Familien-Drama in Brandenburg
Schockstarre in Königs Wusterhausen: Familie tot +++ Es gab einen Abschiedsbrief +++ Nachbar sah Leiche durchs Fenster
In einem Haus in Königs Wusterhausen findet die Polizei am Samstag fünf Leichen - darunter drei Kinder. Sie weisen Schuss- und Stichverletzungen auf. Doch was ist passiert?

Es ist ein eiskalter, trüber Morgen. Doch leer ist die Wohnstraße am Rande von Senzig bei Königs Wusterhausen dennoch nicht. Menschen führen ihre Hunde aus, kommen wie zufällig an dem cremefarbenen Einfamilienhaus in der Birkenallee vorbei. Einig blicken nur kurz hin, andere kommen ganz gezielt: Eine junge Frau mit verweintem Gesicht legt eine rote Rose vor der Toreinfahrt ab, verweilt einen Augenblick, geht. Denn hier hat sich eine Katastrophe abgespielt, die fünf Menschenleben forderte. Eine ganze Familie – drei kleine Mädchen, Mutter und Vater – sind tot. Erstochen und erschossen.
Ein andere Frau stellt ein Friedhofslicht zu den vielen Kerzen, die schon neben einem der bemauerten Torpfosten zu dem Grundstück stehen. Sie schweigt zunächst, doch dann berichtet sie, dass ihre Tochter mit der kleinsten Tochter des Ehepaars Devid und Linda R. (beide 40) in den Kindergarten gegangen und eng befreundet war. Und dass sie ihrem Kind nicht sagen wird, was geschehen ist.
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Geschehen war offenbar, was mit dem schrecklichen Begriff des erweiterten Selbstmords beschrieben wird: Danach dürfte eines der beiden Elternteile oder beide erst die Töchter Rubi (4), Janni (8) und Leni (10) getötet haben und dann sich selbst. Oberstaatsanwalt Gernot Bantleon ist zurückhaltend, teilt aber mit, es sei ein Abschiedsbrief gefunden worden. Von wem, sagt er nicht, gibt auch das Motiv nicht preis, falls es in dem Schreiben erwähnt sein sollte. Und er sagt: „Es gibt keinen Haftbefehl gegen jemanden.“ Es werde weiter ermittelt.
Viele kannten das Ehepaar und die Kinder aus Königs Wursterhausen
Verschiedene Frauen aus dem Ort kannten die jetzt tote Mutter vom Sehen, wenn sie ihre Kinder mit dem schwarzen Opel-Van in die Schule oder den Kindergarten brachte. Das Auto steht jetzt in der Einfahrt, eingeschneit.
Zwei weitere Frauen erscheinen am Haus. „Wir sind auch Mütter,“ begründet eine, bevor sie einen großen Teddybären am Torpfosten ablegt. Ihre Begleiterin setzt dem Teddy einen Plüschlöwen auf den Schoß. Sie hätten ihre Kinder gefragt, was sie zum Haus der Tragödie mitnehmen dürften.

Auf der anderen Seite des Pfostens lehnen ein Hund mit Weihnachtsmützchen und ein Plüsch-Eichhörnchen am Zaun. Darüber sind zwei Stoff-Eulen angebunden, und ein bemaltes Blatt Papier: „Du tanzt nun auf dem Regenbogen. Dein Leon“ ist mit einer Kinderschrift geschrieben, darüber gemalt sind ein Regenbogen, eine Sonne, ein Schmetterling. Drei Schmetterlinge sind aufgeklebt.
Vor der Tür des Hauses lehnt ein großes Paket, dass ein Bote dort nach dem Auffinden der Leichen abgestellt haben muss: Es enthält einen Kinderschreibtisch. Ein Weihnachtsgeschenk?
Nachbarn hatten Leichen in Königs Wusterhausen durchs Fenster gesehen
Kurz erscheint eine Polizeistreife, eine Polizistin und ein Polizist steigen aus, inspizieren kurz das Haus, fahren wieder ab. Sonst erinnert nur ein rot-weißes Absperrband daran, dass am Tag davor Polizei, Feuerwehr, Kriminaltechniker und Rechtsmediziner in großer Zahl hier vorgefahren waren, nachdem Nachbarn offenbar mindestens eine Leiche durch die Fenster gesehen hatten.
Sie hatten sich gewundert, dass sich niemand gezeigt hatte. Weder die Eltern noch die Kinder, die auf der kaum befahrenen Straße immer mit dem Fahrrad oder dem Roller unterwegs waren. Auch den kleinen Hund, der einziger lebend aus dem Haus gebracht wurde, habe kein Familienmitglied ausgeführt.
Wann sich die Katastrophe ereignet hat, ist noch nicht bekannt. Ein Nachbar will Devid R. noch am Freitag gesehen haben.

Niemand kann sich das Vorgefallene erklären. Alexander Pohle, Ortsvorsteher von Senzig: „Es ist eine absolute Tragödie. Der ganze Ort steht unter Schockstarre.“ Spekulationen kursierten, die Bewohner hätten sich in Corona-Quarantäne befunden.
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Der Vater war laut Nachbarn ein zugänglicher und freundlicher Mensch, wurde sehr geschätzt. Seine Frau sei eher zurückhaltend gewesen, berichtet ein Nachbar.
Devid R. arbeitete neben seiner Lehrertätigkeit in einer Berufsschule auch noch als Brunnenbauer, soll in früheren Jahren auch als Event-Manager tätig gewesen sein und das Oktoberfest in Wildau organisiert haben. Vor dem Haus parkt noch ein mit Werkzeug beladener VW Crafter.
Ob Mutter Linda, eine Betriebswirtin, wegen der Kinder tatsächlich aktuell berufstätig war, wissen die Nachbarn, die sprechen, nicht genau. Ausweislich der Homepage der TH Wildau war die Betriebswirtin dort im Einkauf beschäftigt.
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Schon am Abend hatten Anwohner Kerzen aufgestellt. Ein Senziger erklärte: „Das hier ist ein Dorf - man kennt sich.“
Das Ehepaar, beide stammen aus der Gegend, haben erst vor vier Jahren gebaut. Hinter dem Einfamilienhaus steht das viel kleinere Haus des früheren Grundstückeigentümers, der wenige Monate nach dem Verkauf verstorben war.

Nach dem Verbrechen hat der Landrat des Kreises Dahme-Spreewald den Angehörigen und Bekannten der Opfer sein tiefes Mitgefühl ausgedrückt. Die Nachricht von den fünf Todesfällen habe ihn „fassungslos und traurig gemacht“, ließ Stephan Loge (SPD) am Sonntag mitteilen. „Die Tat ist unfassbar.“
Es blieben Fragen offen für Angehörige und Freunde. „Ob morgen auf Arbeit, in der Schule oder in der Kita, hier wird die große und traurige Lücke offensichtlich, welche die Nachricht seit Samstag reißt“, so Loge.