Aus den Resten dieses Audi-Sportwagens stieg nur der Fahrer mit leichten Verletzungen aus. Zwei Menschen starben, ein dritter Insasse schwebt in Lebensgefahr.
Aus den Resten dieses Audi-Sportwagens stieg nur der Fahrer mit leichten Verletzungen aus. Zwei Menschen starben, ein dritter Insasse schwebt in Lebensgefahr. Foto: Pudwell

Einen Tag nach dem schweren Verkehrsunfall mit zwei Toten, kämpft ein dritter junger Mann im Brandverletztenzentrum des Unfallkrankenhauses Berlin (UKB) um sein Leben. „Er schwebt in großer Lebensgefahr und wird intensivmedizinisch versorgt“, sagte Angela Kijewski, die Sprecherin des UKB, am Donnerstag.

Der 19-Jährige hatte schwerste Brandverletzungen erlitten. Er saß in einem Audi-Sportwagen, der in der Nacht zu Mittwoch auf der Straße Am Treptower Park mit viel zu hoher Geschwindigkeit gegen mehrere Straßenbäume, einen Stromkasten und einen Baucontainer prallte, in zwei Teile zerrissen wurde und in Flammen aufging. Vermutlich war der Fahrer des Wagens mit weit mehr als 100 Kilometer pro Stunde auf der dreispurigen Straße unterwegs, als er die Kontrolle über den 450 PS starken Leihwagen verlor.

In dem gemieteten hochmotorigen Audi RS5 saßen zum Zeitpunkt des Unfalls vier junge Männer zwischen 19 und 21 Jahren. Eine Insasse war sofort tot, ein zweiter junger Mann starb wenig später in einem Krankenhaus. Der dritte Schwerstverletzte wurde ins UKB eingeliefert.

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Nur der gerade 21 Jahre alte gewordene mutmaßliche Fahrer des Wagens kam relativ glimpflich davon. Der junge Mann aus Neukölln wurde mit leichten Verletzungen in ein Krankenhaus eingeliefert. Ein Richter lehnte den beantragten Haftbefehl gegen den Mann mangels dringenden Tatverdachts ab. Worin die Zweifel des Richters bestanden, konnte Martin Steltner, der Sprecher der Generalstaatsanwaltschaft, am Donnerstag nicht sagen. „Wir prüfen aber, ob wir gegen die Ablehnung des Haftbefehls Beschwerde einlegen.“ Anfang kommender Woche könne er mehr sagen.

Rasen in Berlin wird ein immer größeres Problem. 2017 trat zwar der sogenannte Raser-Paragraf 315d in Kraft, nachdem die Teilnahme an illegalen Autorennen unter Strafe steht. Doch das stört potenzielle Geschwindigkeitsfanatiker offenbar wenig. Denn seitdem registrieren die Behörden nicht weniger, sondern mehr Fälle von Raserei.

2018 sei ein Verfahren am Tag nach Paragraf 315d bei Amtsanwaltschaft und Staatsanwaltschaft erfasst worden, sagt Oberamtsanwalt Andreas Winkelmann, der in Berlin für die Bearbeitung verbotener Kraftfahrzeugrennen zuständig ist. Im Jahr 2019 sei diese Zahl auf etwa zwei am Tag gestiegen. „Im vergangenen Jahr waren es bis zum 8. Oktober 703 Verfahren“, so Winkelmann. Er gehe davon aus, dass man 2020 auf etwa drei Verfahren pro Tag komme. Die meisten Beschuldigten sind Männer, nur drei Prozent Frauen.

Prozessbeginn gegen Kudammraser im März

Und auch die schweren Unfälle nehmen bei illegalen Straßenrennen zu - nicht selten, weil sich junge Leute PS-starke Fahrzeuge leihen, mit denen sie aufgrund Selbstüberschätzung oder fehlender Fahrerfahrung nicht umgehen können. So sitzt noch immer einer der beiden sogenannten Kudamm-Raser, die 2016 einen tödlichen Unfall verursacht hatten, wegen Mordes auf der Anklagebank. Und ab 11. März muss sich ein 29 Jahre alter Mann vor dem Berliner Landgericht verantworten. Er soll für einen Raserunfall verantwortlich sein, der im Spätsommer vergangenen Jahres für Schlagzeilen sorgte und einer Mutter und deren Tochter beinahe das Leben kostete.

Ende einer Raserfahrt: Dieser Ford Fiesta wurde auf dem Kudamm von einem BMW erfasst, die Insassen schwer verletzt.
Ende einer Raserfahrt: Dieser Ford Fiesta wurde auf dem Kudamm von einem BMW erfasst, die Insassen schwer verletzt. Foto: Pudwell

Am Abend des 31. August vergangenen Jahres soll der Angeklagte an der Kreuzung Kurfürstendamm/Cicerostraße in Charlottenburg mit einem geliehenen BMW 750i in einen Ford Fiesta gerast sein. Die 45-jährige Fahrerin des Kleinwagens wollte mit ihrem Auto den Kudamm überqueren, als das 530-PS-Fahrzeug herangerauscht kam und offenbar ungebremst seitlich in den Ford und anschließend in ein geparktes Auto krachte. Die Fahrerin des Kleinwagens erlitt lebensgefährliche, ihre 17 Jahre alte Tochter schwere Verletzungen. Der Fahrer des BMW, der nach dem Unfall geflohen sein soll, wurde wochenlang gesucht. Er konnte durch Spuren im Unfallwagen, Zeugen und Handydaten ermittelt und Anfang Oktober festgenommen werden.

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„Die Anklage wirft dem Mann gefährliche Körperverletzung, schwere Körperverletzung, gefährlichen Eingriff in den Straßenverkehr und die Teilnahme an einem unerlaubten Kraftfahrzeugrennen vor“, sagte Inga Wahlen, die stellvertretende Sprecherin der Berliner Strafgerichte.

Denn nach dem 2017 erlassenen neuen Paragrafen 315d werden nicht nur Rennen zwischen mehreren Fahrzeugen unter Strafe gestellt, sondern auch Einzelrennen, bei denen die Fahrer eine höchstmögliche Geschwindigkeit erreichen wollen. So wie in diesem Fall. Der Angeklagte soll den Kleinwagen wahrgenommen, aber sein Fahrzeug weiter beschleunigt haben. Die Anklage geht davon aus, dass der Mann mit mehr als 130 Kilometer pro Stunde in den Kreuzungsbereich gefahren ist.