In dieser Mucki-Bude darf während des Lockdowns trainiert werden
Der Brandenburger Stefan Engels aus Zehdenick darf sein Fitness-Studio eingeschränkt öffnen.


Von wegen Sportverbot: Während tausend andere Fitnessbetreiber in Deutschland im weiteren Lockdown erneut schließen mussten, darf in diesem Fitness-Studio in Zehdenick (Brandenburg) weiter trainiert werden. Dabei hat Stefan Engels vom Gesundheitsstudio Engels nicht etwa eine Sondergenehmigung erhalten, sondern er besaß einfach genügend Einfallsreichtum, um seinen Mitgliedern zu ermöglichen, sich auch in der Corona-Krise fit zu halten.

„Ich habe mir zuerst die Eindämmungs-Verordnung in Ruhe durchgelesen und dann überlegt, was ich machen kann“, sagt der Unternehmer aus der Fitnessbranche. In solch einem Ausnahmezustand sei es wichtig, nach jedem Strohhalm zu greifen.
„Viele meiner Mitglieder sind aus gesundheitlichen Gründen auf den Sport angewiesen und können nicht wochenlang pausieren, ohne dass das Folgen für ihren Körper und ihre Seele hat“, so Engels. Bei Paragraf 12 blieb er schließlich hängen, denn darin ist fest gehalten, dass man, zumindest im Bundesland Brandenburg, auch in Fitness-Studios zu zweit trainieren darf. In anderen Bundesländern wie Berlin ist das nicht gestattet.
Daraufhin unterbreitete er dem Gesundheitsamt ein Konzept, dass ihm erlaubte, auch im Lockdown zu öffnen. Und seine Idee scheint wohl bislang einmalig zu sein. Beim Arbeitgeberverband deutscher Fitness-und Gesundheitsanlagen (DSSV) in Hamburg seien weitere Studio-Öffnungen in Deutschland mit ähnlichem Konzept wie dem im brandenburgischen Zehdenick nicht bekannt. Allerdings sagt Stefan Engels: „Es haben schon einige Kollegen aus der Umgebung angerufen und sich nach meiner Idee erkundigt. Wir unterstützen uns in dieser Zeit gegenseitig.“
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Engels Konzept funktioniert so: In seinem Studio dürfen nur zwei Personen auf einmal eine Stunde am Tag trainieren. Danach sind wieder zwei andere Besucher dran. Gebucht werden können die Zeitfenster jeden Montag telefonisch ab 8.30 Uhr. Damit jedes seiner Mitglieder die Chance erhält, wenigstens einmal pro Woche von Montag bis Samstag zwischen 9 und 21 Uhr Sport zu machen, achtet Engels darauf, dass es gerecht zugeht.
„Es darf zunächst nur ein Slot pro Person gebucht werden, wenn Mitte der Woche noch was frei ist, kann selbstverständlich noch eine weitere Trainingseinheit reserviert werden“, sagt er. Voraussetzung ist, dass die Kunden sich an die Hygieneauflagen halten. Sie müssen schon in Sportbekleidung erscheinen, da die Umkleidekabinen und Duschen gesperrt sind, eine Maske tragen und die Geräte nach Gebrauch desinfizieren. Außerdem dürfen sie das Sportstudio erst betreten, wenn die anderen Gäste wieder draußen sind. „Dazu ist es wichtig, dass jedes Mitglied sein Zeitfenster genau einhält“, erklärt Engels. Nach jeder Trainingseinheit werde das Studio gelüftet und erneut desinfiziert.
Nach Aussagen des Sportstudio-Betreibers funktioniere der Ablauf hervorragend, da die Gäste allesamt dankbar seien, dass sie weiter trainieren dürften. „Manche sind zudem froh, dass sie mal zu Hause rauskommen und mit jemandem reden können“, weiß Engels. Schon am Dienstag seien meistens alle Trainingseinheiten ausgebucht. Stefan Engels kann das Konzept nur deshalb umsetzen, weil er sich die Arbeit mit seiner Lebensgefährtin teilt, wie er betont. Sie seien 12 bis 13 Stunden am Tag im Studio, um das Konzept gemeinsam zu stemmen. Seine anderen vier fest angestellten Mitarbeiter seien in Kurzarbeit.
Ob sich das eingeschränkte Traning finanziell lohnt? „Wir machen das in erster Linie für unsere Mitglieder, da wir zu ihnen ein sehr persönliches Verhältnis pflegen“, sagt Engels, der sein Studio vor sechs Jahren eröffnet hat. Viele Mitglieder würden freiwillig ihre Beiträge zahlen, obwohl sie nicht mehr abgebucht würden. Für das einmal wöchentliche Training könne auch ein Tagespass von acht Euro gebucht werden. Für ihn und seine Lebenspartnerin, die schon vor der Pandemie für die Buchhaltung des Unternehmens zuständig war, sei die momentane Situation sehr existenziell. „Wir haben bis heute noch nicht mal einen Bruchteil der von der Bundesregierung zugesagten Novemberhilfen bekommen.“
Nun steht Stefan Engels vor einem weiteren Problem. Er weiß nicht, ob sein Konzept ab kommender Woche noch weiter genehmigt wird. Denn am Montag soll in Brandenburg über eine neue Fassung der Eindämmungsverordnung entschieden werden. Engels: „Wenn ich Pech habe, wird der Paragraf verändert und dann muss auch ich mein Studio schließen.“