gilt etwa für den Bundespresseball am heutigen Freitagabend im Hotel Adlon und den FDP-Parteitag am Freitag und Sonnabend. So sollen am Pariser Platz nahe dem Adlon am Freitagabend zusätzlich Polizisten postiert werden, bevor am frühen Abend die rund 2000 Ballgäste, darunter prominente Politiker, eintreffen.

Bundesjustizminister Marco Buschmann (FDP) vergleicht die Aktionen der Klimagruppe Letzte Generation mit Straßenprotesten von vor 100 Jahren. „In den 1920er- und 1930er-Jahren gab es in Berlin straßenschlachtartige Zustände, weil sich Menschen am linken und rechten politischen Rand selbst ermächtigt fühlten, sich über die Rechtsordnung zu stellen und die eigenen Vorstellungen mit der Faust durchzusetzen“, sagte der FDP-Politiker dem Redaktionsnetzwerk Deutschland. „Das darf sich nicht wiederholen.“

Die Letzte Generation hat angekündigt, Berlin ab Montag auf unbestimmte Zeit lahmlegen zu wollen. So will sie ihre Forderungen nach einer radikalen Klimawende durchsetzen. Am Mittwoch hatte sie mit Protestmärschen begonnen.

Grünen-Chef Nouripour übte scharfe Kritik an der Klimagruppe. „Wenn Menschenleben gefährdet werden, dann geht das einfach nicht. Dann ist das indiskutabel“, sagte er dem Sender RTL/n-tv. „Wir gewinnen keine Akzeptanz, wenn die Leute stundenlang im Stau stehen, obwohl sie dringend zur Arbeit müssten.“

Auch die Karl-Marx-Allee in Friedrichshain wurde zeitweise blockiert.
Auch die Karl-Marx-Allee in Friedrichshain wurde zeitweise blockiert. Letzte Generation/Franka Rabe

Buschmann warf den Aktivisten vor, mit ihren Protesten dem Klimaschutz zu schaden. „Letztlich schadet die Letzte Generation mit ihrem Vorgehen ihrem Anliegen“, sagte er. Die Letzte Generation habe überzogene, aggressive Vorstellungen von der Durchsetzung ihrer Ziele. Mit Straftaten werbe man nicht für Klimaschutz.

„Was jetzt die Klima-Kleber tun, probieren dann möglicherweise als nächstes radikale Abtreibungsgegner“

Der Justizminister verteidigte die Gerichtsurteile gegen Klimaaktivisten. „Wir leben in einem Rechtsstaat. Da gelten die gleichen Regeln für alle.“ Wenn akzeptiert würde, dass sich ein Teil der Gesellschaft unter Berufung auf ein höheres Ziel nicht an das Recht gebunden fühle, würden das sicher immer mehr Gruppen für sich in Anspruch nehmen. „Was jetzt die Klima-Kleber tun, probieren dann möglicherweise als nächstes die Reichsbürger oder radikale Abtreibungsgegner.“

Deutschlands Richter sehen derweil keine Notwendigkeit für schärfere Gesetze gegen Klimaschutz-Aktivisten. „Schärfere Strafgesetze braucht die Justiz nicht, um auf Rechtsverstöße im Zuge von Klima-Protesten klar und deutlich reagieren zu können“, sagte Sven Rebehn, Bundesgeschäftsführer des Deutschen Richterbundes, der Neuen Osnabrücker Zeitung. „Die bestehenden Gesetze geben den Gerichten ausreichend Spielräume, um etwa Fälle von Nötigung, Sachbeschädigung oder Eingriffe in den Straßenverkehr jeweils tat- und schuldangemessen zu bestrafen.“

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Die Aktivisten fordern die Bundesregierung auf, einen Plan zum Erreichen des international angestrebten 1,5-Grad-Ziels vorzulegen, mit dem man die schlimmsten Folgen der Erderwärmung verhindern will.

Das Bündnis fordert zudem einen Gesellschaftsrat mit 160 gelosten Mitgliedern, der das Ende der Nutzung fossiler Brennstoffe wie Öl, Kohle oder Gas in Deutschland bis 2030 konkret planen soll. Außerdem setzt sich die Gruppe für ein Tempolimit von 100 Stundenkilometern auf Autobahnen und ein dauerhaftes 9-Euro-Ticket ein. 

Die Letzte Generation hatte sich 2021 nach einem Hungerstreik gegründet und blockiert seit Anfang 2022 immer wieder den Verkehr.