Vor 35 Jahren stürzte eine sowjetische TU 134 vom Himmel, 72 Passagiere starben – doch die DDR verschwieg die Absturzursache
Am 12. Dezember 1986 um 17.03 Uhr zerschellte die Maschine in einem Wäldchen bei Bohnsdorf. Hier gedenken 35 Jahre später Angehörige der Opfer und Betroffene der Katastrophe

Die Bohnsdorfer Anwohner, die damals als erste vor Ort waren, werden die Bilder nie vergessen. Die Schneise, die die TU 134 in den Wald bei Bohnsdorf gefräst hätte, das Trümmerfeld, die Leichen. Vor 35 Jahren ereignete sich eines der schwersten Unglücke in der Zivilluftfahrt der DDR. Beim Landeanflug auf den Flughafen Berlin-Schönefeld stürzte ein Passagierflugzeug der sowjetischen Aeroflot ab und ging in Flammen auf. Unter den 72 Todesopfern waren 20 Schüler einer 10. Klasse aus Schwerin, die sich auf dem Rückflug von einer Klassenfahrt in Minsk befanden.
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Gemeinsam mit Betroffenen und Angehörigen der damals Verunglückten gedenkt Oliver Igel, der Bezirksbürgermeister von Treptow-Köpenick am 12. Dezember um 14 Uhr am Gedenkstein in der Waltersdorfer Straße/ Waldstraße der Opfer.
72 Passagiere starben. Unter den Opfern waren 20 Schüler einer 10. Klasse
Am 12. Dezember 1986 starben beim Absturz der Aeroflot-Maschine 72 Menschen, darunter 20 Schüler der 10a der Ernst-Schneller-Oberschule und ihre Lehrerin. Das tödliche Ende einer Klassenfahrt. Sieben der 15 und 16 Jahren alten Schüler sowie drei weitere Passagiere überlebten das Unglück.
Noch immer erinnern sich viele Bohnsdorfer an jenen Dezembertag vor drei Jahrzehnten. Ein Anwohner, der mit seinen Eltern nur 250 Meter von der Absturzstelle entfernt wohnte, erinnerte sich vor fünf Jahren in der Berliner Zeitung: „Wir nahmen im Haus eigentlich keinen lauten Knall wahr, es war eher so ein dumpfes, unterschwelliges Dröhnen. Es hörte sich ein wenig wie ein Donnergrollen an“, erzählte er. Das war gegen 17 Uhr, dichter Nebel herrschte, die Wolkendecke hing tief.
Als der Junge damals aus dem Fenster schaute, sah er, wie in der Dunkelheit der Wald rot glühte. „Ich habe zunächst gedacht, dass da vielleicht ein Kesselwagen mit Kerosin explodiert ist“, erinnert er sich. Kurz darauf rückten Krankenwagen und Rettungskräfte an, alles wurde weiträumig abgesperrt.

Die Maschine stürzte nahe dem Berliner Ortsteil Bohnsdorf ab. Als Absturzursache gilt ein Pilotenfehler, aber es gab auch Gerüchte, die Maschine habe technische Mängel gehabt. Zeitzeugen berichteten später von Geheimniskrämerei der Behörden um die Ursache der Katastrophe. Zu DDR-Zeiten wurde die Ursache für das Unglück nicht öffentlich. Später hieß es, Verständigungsschwierigkeiten zwischen dem Piloten und der Anflugkontrolle seien für das Unglück verantwortlich gewesen.
Der sowjetische Pilot der TU 134 flog die falsche Landebahn in Schönefeld an
Die Linienmaschine der Aeroflot kam aus Minsk (heute Belarus). Sie sollte mittags in Schönefeld landen, wurde wegen schlechter Sicht aber zunächst nach Prag umgeleitet. Um 15.30 Uhr startete der Aeroflot-Flug 892 erneut in Richtung Berlin. Kurz vor 17 Uhr erhielt der Pilot die Erlaubnis, die linke Landebahn anzusteuern – doch er navigierte zur rechten. Doch die war wegen Wartungsarbeiten nicht in Betrieb. Zwar bemerkte der sehr erfahrene Pilot den Fehler und versuchte in geringer Flughöhe gegenzusteuern. Das Flugzeug flog parallel zur Straße nach Schönefeld und streifte dabei die Baumwipfel eines Waldes in Bohnsdorf. Um 17.03 Uhr stürzte das Flugzeug mit 82 Passagieren ab und brannte eine breite Schneise in den Wald.
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Die Eltern der Schüler waren ahnungslos. Ihre Kinder sollten kurz nach 21 Uhr mit dem D-Zug in Schwerin eintreffen. In der DDR-Nachrichtensendung „Aktuelle Kamera“ war nicht der Absturz die Spitzenmeldung, sondern der Tod des Vize-Staatschefs Paul Verner. Sechs Minuten dauerte der Nachruf. Erst dann folgte eine 39-Sekunden-Meldung über den Absturz einer Passagiermaschine – ohne Flugnummer, ohne Bilder. Gerüchte machten in Schwerin die Runde. Der Zug traf ohne die Schüler der 10a ein.