Worldcup der Floristen

Vergessen Sie Fußball, beim Wettkampf mit Blüten hat Deutschland die besseren Chancen

Nicolaus Peters arrangierte schon Sträuße für Frank-Walter Steinmeier und Olaf Scholz. Im September tritt der preisgekrönte Berliner Blumen-Profi für Deutschland bei der Weltmeisterschaft der Floristen in Manchester an.

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Florist Nicolaus Peters fährt für Deutschland zur Weltmeisterschaft der Floristen. Inspiration und Ruhe findet der 54-Jährige in der Natur.
Florist Nicolaus Peters fährt für Deutschland zur Weltmeisterschaft der Floristen. Inspiration und Ruhe findet der 54-Jährige in der Natur.Markus Wächter/Berliner Kurier

Von der Decke baumelt der Inbegriff der Vergänglichkeit. Pusteblumen, die nicht mit dem Wind fliegen, sondern konserviert für neue Kunstwerke sind. Daneben liegen auf einem Tisch die tiefroten Blütenblätter einer Pfingstrose zum Trocknen. Im Regal gegenüber Holzkonstruktionen, Gestelle, Geheimnisvolles. In seiner schmalen Werkstatt steht Nicolaus Peters zwischen vielen Blumen und bindet scheinbar mühelos den schönsten und filigransten und fluffigsten und frühsommerlichsten Blumenstrauß, den man sich vorstellen kann. Rundbindung, kuppelig, sagt er. Ein Standardstrauß für Floristen.

Doch Nicolaus Peters ist alles andere als ein Standardflorist. Sie müssen jetzt ganz schnell alle Gedanken an Tankstellen-Blumen, Blumen vom Vietnamesen an der Ecke oder von Blume 2000 weit wegschieben. Das, was hier in der Schöneberger Werkstatt geschieht, ist Handwerkskunst. Und Nicolaus Peters, der Künstler, steckt mitten in den Vorbereitungen für das große Ding in seinem Floristenleben.

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Im September will er an der Weltmeisterschaft der Floristen in Manchester teilnehmen. 25 Profis aus der ganzen Welt messen sich dort in sechs Aufgaben. Drei sind schon bekannt, drei werden die Floristen erst vor Ort erfahren.

Blumen für Frank-Walter Steinmeier und Olaf Scholz

Nicolaus Peters hat schon einige Wettkampferfahrung gesammelt. Er ist deutscher Meister der Floristen geworden, hat die höchste Ausbildungsstufe im japanischen Ikebana errungen, Prüfmeister der IHK ist er obendrein. Mit seinen vergänglichen Blumenkreationen belieferte er schon Frank-Walter Steinmeier und Olaf Scholz. Einen eigenen Laden hat er nicht, dafür aber ein Stammpublikum, welches jede Woche von ihm mit neuen Arrangements beliefert wird.

Auf den selbstentworfenen Gestellen arrangiert Peters Blumen-Kunstwerke für seine Kunden.
Auf den selbstentworfenen Gestellen arrangiert Peters Blumen-Kunstwerke für seine Kunden.Markus Wächter/Berliner Kurier

Groß geworden unter dem Bindetisch der Mutter, die ebenfalls einen Blumenladen hatte, wollte Peters schon immer Florist werden, doch die Eltern rieten ab. Nach einer Gärtnerlehre und einem Gartenbaustudium aber war sein Wunsch, mit Blumen zu arbeiten, eher noch größer geworden. Nicolaus Peters hängte eine Ausbildung zum Floristen dran. Schon seit er mit 17 Jahren einen Volkshochschulkurs in Ikebana besuchte, weiß er, dass Blumen einfach sein Ding sind.

Weltmeisterschaft der Floristen in Manchester 2023

So wie auch Wettbewerbe. Schon im Januar kam ein 40-seitiges Heft an, welches Aufgaben, Regeln und Vorschriften für die Teilnahme an der Weltmeisterschaft auflistet. Seitdem kreisen Peters Gedanken darum, wie er es bei dieser einmaligen Chance am besten anstellt. Aus vielen Bewerbungen werden alle fünf Jahre nur 25 Teilnehmer, die besten Floristen der Welt,  für die WM ausgewählt. Sie alle sollen einen Tischschmuck kreieren – das Motto lautet „Ocean Waves“. In der Werkstatt von Peters stapeln sich bereits Gestelle und Aufbauten, die mit nach Manchester sollen.

Die zweite Aufgabe trägt den Titel „Forest Canopy“, ein Dach aus Wald soll entstehen, in der dritten Aufgabe ist ein floraler Brautschmuck zu kreieren.

Ikebana-Trend und Steckmasse

„Steckmasse geht gar nicht“, sagt Nicolaus Peters lachend, während der Strauß in seiner Hand größer und größer wird. Wie aber stellt man es an, dass die Blumen dennoch Wasser bekommen? Wie gelangt das gesamte Equipment nach Großbritannien, jetzt, wo das Land nicht mehr EU-Mitglied ist? Kauft man die Blumen hier ein und weiß dann, was man hat, oder dort im Großmarkt? Das Unterfangen Weltmeisterschaft ist komplex.

„Das macht man einmal im Leben“, sagt Nicolaus Peters, die Teilnahme sei die Krönung in seiner beruflichen Laufbahn. Am Ende werden es nur fünf Teilnehmer ins Finale schaffen.

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Besonders angestrengt wirkt der 54-Jährige angesichts der großen Aufgabe dennoch nicht. Im Gärtchen im Innenhof scharren seine Hühner im Sand. Daneben stehen Töpfe voller Geranien mit spannenden Blättern. Die freundliche und entspannte Art der Tiere steckt an.

Ein sommerlicher Traum-Strauß aus Meisterhand. Das Vergängliche immer neu zu inszenieren, das reizt Nicolaus Peters.
Ein sommerlicher Traum-Strauß aus Meisterhand. Das Vergängliche immer neu zu inszenieren, das reizt Nicolaus Peters.Markus Wächter/Berliner Zeitung

Vielleicht ist es aber auch eine fernöstliche Ruhe, die aus Nicolaus Peters ausstrahlt. Schon als Ikebana in Deutschland als ein eher verstaubtes Mutti-Hobby galt, versenkte sich Peters in die japanische Kunst, Blumen zu ihrer eigentlichen Gestalt zu bringen und kunstvoll zu arrangieren. „Die Kombination aus deutschem Handwerk und japanischer Philosophie ist unschlagbar“, glaubt er. „Sho En“, so lautet der japanische Blumenname, der Ikebana-Meistern verliehen wird. „Kiefern-Garten“ bedeutet das. Nicolaus Peters ist zufrieden mit diesem Namen. Er gibt jetzt, wo Ikebana wieder Trend ist, auch Kurse für Menschen, die neben Yoga und Achtsamkeit auch die Blumenkunst erlernen wollen.

Floristen haben Nachwuchssorgen

Stauden, Vergissmeinnicht, Schachbrettblumen – in seinen Kreationen darf die Natur der Star sein. Am liebsten würde er nur mit Blumen arbeiten, die auch in Europa wachsen. Nachhaltigkeit ist in der Branche ein großes Thema.

Wenn man Nicolaus Peters in seiner Werkstatt zuschaut, kann man sich kaum vorstellen, dass auch Floristen mit Nachwuchssorgen zu kämpfen haben. Seit die Blumenbinderei nicht mehr als Handwerk firmiert, sondern dem Handel zugeschlagen wurde, macht das schnelle, ramschige Geschäft in Supermärkten und Tankstellen den Blumenkünstlern das Leben schwer. Dass Floristen mit Herzblut ihre Werke einem großen Publikum zeigen und sie aus den heimischen Werkstätten dann auch verkaufen können, auch dafür wirbt die Weltmeisterschaft.