Die BVG kämpft mit beschmierten U-Bahn-Waggons, jetzt wurde schon wieder einer mit Graffiti besprayt.
Die BVG kämpft mit beschmierten U-Bahn-Waggons, jetzt wurde schon wieder einer mit Graffiti besprayt. Sabine Gudath

Na klar, das schrille neue Farbenverbot gilt ja auch nur für Tätowierer. Graffiti-Ferkel dürfen weiter ungestraft Fassaden, Wände und Berliner U-Bahn-Züge anschmieren. Eine besonders dreiste Aktion fand in aller Herrgottsfrühe auf dem U-Bahnhof Gleisdreieck in Berlin-Kreuzberg statt. Während Fahrgäste in dem BVG-Zug vor sich hindösten, saute ein gutes Dutzend bekannter Sprayer die Waggons ein – vor laufender Kamera. Und niemand hielt sie auf. Der Schmierfinken-Film landete jetzt als flott geschnittener Musik-Clip unzensiert im Internet.

Mit Fahrrädern kamen die vermummten Sprayer am U-Bahnhof Gleisdreieck an. Erst spielten sie zur Tarnung Fußball, dann knackten sie ein Schloss und betraten ein Nebengelände. Immer im Ohr: die Ansage von befreundeten Scouts, die in einem heransausenden U-Bahn-Zug saßen und die Ankunftszeit durchgaben.

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Die Schmierfinken in Aktion. Szene aus dem Video.
Die Schmierfinken in Aktion. Szene aus dem Video. Youtube

In dem Zug standen angeblich sogar zwei Sicherheitsleute. Von denen wird man später im Film aber nichts sehen. Ob sie sich im Zug versteckten, die Farbaktion nicht mitbekamen oder ob sie womöglich eine Station vor Gleisdreck ausstiegen, ist nicht mehr zu klären.

Im Dutzend schmieren die Sprayer den Zug mit Graffiti voll

Seelenruhig spazieren die Sprayer die Treppen rauf, nebeln zwei BVG-Videokameras ein, dann geht es auch schon los. Im ganzen Dutzend schmiert die Bande den gelben Zug voll, minutenlang, mit XXL-Sprühdosen. Offenbar hat der Wagen im U-Bahnhof einen längeren Halt.

Die Throw-up-Aktion der Sprayer fand morgens am Berliner U-Bahnhof Gleisdreieck statt.
Die Throw-up-Aktion der Sprayer fand morgens am Berliner U-Bahnhof Gleisdreieck statt. Youtube

Immer wieder schwenkt die Kamera über den Bahnsteig, von BVG-Personal, Wachleuten oder sich aufregenden Fahrgästen ist nichts zu sehen. Manch Einstellung ist offensichtlich mit einer Drohnenkamera aufgenommen worden. Eine Mise en Scène, die gar nicht mal schlecht aussieht.

Seelenruhig hauen die Graffiti-Sprayer über die Gleisanlagen ab

Als ihr Werk vollbracht ist, verlassen die Sprayer den Bahnhof völlig unhektisch und seelenruhig über die Gleisanlagen, seilen sich geschickt von einem Dach ab und verschwinden auf ihren Fahrrädern in der winterlichen Dämmerung. Die Schlusseinstellung zeigt den Zug noch mal in ganzer Länge, jetzt aber fahrend.

Die Kommentare im Internet sprechen für sich, wir haben es hier offenbar mit einer weltweit jubelnden Fangemeinde zu tun. Anders lässt sich kaum erklären, wie Leute solche Sätze vom Stapel lassen: „Wahnsinn! Wie man einfach schon beim Gucken voll Adrenalin bekommt“ (Ride Review), „Alleine schon wegen der Drohne, stellt das alles in den Schatten, absolut Dope“ (Olly Hoppe), „Krass, so ein eingespieltes Team! Respekt und schöne Weihnachten“ (Luke089), „Sauber gesetzt! Sehr geiles Teamwork! Respekt an 1UP“ (Steven Zielske).

Nach der Tat hauen die Sprayer von 1UP über die Gleisanlagen ab.
Nach der Tat hauen die Sprayer von 1UP über die Gleisanlagen ab. Youtube

Und hier ist das Stichwort dann auch schon gefallen: 1UP ist eine bekannte Sprayer-Truppe, angeblich aus Berlin-Kreuzberg, die schon öfter mit waghalsigen Graffiti-Stunts in Erscheinung getreten ist und in der Szene besonders für ihre sogenannten Streichbombings gefeiert wird. Es gibt bereits Hunderte Anzeigen gegen die Gruppe, doch bis heute konnte die Polizei sie nicht fassen. Vor allem deshalb, weil viele Mitglieder aus dem Ausland anreisen.

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1UP arbeitet mit wechselnder Besetzung, manipuliert die Videoüberwachung und ist bestens verdrahtet, was die Fahndung weiter erschwert. Das Motto der Truppe, die sich selbst einen idealistischen Anstrich verpasst hat, heißt: „Der urbane Raum gehört allen und darf bemalt werden. Graffiti ist keine Zerstörung.“ Das sieht die BVG im Falle ihres angeschmierten Zuges anders. Und so dürfte schon bald eine weitere Anzeige dazukommen, die am Ende aber wohl wieder in den Archiven der Berliner Polizei verstaubt.

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