Gewerkschaften Verdi und EVG kündigen Mega-Streik an: Montag wird Deutschland lahm gelegt +++ Bahn stellt Fernverkehr „komplett“ ein
Verdi und die Eisenbahn- und Verkehrsgewerkschaft (EVG) machen ernst. Mit einem Warnstreik legen sie den Verkehr in Deutschland still. Berliner BVG ist nicht betroffen.

Stillstand auf der Schiene, Straße und an Flughäfen: Mit einem großangelegten, beispiellosen Warnstreik legen die Eisenbahn- und Verkehrsgewerkschaft (EVG) und Verdi am kommenden Montag weite Teile des öffentlichen Verkehrs in Deutschland lahm. Betroffen sind auch Busse und Bahnen in sieben Bundesländern. In Berlin darf die BVG nicht streiken, deren Mitarbeiter haben einen gültigen Tarifvertrag, bei der S-Bahn, einer DB-Regio-Tochter aber sieht das anders aus. Und auch Autobahntunnel könnten gesperrt werden. „Wir werden bestimmte Tunnel in den Blick nehmen“, sagte Verdi-Vize Christine Behle. Es würden bestimmte Tunnel geschlossen, „durch die man dann faktisch nicht fahren kann, beispielsweise der Elbtunnel“ in Hamburg. In Berlin könnten der Tunnel Tegel (A111) oder der Britzer Tunnel (A100) betroffen sein.
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Die EVG erklärte, sie rufe die rund 230.000 Beschäftigten aller Eisenbahn- und Verkehrsunternehmen, in denen derzeit verhandelt werde, am 27. März zu einem bundesweiten Warnstreik auf. Die Arbeitsniederlegungen sollten am Montagmorgen 0 Uhr beginnen.
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Wegen des Streikaufrufs der Gewerkschaften stellt die Deutsche Bahn (DB) am Montag ihren Fernverkehr „komplett“ ein. „Auch bei DB Regio wird während des Streiks größtenteils kein Zug fahren“, erklärte das Unternehmen am Donnerstag.
Betroffen sind dann der Fern-, Regional-, und Nahverkehr sowie Flughäfen und die Autobahngesellschaft
Die Dienstleistungsgewerkschaft Verdi kündigte zudem an, unter anderem Flughäfen und öffentliche Einrichtungen in mehreren Bundesländern zu bestreiken. Verdi rief die Beschäftigten in den Verwaltungen, Bauhöfen, Friedhöfen, Kitas und Bibliotheken zur Arbeitsniederlegung auf: 120.000 Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer würden in den Arbeitskampf gerufen, sagte der Gewerkschaftsvorsitzende Frank Werneke. „Wir rechnen mit einer umfassenden Streikbeteiligung.“
Eine Ausnahme vom Streik ist der Flughafen BER in Schönefeld. Hier wurde erst vor Kurzem ein Tarif abgeschlossen. Doch müssen sich Flugreisende auch hier auf Ausfälle einstellen - als Folge der Flugstreichungen an den anderen deutschen Flughäfen.
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Hunderttausende Flugpassagiere betroffen
Der angekündigte große Warnstreik an diesem Montag wird nach Einschätzung des Flughafenverbands ADV Hunderttausende Passagiere treffen. „Rund 380 000 Geschäfts- und Privatreisende werden ihren Flug nicht antreten können“, teilte der Verband am Donnerstag mit. Der ADV sprach von „Streikeskalation nach französischem Vorbild“. Ein ganzes Land werde vom internationalen Luftverkehr abgeschnitten.
Verdi ruft zudem zu Arbeitsniederlegungen im öffentlichen Nahverkehr in den Bundesländern Hessen, Nordrhein-Westfalen, Baden-Württemberg, Sachsen, Niedersachsen, Rheinland-Pfalz und Bayern. Auch die Autobahngesellschaft soll bestreikt werden, ebenso wie die Wasser- und Schifffahrtsverwaltung.

Das müssen Kunden jetzt wissen
Bahn: Fährt mein Zug vielleicht doch? Könnte ich alternativ einen Tag eher oder später reisen? Wer kann, sollte am Bahnhof in ein Reisezentrum gehen und die Möglichkeiten abklopfen, rät Alina Menold von der Verbraucherzentrale Niedersachsen.
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Bei Streiks in der Vergangenheit hatte sich die Bahn oft kulant gezeigt. Funktioniert wohl auch am Montag so. Am Donnerstag gab die Bahn nämlich bekannt, dass gebuchte Tickets für Montag und auch den Folgetag kostenlos storniert oder flexibel bis kommenden Samstag genutzt werden können.
Besonders im Fernverkehr der Bahn könne es nach Angaben der Gewerkschaften bereits am Sonntagabend zu Beeinträchtigungen kommen. Die EVG-Chef Martin Burkert riet Reisenden deshalb am Sonntag „rechtzeitig am Ziel zu sein“.
Am Montag werden in ganz Deutschland Flüge ausfallen
Flüge: Hier sollten Reisende sich zunächst bei der Airline erkundigen, welche Möglichkeiten bestehen - etwa Umbuchungen. Auch bei einem streikbedingten Flugausfall können Passagiere gegenüber der Fluggesellschaft darauf pochen, alternativ ans Ziel befördert zu werden - und sei es erst am nächsten Tag.
Sie können stattdessen auch den Ticketpreis zurückverlangen, müssen sich dann aber selbst darum kümmern, wie sie von A nach B kommen.
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Wer eine Flugpauschalreise gebucht hat und am Montag abfliegen wollte, sollte den Veranstalter kontaktieren. Der habe auch bei einem Warnstreik Sorge zu tragen, die Urlauber ans Ziel zu bringen, erklärt Verbraucherschützerin Menold. Falls ein Urlaubstag verloren geht, lässt sich der Reisepreis gegebenenfalls anteilig mindern.
Alternativen: Muss man zwingend am Streiktag reisen, können Mietwagen oder Fernbus zwei Optionen sein.
Beim Online-Portal „billiger-mietwagen.de“ hieß es am Wochenanfang, als schon über den Riesenwarnstreik spekuliert wurde: Man gehe davon aus, dass es dann sehr kurzfristig zu einer Zunahme an Buchungen und Preisen kommen werde. Wer jetzt schon wisse, dass er am Montag mobil sein muss, sollte lieber zeitnah buchen. Oft ließen sich Buchungen bis 24 Stunden vorher auch wieder kostenfrei stornieren - zum Beispiel, falls wider Erwarten der Zug doch fährt.
Bei Flixbus hieß es am Wochenanfang, dass man die am stärksten nachgefragten Linien für den Streiktag nach Möglichkeit aufstocke.
Warum streiken Verdi und EVG
Mit den Aktionen erhöht Verdi den Druck für die am Montag beginnende dritte Verhandlungsrunde mit Bund und Kommunen. Gemeinsam mit dem Beamtenbund dbb fordert die Gewerkschaft für den öffentlichen Dienst 10,5 Prozent und mindestens 500 Euro mehr Lohn. Die Arbeitgeber hatten in der zweiten Verhandlungsrunde Ende Februar ein Angebot vorgelegt. Es umfasst unter anderem eine Entgelterhöhung von insgesamt fünf Prozent in zwei Schritten und Einmalzahlungen in Höhe von insgesamt 2500 Euro.
Ende Februar begannen zudem die Verhandlungen der EVG mit der Bahn und rund 50 weiteren Eisenbahn-Unternehmen. Die Gewerkschaft hatte in der vergangenen Woche ein erstes Angebot der Bahn abgelehnt. Sie fordert mindestens 650 Euro mehr Lohn. Bei den höheren Entgelten strebt sie eine Steigerung um zwölf Prozent an bei einer Laufzeit des Tarifvertrags von zwölf Monaten. Die Bahn hatte unter anderem angeboten, die Löhne der rund 180 000 betroffenen Beschäftigten in zwei Schritten um insgesamt 5 Prozent anzuheben sowie mehrere Einmalzahlungen in Höhe von insgesamt 2500 Euro in Aussicht gestellt.

In Berlin und Brandenburg erhöht die Gewerkschaft Verdi schon seit Donnerstagmorgen den Druck auf die Arbeitgeber vor der nächsten Verhandlungsrunde. Betroffen sind in Berlin bereits unter anderem die landeseigenen Krankenhäuser, die Stadtreinigung und die Wasserbetriebe. Sie Streiken am Donnerstag und Freitag.