Viola Schley (25), Johanna Häußler (22)  und Larissa Reckter (19) gehören zu den diesjährigen Absolventinnen der Staatlichen Artistenschule Berlin.
Viola Schley (25), Johanna Häußler (22) und Larissa Reckter (19) gehören zu den diesjährigen Absolventinnen der Staatlichen Artistenschule Berlin. Foto: Sabine Gudath

Hinter der Kulturszene Deutschland liegt eine schwierige Zeit – Theater waren geschlossen, Varietés dicht, die Corona-Pandemie machte den Bühnen zu schaffen. Doch nun geht das Leben wieder los – und deshalb können auch diese jungen Frauen hoffentlich schnell in eine steile Karriere starten! Viola Schley (25), Johanna Häußler (22) und Larissa Reckter (19) gehören zu den diesjährigen Absolventen der Staatlichen Artistenschule Berlin. Sie konnten im Sommer ihre jahrelange Ausbildung hinter sich bringen, reisten mit der traditionellen „Absolventenshow“ nun über Wochen durch Deutschland.

Berlins Artisten haben einen schwierigen Start in die Karriere

Knapp 40 Shows standen auf dem Programm – das Ziel: „Die jungen Artisten lernen auf diesem Weg viele Bühnen und Varieté-Macher kennen“, sagt Maik M. Paulsen, der die Tour seit Jahren organisiert. Und das ist momentan wichtiger denn je. „Denn sie haben durch die Corona-Krise natürlich nicht den idealen Start“, sagt er. „Aber Erfolg hat in dem Beruf sowieso nur, wer sich durchbeißt – und wer es wirklich will, der geht seinen Weg auch unter schwierigen Umständen.“

Der Trailer zur diesjährigen Absolventenshow.

Video: Youtube

Schon das Proben stellte die jungen Künstler vor Herausforderungen. Um das Training zu ermöglichen, wurde an der Artistenschule sogar ein Zirkuszelt aufgebaut. „Morgens wurde jeder getestet, alles war durchorganisiert“, sagt Paulsen. Die Ergebnisse können die Berliner jetzt sehen: Am 13. und 14. September sind die jungen Künstler im Berliner Varieté „Wintergarten“ zu Gast, zeigen ihre Show. Los geht es jeweils um 20 Uhr, Tickets gibt’s unter www.wintergarten-berlin.de.

Viola Schley (25) ist eine von wenigen Jongleurinnen.
Viola Schley (25) ist eine von wenigen Jongleurinnen. Foto: Sabine Gudath

Jongleurin Viola: Sie erobert sich einen Männer-Beruf

Viola Schley (25) hat in schwierigen Corona-Zeiten gleich doppelt Glück: Die junge Frau, die ursprünglich aus Freiburg stammt, ist mit ihrer Disziplin recht allein auf weiter Flur. Denn die meisten Jongleure, die in den Varietés der Welt unterwegs sind, sind Männer – „Frauen sind in der Disziplin eine Seltenheit“, sagt sie. Zudem konnte sie trotz Pandemie proben. „Denn anders als meine Kollegen brauche ich nur meine Jonglier-Bälle, keine größeren Requisiten.“

Zur Jonglage kam sie über eine Zirkus-AG in der Schule. „Ich habe dort alles Mögliche ausprobiert, lernte später auf Festivals die ersten Jongleure kennen.“ Zwei Jahre besuchte sie die Zirkusschule „Die Etage“, dann heuerte sie an der Staatlichen Artistenschule an. Nun hat sie den Schulabschluss in der Tasche, die Karriere auf der Bühne beginnt. Viola träumt von vielen Auftritten in Varietés. „Und ich würde gern mal bei einem Straßenfestival auftreten – während wir jetzt alle mit einer Sieben-Minuten-Darbietung abschließen, braucht man dafür etwa eine halbe Stunde Programm. Darauf hätte ich Lust!“

Auch Larissa Reckter (19) gehört zu den diesjährigen Absolventen der Artistenschule.
Auch Larissa Reckter (19) gehört zu den diesjährigen Absolventen der Artistenschule. Foto: Sabine Gudath

Turnerin Larissa: Ihr großer Traum ist das Kreuzfahrtschiff

Ein festes Engagement an einem Varieté-Theater ist der Traum vieler Künstler – Larissa Reckter (19) geht noch einen Schritt weiter: „Ich würde sehr gern auf einem Kreuzfahrtschiff auftreten“, sagt sie. Ob das gelingt, wird sich zeigen – jetzt hat sich die junge Körperkünstlerin aus Reinickendorf erstmal Deutschlands Varieté-Bühnen erobert. Ihre Disziplinen: Sie zeigt Kunststücke am Pole und turnt in luftiger Höhe an den Zwillingsschlaufen. Die Übungen sind sehr körperlich, sehr anstrengend. „Danach wird entspannt – in der Badewanne oder bei Massagen“, verrät sie.

Aber: Wie kam es zum Artisten-Traum? „Ich war schon in der ersten Klasse beim Turnen, wechselte in der fünften Klasse auf die Artistenschule“, verrät sie. Der Wunsch, auf der Bühne zu stehen, kam aber erst später. „Als ich die ersten Auftritte hatte, merkte ich, wie viel Spaß es macht. Die Blicke der Zuschauer, das Lächeln, der Applaus – das fühlte sich toll an.“ Der Weg dahin war aber nicht leicht. „Meine Eltern waren erst einmal nicht so begeistert, haben mich dann aber unterstützt“, sagt sie. „Aber im Bekanntenkreis gab es einige Leute, die sagten: Wie kann man das nur machen? Der Beruf ist doch so brotlos!“ Larissa hofft, dass es das nicht wird. „Natürlich leben wir gerade in schwierigen Zeiten. Ein bisschen Angst hat man schon – aber durch die Tour lernen wir auch viele Leute kennen.“

Johanna Häußler (22) startet in die Artisten-Karriere.
Johanna Häußler (22) startet in die Artisten-Karriere. Foto: Sabine Gudath

Akrobatin Johanna: Sie bezwang die Angst vor der Höhe

Viele Menschen leiden unter Höhenangst – so ging es am Anfang der Artisten-Laufbahn auch Johanna Häußler. Doch die 22-Jährige aus Meersburg am Bodensee stellte sich ihrer Furcht. Und zeigt heute, nach dem Abschluss der Ausbildung, unter anderem Kunststücke in einer vier Meter hoch hängenden Tuchschlaufe. „Es war immer wieder ein Kampf, mich dafür zu motivieren“, gesteht sie. „Und einmal bin ich abgestürzt. Es ist zwar nicht passiert, aber danach war der Respekt natürlich noch größer.“ Glücklicherweise gehört auch das richtige Stürzen zum Lehrplan…

Der Weg von Johanna begann allerdings am Boden: „Ich habe sieben Jahre lang rhythmische Sportgymnastik als Leistungssport gemacht. Aber dann wurde mir klar, dass man damit kein Geld verdienen kann.“ Naheliegend sei es gewesen, in die Artistik zu gehen. Die 22-Jährige ist ein Sonderfall: Sie hatte ihr Abi schon in der Tasche, kam erst danach auf die Berliner Schule. Nun ist sie staatliche geprüfte Artistin, hofft auf einen coronafreien Karrierestart. „Ich konnte in der ganzen Zeit zumindest meine Handstände proben“, sagt sie. „Und ich war heilfroh, als ich nach längerer Zeit auch wieder in der Luft trainieren konnte. Natürlich muss man nach so einer Pause erst wieder reinkommen – aber die Motivation war danach umso größer!“