Touristen stehen vor unseren Wahrzeichen wieder Schlange
Das Stadtbild von Berlin erfährt langsam, aber sicher wieder eine Aufwertung. Die Touristen beleben vermehrt Plätze und Straßen, die noch vor zwei Monaten wie ausgestorben vor einem lagen.

„Endlich sind die Leute wieder da“, der Döner-Verkäufer am S-Bahnhof Friedrichstraße freut sich. Der Alex – voll. Unter den Linden, der Mauerpark – voller Touristen. In den letzten Tagen fühlte sich Berlin fast wieder wie in Vor-Corona-Zeiten an.
Während unten auf der Spree ein gut besetzter Dampfer nach dem anderen übers Wasser schippert, werden eine Etage darüber, auf der Museumsinsel, die Selfiesticks gezückt. Mit dem Berliner Dom im Hintergrund suchen junge Leute nach der besten Pose für ihr Foto. Dazu tönt ein paar Meter weiter die Musik eines Trompeters in einer angenehmen Lautstärke. Die Sonne knallt in Mitte, trotzdem weht auch mal ein kleines Lüftchen. Kaiserwetter in Berlin. Besonders eine Personengruppe dürfte sich an diesem Tag besonders darüber freuen: die Touristen. Seit dem 25. Mai dürfen sie wieder in die Hauptstadt reisen. Seitdem zählte das Amt für Statistik Berlin-Brandenburg bis Mitte Juli rund 285.000 touristische Übernachtungen in Berlin. Diese Zahl ist verständlicherweise nicht im Ansatz das, was die Berliner Tourismusbranche sich vorstellt. Aber wer in den letzten Tagen durch die Stadt geht, hat das Gefühl, dass die Touristenbesuche in Berlin wieder Fahrt aufnehmen.
Wer über die Museumsinsel flaniert, kann wieder öfter Sprachen aus anderen Ländern hören – von Spanisch über Holländisch bis hin zu Polnisch. Zwar ist ein üppiges Frühstücksbuffet in den Hotels noch immer nicht erlaubt, dafür schlecken die Touristen liebend gerne ihr Eis. Die Cafés und Restaurants auf der Promenade gegenüber dem Berliner Dom sind gut gefüllt mit Menschen. Kontaktbeschränkungen gibt es schließlich keine mehr. Gut für die Touristen, die mit Freunden und Familie in einer größeren Gruppe Berlin inspizieren. Die lauschen an diesem Tag auch meist gespannt den Stadtführern. Vorm Berliner Dom parkt ein VW-Bulli, in dem bis zu sieben Leute Platz finden. Das Konzept dieser Sightseeing-Tour ist es, mit dem Bulli an verschiedenen Wahrzeichen zu halten, auszusteigen, sich daran sattzusehen und schließlich weiterzufahren. Eine andere Touristengruppe vor der Alten Nationalgalerie erfährt Wissenswertes von einem Guide auf einem Fahrrad.
Corona hält die Menschen offensichtlich nicht davon ab Berlin zu besuchen. Der KURIER wollte wissen, wie Touristen die Stadt aktuell erleben, was sie unternehmen und ob sie etwas vermissen.

Thomas und Maren Rüger aus Kassel: „Wir kommen regelmäßig nach Berlin und bleiben dann immer einige Tage. Normalerweise fahren wir ganz gerne mit dem 100er-Bus durch Berlin, aber darauf haben wir dieses Mal noch nicht so Lust. Aber man kann die Stadt ja auch zu Fuß toll erkunden. Wir haben persönlich keine Angst, halten uns an alle Regeln, sind aber doch überrascht wie viel hier teilweise schon wieder los ist und wie eng die Leute aufeinanderhocken. Man hört ja aus Berlin, dass die Berliner das gerne mal lockerer nehmen.“

Kinga Marszaluk und Monika Racis aus Breslau: „Wir sind zwei Tage in Berlin und haben uns schon das Brandenburger Tor, den Reichstag und den Potsdamer Platz angeschaut. Wir sind mit dem Bus aus Breslau angereist, darin mussten wir – anders als in den öffentlichen Verkehrsmitteln in Berlin – keine Maske tragen. Wir fühlen uns hier wohl und haben keine Angst, dass wir uns hier anstecken.“

Jana-Sophie Riedel und Sebastian Strauß aus der Nähe von Frankfurt am Main. Sie sagt: „Wir sind für fünf Nächte hier und waren schon im Regierungsviertel, am Holocaust-Mahnmal und im Berliner Dom. Es ist unser erster richtiger Urlaub, seitdem die Corona-Pandemie herrscht. Wir machen uns nicht so viele Gedanken, wir sind eh meist draußen unterwegs. Uns ist aber aufgefallen, dass sich – im Vergleich zu Hessen – viele nicht an die Maskenpflicht halten. Beim Flohmarkt im Mauerpark zum Beispiel gab es nur sehr wenige Menschen, die eine Maske getragen haben. Uns fehlt hier nichts, aber Sebastian hofft, dass er im Olympiastadion die Katakomben besichtigen kann.“

Bastian Degmayr aus Hannover: „Ich besuche hier für drei Tage einen Freund. Wir waren schon Pergamonmuseum und auf dem Flohmarkt. Im Vergleich zu Hannover ist Berlin definitiv entspannter. Man wird zwar immer an die Masken erinnert, aber man kann hier schon seinen Urlaub oder ein nettes Wochenende verbringen. Die Clubszene hätte ich mir gerne angeschaut, aber das muss ich dann halt eben machen, wenn es wieder möglich ist.“

Anna Koch und Jonas Conrady aus Göttingen: „ Wir sind für eine Woche hier und haben uns bisher die Alte Nationalgalerie, das Naturkundemuseum und die Spree angeschaut. Die Schwimmbäder haben teilweise noch geschlossen, das fehlt ein bisschen. Aber alternativ kann man ja auch in einem See schwimmen gehen.“

Ulrike und Bernd Schäfer aus Münster: „Wir sind in erster Linie nach Berlin gereist, um unseren Sohn zu besuchen, der hier arbeitet. Wir waren bisher am Müggelsee und im Prenzlauer Berg. Man merkt, dass die Leute hier schneller wieder zusammenrücken. In Münster wahrt man noch mehr Abstand. Die junge Generation wird sicher den einen oder anderen Musiktempel vermissen, aber wir haben hier alle Möglichkeiten und freuen uns, dass wir so oft draußen unterwegs sein können.“

Anna-Maria Maskova aus Prag: „Ich bin für drei Tage hier und weiß, dass die Deutschen die Regeln sehr gut durchziehen. Am Anfang der Pandemie habe ich in London gelebt und dort gesehen, wie es aus dem Ruder laufen kann. In Berlin fühle ich mich schon sicher. Außerdem müssen wir einfach unser Leben leben. Mir fehlt persönlich nichts, aber ich finde es für einige Freunde von mir, die nach Berlin ziehen wollten, schade, dass das wegen Corona jetzt erstmal nicht geklappt hat. Eine Sache, die ich nicht vermisse, sind die vielen Touristengruppen. Es ist schön, die Stadt auch mal ein bisschen leerer zu erkunden.“