Jenny (34) und Julia (27) K. sind verzweifelt
Und plötzlich starb die Mutter: Was tun, wenn das Geld nicht mal für eine Beerdigung reicht?
Die Schwestern aus Tempelhof haben kein Geld für eine Beisetzung und wollen zeigen, wie wichtig eine vernünftige Vorsorge ist.

Markus Wächter
Jenny (34) und Julia (27) sind verzweifelt. Sie haben ganz plötzlich ihre geliebte Mutter verloren. Sabine K. aus Tempelhof starb mit gerade erst 55 Jahren an einer schweren Lungenerkrankung. Doch nun wissen ihre beiden Töchter nicht, wie sie das Geld für ihre Bestattung auftreiben sollen. Und bis das nicht geregelt ist, kann die Berlinerin nicht beigesetzt werden. Im KURIER erzählen die jungen Frauen, wie sie sehr es sie belastet, ihr keinen würdevollen Abschied ermöglichen zu können.
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„Ich schäme mich so, dass ich meiner Mutter das nicht bieten kann. Dabei hätte sie es so verdient, denn sie hatte kein leichtes Leben“, sagt Jenny K. traurig. Die 34-Jährige ist alleinerziehende Mutter von zwei kleinen Kindern und momentan nicht erwerbstätig. Ihre Schwester arbeitet als medizinische Fachangestellte in einer onkologischen Arztpraxis. „Wir haben beide kaum Geld auf der Kante“, sagt sie. Auch ihre Großmutter mütterlicherseits beziehe nur eine sehr schmale Rente und könne nichts zum Begräbnis der eigenen Tochter zulegen.
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Zusätzliche Kosten: Der Sarg in Übergröße soll 700 Euro kosten
Rund 4400 Euro soll die Bestattung der Mutter kosten. Darin enthalten sind etwa 1200 Euro Friedhofsgebühren und 700 Euro, die sie zusätzlich für einen Sarg in Übergröße zahlen sollen. „Unsere Mutter war nicht nur lungenkrank und wurde beatmet, sondern hatte auch eine Depression und nahm Medikamente mit starken Nebenwirkungen ein. Zum Schluss wog sie 220 Kilo“, sagt sie. Die Mutter habe sich dafür sehr geschämt und ihre Wohnung in den letzten Jahren gar nicht mehr verlassen.
Dioch ihr plötzlicher Tod habe die Familie sehr überrascht. Sabine K. sei häufiger im Krankenhaus gewesen. Anfang August hat sich der Zustand rapide verschlechtert. „Sie wollte unserer Oma etwas erzählen und hat keinen klaren Satz herausbekommen. Da haben wir sofort den Rettungsdienst gerufen“, erklärt Jenny K. Nur einen Tag später, am 9. August, ist die Mutter im Krankenhaus verstorben.

Die Angehörigen haben einen Antrag beim Sozialamt Tempelhof-Schöneberg für eine Sozialbestattung gestellt. Im Sozialgesetzbuch ist geregelt, dass der Staat die Kosten übernimmt, wenn die Beerdigung weder aus dem Nachlass noch von den Erben bezahlt werden kann. Fällt das Begräbnis teurer aus, als das Amt als Höchstbetrag zahlt, müssen die Angehörigen für die Differenz aufkommen.
„Wichtig ist, dass die Angehörigen vorher den Bescheid des Sozialamts abwarten", erklärt Tempelhof-Schönebergs Sozialstadtrat Matthias Steuckardt (CDU) dem KURIER. Der Sozialleistungsanspruch des Verstorbenen ende mit dem Tod. Dann werde geprüft, ob es Angehörige gebe, die bestattungspflichtig seien. In diesem Fall die Familie. Sollten sie selbst Sozialleistungen empfangen, zahle der Staat die Beisetzung. Allerdings nur bis zu einem Höchstsatz von 1200 bis 1500 Euro. In welchem Grab und auf welchem Friedhof der Angehörige bestattet werden soll, könnte die Familie selbst wählen. Es gebe auch Fälle, in denen keine Angehörigen ermittelt werden könnten, dann gibt es es nur noch die Variante der ordnungsbehördlichen Bestattung „auf der grünen Wiese“.
Mutter soll im Familiengrab beigesetzt werden
„Unsere Sorge ist, dass wir unsere Mutter nicht im Familiengrab beisetzen können, weil das Geld nur für eine Standardbeisetzung reicht“, sagt die 34-Jährige. Auf dem evangelischen Friedhof an der Rixdorfer Straße sind bereits Oma, Uroma und Onkel begraben. Die Vorstellung, dass ihre Mutter irgendwo ganz allein an einem anderen Ort unter der Erde liege, mache sie fertig.
Warum ihre Mutter keine Vorsorge für ihr Begräbnis getroffen hat? Sie sei mit ihrer schweren Krankheit völlig überfordert gewesen und schon als Kinder seien sie und ihre Schwester größtenteils bei der Oma aufgewachsen. Ihren Job als Friseurin konnte Sabine K. nicht mehr ausüben, die letzten Jahre hat sie Hartz IV bezogen. „Mami hat in ihrem Leben so sehr nach Liebe gesucht und sie nie gefunden“, berichtet Jenny K. Die Mutter habe viel Pech mit den Männern gehabt und unter den zerbrochenen Beziehungen gelitten.
Gerade deshalb ist ist der Herzenswunsch der Töchter, ihrer Mutter eine würdevolle Bestattung zu ermöglichen. Sie erzählen ihr eigenes Schicksal nicht, um Mitleid zu erzeugen oder gar um zu betteln. „Wir wollen nur unseren Mitmenschen deutlich machen, wie wichtig es ist vorzusorgen und rechtzeitig Rücklagen zu bilden oder eine Sterbeversicherung abzuschließen, um nicht in solch eine unglückliche Situation wie wir zu geraten.“ Sie selbst hätten sich keine Vorstellungen darüber gemacht, wie teuer eine Bestattung werden kann. Sie hoffen, dass ihre Mutter bald neben den anderen Verwandten in der Familiengruft beerdigt werden kann. Jenny K: „Dann kann sie endlich ihren Frieden finden.“