Übermäßig viel Gewalt gegen ukrainische Flüchtlinge in Berlin
Seit dem russischen Überfall auf die Ukraine häufen sich die Angriffe auf Flüchtlinge in Berlin

Ukrainische Flüchtlinge – rund 60.000 leben in Berlin – werden in der angeblich so weltoffenen deutschen Hauptstadt mehr als zweieinhalb mal so oft Opfer von Körperverletzungen als der Schnitt der Bevölkerung. Das ergebe sich aus der Antwort des Senats auf eine parlamentarische Anfrage der Grünen-Abgeordneten Vasili Franco und Cathrin Wahlen, sagte Franco.
Auch der Anteil bei den Bedrohungen liege deutlich über dem Durchschnitt. Eine mögliche Erklärung könnte ein „höheres Maß an Hasskriminalität“ sein.
Seit dem russischen Überfall auf die Ukraine am 24. Februar 2022, der eine Fluchtwelle vorwiegend von Frauen und Kindern auch nach Berlin auslöste, verzeichnete die Berliner Polizei 3250 Straftaten gegen jeweils mindestens ein ukrainisches Opfer – von Körperverletzung bis zum Diebstahl.
Bei 575 Körperverletzungen an Ukrainerinnen und Ukrainern wurde ein Verdächtiger ermittelt
In 1237 Fällen konnte ein Verdächtiger ermittelt werden. Dabei ging es oft um Körperverletzungen (575), Bedrohungen (187) und Beleidigungen (86).
Ob unter den Straftaten auch viele politisch motivierte Verbrechen mit einem Bezug zum Krieg Russlands gegen die Ukraine waren, konnte die Polizei anhand der statistischen Daten nicht sagen.
Auffällig war die hohe Zahl der Taten vor allem in den Bezirken Mitte (640) und Charlottenburg-Wilmersdorf (484). In den anderen Bezirken waren es deutlich weniger.
Gehäuft kamen vor allem Diebstähle vor (1294), dann Körperverletzungen (704), Betrug (301), Bedrohung (234) und Beleidigung (117).
Der Innenpolitiker Franco wies darauf hin, dass ukrainische Flüchtlinge immer wieder von verbalen und physischen Übergriffen wegen ihrer Nationalität oder Sprache berichten würden. Die vorliegenden Zahlen bestätigten daher auch entsprechende Warnungen ukrainischer Organisationen.
Ob politische Motive zu den Angriffen auf Ukrainer in Berlin führen, ist offiziell unbekannt
Dass die politische Motivation der Verdächtigen unbekannt sei, „ist mehr als bedauerlich“, so Franco. Der Senat hatte erklärt, dass einige Organisationen, „die den Phänomenbereichen des Rechtsextremismus, der ‚Reichsbürger-Szene‘ und dem Spektrum der verfassungsschutzrelevanten Delegitimierung des Staates zuzurechnen sind, pro-russische Positionen“ vertreten würden.
Erkenntnisse, dass verfassungsfeindliche Organisationen konkret anti-ukrainische Propaganda verbreiten, lägen dem Senat aktuell allerdings nicht vor.
Ein Problem ist laut Franco auch, dass bisher nur 23 Ermittlungsverfahren zu einer Anklage vor Gericht geführt hätten. Laut Statistik wurden Verfahren vielfach eingestellt.
Bis zum Stichtag 10. März waren 983 Straftaten von der Polizei an die Amts- oder Staatsanwaltschaft übergeben worden.