Wir haben uns auf die Jagd gemacht. Im Rucksack ein Papierausdruck von Harry Styles: Idol, Popstar, auf jedem Magazin dieser Welt. Die Aufgabe: ihn in Berlin zu finden. Nicht mit Einladung, nicht mit Manager. Unsere Suche beginnt direkt auf der Straße. Startpunkt Kottbusser Tor.

Der Kotti, das Bermudadreieck der Hauptstadt. U-Bahn-Gekreische, Dönerbuden, Dealer an den Ecken. Seit kurzem Waffenverbotszone. Perfekt: Wenn einer Schutz braucht, dann ein Weltstar wie Styles. Hier kann ihm nichts passieren. Und die Drogen für den nächsten Berghain-Besuch gäbe es auch gleich dazu. Wir halten das Bild von Harry hoch. Ein Obdachloser spricht uns an, wer denn dieser Typ sei. „Nie gesehen“, sagt er und beäugt misstrauisch den Ausdruck. Dann legt er nach: „Der Typ ist ein Loser.“ Wir stutzen. Meint er das ernst? Sekunden später rudert er zurück. Das Gesicht sehe jung aus, fast wie ein Anfänger, sagt er. Einer, der sich erst noch beweisen müsse.

Wir gehen die Treppen hoch ins Café Kotti. Ein Ort, an dem jeder schon mal gesessen hat. Studenten mit Laptops, Taxifahrer im Feierabend, Stammgäste, die seit Jahren am selben Tisch sitzen. Vielleicht auch Harry Styles? Fehlanzeige. Hinter der Bar nur Schulterzucken. „Noch nie gesehen.“ Ein Gast bläst Rauch in die Luft, ein anderer nippt an seinem Bier. Dann ein Wink des Schicksals. Am Nachbartisch sitzt Ercan Yasaroglu, Besitzer des Cafés. Er winkt uns an seinen Tisch. Wir klären ihn über Sinn und Zweck unseres Besuchs auf. Yasaroglu schmunzelt, nimmt das Bild von Styles und verschwindet. Minuten später kehrt er zurück: „Keiner hat ihn gesehen. Aber viel Glück bei der Suche.“
Also weiter nach Kreuzberg, hinein in die Oranienstraße. Angeblich die zwölftcoolste Straße der Welt. Das behauptet zumindest das Magazin Time Out. Wir haben unsere Zweifel. Touristenbars und Schickimicki finden wir nicht sonderlich cool. Aber wir sind ja nicht zum Spaß hier. Im Voo Store soll Styles Parfüm gekauft haben. Ein Laden wie ein Museum. Weiße Wände, Glastische, Parfümflaschen wie Kunstwerke. Wir zeigen unser Foto. Ein Mitarbeiter nickt. Ja, Harry Styles war da. Mehr nicht. Diskretion ist oberstes Gebot. Also sprühen wir uns selbst mit Gratis-Parfüm ein, riechen kurz an den Handgelenken und ziehen von dannen.
Da fällt uns Rihannas Berlin-Besuch ein. Damals zog sie durch Sexshops, kaufte Peitschen und Dessous. Warum nicht auch Styles? Er hat eine neue Freundin, Zoë Kravitz. Vielleicht shoppen sie gerade gemeinsam in einem der 46 Sexshops der Stadt. Alle schaffen wir an einem Nachmittag nicht. Also rein in den nächsten Laden. Zwischen Duftkerzen mit Promi-Gesichtern und einer Auslage erotischer Kultur läuft Elektropop. Aber kein Harry Styles. Wieder nur Kopfschütteln. Vielleicht ist der Laden zu queer, vielleicht ist Harry zu hetero. Vielleicht war die Idee einfach dumm.

Nächste Spur. Früher mischten sich Könige unters Volk, wenn sie nicht gefunden werden wollten. Hat sich auch Styles unter seine Jünger gemischt, um in der Masse unterzutauchen? Seine Jünger, das sind die Hipster. Also weiter nach Neukölln. Das Biotop der Trendsetter. Erwartungsvoll erreichen wir die Hobrechtbrücke. Eine Brücke, die nie schläft. Am Tag Sonnenbrillen, Kinderwagen, Mateflaschen. Am Abend Bierdosen, Gitarren, Pärchen im Streit. Hier werden wir ihn finden. Wir halten unser Foto hoch. Eine junge Frau sitzt auf einer Bank, schaut auf den Fluss. „Nie gesehen“, sagt sie knapp. Dann dreht sie sich weg. Wir zeigen es weiter. Auf der Brücke nur ratlose Gesichter, Kopfschütteln, Augen, die uns mustern, als wären wir die Verrückten. Vielleicht sind wir das auch.

Jetzt drehen wir durch. Wenn der Mensch nicht hilft, dann vielleicht das Tier. Auf einem Autodach sitzt eine Krähe, schwarz, glänzend, regungslos. Intelligentestes Tier des Tierreichs, sagt man. Wir halten ihr das Foto vor den Schnabel. Kein Krächzen, kein Flügelschlag. Sie schaut uns an, dreht den Kopf und fliegt davon. Also Plan B: Hunde. Die wittern über Kilometer. Wir treffen Teddy, einen großen Mischling mit schwarzem Fell. Ein freundlicher Kerl, gibt Pfötchen, wedelt mit dem Schwanz. Wir halten ihm das Foto hin, in der Hoffnung, er werde Witterung aufnehmen. Doch Teddy schnüffelt lieber an einer alten Dönerpackung. Harry Styles? Null Interesse.
Wir sind müde, die Beine schwer, der Zettel mit Harrys Gesicht zerknittert. Letzter Stopp: die Ankerklause. Später Nachmittag am Kanal. In der Kneipe riecht es nach Bier und Zigaretten, das Licht fällt schräg durch die Fenster. Drei Tischler sitzen uns gegenüber, reden über Werkzeuge und Feierabend, aber nicht über Harry Styles. Sie sehen das Foto, schmunzeln, schütteln den Kopf. Noch nie gesehen. Wir bestellen ein Bier, legen das Bild auf den Tisch.
