Verzweifelter Hilferuf einer Angehörigen: Bitte helft Sara!
Nach KURIER-Artikel organisiert Jennifer Beuth einen öffentlichen Spendenaufruf für ihre schwer kranke Verwandte Sara (32) aus Spandau.

Jennifer Beuth hält ein Foto in den Händen. Es zeigt sie, ihre Großcousine Sara und ihren Zwillingsbruder Daniel als Kinder. Sie strahlen in die Kamera. Dieser unbeschwerte Moment ist etwa 28 Jahre her. Heute ist Jennifer Beuths Großcousine Tag und Nacht an ihr Bett gefesselt und wird von der Mutter rund um die Uhr gepflegt. Der KURIER berichte über das traurige Schicksal der 32-jährigen Sara aus Spandau, die am Chronischen Erschöpfungssyndrom CFS/ME erkrankt ist. Dadurch wurde Jennifer Beuth auf das Leiden ihrer Familienangehörigen aufmerksam und möchte ihr nun helfen.
„Ich muss Sara aus diesem Gefängnis herausholen und ihr eine Operation ermöglichen, damit sie wieder ein erträgliches Leben führen kann“, sagt sie. Dazu hat sie jetzt einen Spendenaufruf im Internet „Hilfe für Sara“ gestartet und eine gleichnamige Facebook-Gruppe eröffnet. Sara leidet wie bereits berichtet an einer sehr stark ausgeprägten Form des Fatigue-Syndroms, mit dem selbst ihre Ärzte überfordert sind. Im vorherigen Artikel änderte die Redaktion ihren Namen in Alina, um ihre Persönlichkeitsrechte zu wahren. Da die Familie nun selbst öffentlich ihren Namen preis gibt, nennen wir ihn nun mit Absprache ihrer Angehörigen auch, damit keine Missverständnisse entstehen.
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Saras einziger Hoffnungsschimmer ist eine Operation in Barcelona, die laut der Familie in dieser Art in Deutschland nicht durchgeführt werde. Der Neurochirurg Vincenc Gilete führt Eingriffe an der Halswirbelsäule bei CFS/ME-Patienten durch, um die verengten Nervenkanäle, auch das ist eine Begleiterscheinung der Krankheit zu entlasten. Doch die Operation inklusive Krankentransport und Übernachtung ist mit rund 118.000 Euro sehr kostenintensiv und wird von den Krankenkassen in Deutschland nicht übernommen. Der Familie fehlten nach eigenen Angaben die Mittel, um das allein zu stemmen.

Die Operation, ist sich Saras 69-jährige Mutter Marie sicher, ist die einzige Rettung für ihre Tochter. Seit drei Jahren liegt Sara nur noch regungslos in ihrem Bett in einem abgedunkelten Zimmer. Sie kann nicht mehr allein essen, sich nicht mehr allein waschen und auch nicht mehr allein zur Toilette gehen. Die Wohnung in Spandau ist zu einer Art Gefängnis für sie, aber auch die Mutter geworden. Denn auch sie kann sie nur kurz zum Einkaufen verlassen, weil sie die Tochter nicht länger allein lassen kann. Das Problem ist, dass die Versorgung der Patienten in Deutschland, die wie Sara am Chronischen Erschöpfungssyndrom (CFS), auch „Myalgische Encephalomyelitis“ (ME) genannt, noch nicht ausreichend ist und die Angehörigen oft überfordert mit der Pflege sind. Dabei sind nach Aussagen der Immunologin und Onkologin Carmen Scheibenbogen, die in Berlin das Charité-Fatigue-Zentrum leitet, rund 300.000 Menschen betroffen. Sie schätzt die Dunkelziffer sogar noch höher ein. Außerdem vermuten Experten wie Professor Scheibenbogen, Corona könnte die Zahl der Erkrankten künftig noch erhöhen.
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Jennifer Beuth, die in der Nähe von Koblenz lebt, habe ihre Großcousine zuletzt vor vier Jahren bei einer Beerdigung in der Familie persönlich getroffen. „Sie war schon damals sehr von ihrer Krankheit gebeutelt, aber hat versucht sich nichts anmerken zu lassen“, erinnert sie sich. Sara sei immer ein sehr warmherziger und selbstloser Mensch gewesen, der sich lieber in den Hintergrund gestellt habe und zuerst an andere, als an sich gedacht habe, so beschreibt sie ihre Großcousine. Sie hätten als Kinder viele schöne Momenten zusammen erlebt und viel gelacht. Dass es so schlimm um sie stehe, habe sie auch erst durch den KURIER erfahren. Das habe sie sehr erschrocken und mitgenommen. „Ich habe heute eine eigene kleine Familie und einen Job und Sara bekommt gar nichts mehr mit von ihrem Leben. Das macht mich traurig“, sagt sie. Gemeinsam mit zwei Freundinnen von ihrer Großcousine hat sie nun den Spendenaufruf www.betterplace.me/hilfe-fuer-sara32 ins Leben gerufen, um Sara aus diesem qualvollen Zustand zu erlösen. Denn je länger Sara in ihrem Bett liegt, desto mehr schwindet auch ihre Lebenserwartung. Ihr Körper ist inzwischen so geschwächt, dass es nicht unwahrscheinlich ist, dass sie eines Tages an einer Lungenentzündung stirbt, erklärt ihr Hausarzt.
Auch für Saras Mutter Marie sei dieser Zustand unerträglich geworden und sie sehe im Gegensatz zu früher heute sehr mitgenommen aus, sagt Jennifer Beuth. Die Mutter stelle all ihre Bedürfnisse zurück, um unentwegt für ihr erwachsenes Kind da zu sein. Auch Saras Zwillingsbruder Daniel, der seiner Schwester sehr nahe stünde, zerbreche daran, sie so leiden zu sehen. Die Krankheit wurde damals an der Charité diagnostiziert, bereits vor neun Jahren tauchten die ersten Begleiterscheinungen auf. Die junge Frau bekam grippeähnliche Symptome und wurde immer kraftloser. Danach folgte eine Erkrankung nach der nächsten wie Rotavirus, Norovirus und Schlafstörungen und Sara ging es von Tag zu Tag schlechter. Die Mutter holte ihre Tochter schließlich zu sich in die Wohnung.
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Ein privater Pflegedienst kommt für Sara und ihre Familie nicht infrage, da Patienten wie sie äußerst sensibel auf ihre Außenwelt reagieren. Sara störe jedes Geräusch wie Staubsaugen, die Türklingel und Stimmen anderer Menschen, weil es ihr zusätzliche Kraft raube, so erklärt es ihre Mutter. Sie hat sich komplett auf diesen Zustand eingestellt und empfängt seit langem keinen Besuch mehr in ihrer Wohnung. Schon ein Personalwechsel eines Pflegedienstes könne alles durcheinanderbringen. Die Krankheit hat Mutter und Tochter von der Außenwelt komplett isoliert.
Bei dem Spendenaufruf für Sara sind bereits 20.500 Euro zusammengekommen, doch das reicht bei weitem nicht aus, um die Operation im 1900 Kilometer entfernten Barcelona zu finanzieren. Jennifer Beuth hofft, dass sie nicht zeitnah nur das Geld zusammenbekommen, sondern auch, dass ihre Großcousine den Eingriff und den Krankentransport nach Spanien übersteht. Für den Fall, dass etwas Unvorhergesehenes dazwischenkommt, „sollen die Spender ihr Geld zurückerhalten“, so versprechen die Organisatoren der Hilfskampagne für Sara. Die Operation ist für die ganze Familie zu einem wichtigen, aber auch einzigen Halt geworden. „Wir können nicht länger zusehen, wie meine Großcousine in ihrem Zimmer dahinvegetiert und hoffen so sehr, dass sich noch mehr Menschen beteiligen werden, um meiner Großcousine und ihrer Mutter zu helfen“, sagt Jennifer Beuth.