Der Angeklagte Brandon H. kommt in den Gerichtssaal. Sein Gesicht verdeckt er mit einer Kapuze vor den Fotografen. Dem 25-Jährigen wird Körperverletzung mit Todesfolge vorgeworfen. 
Der Angeklagte Brandon H. kommt in den Gerichtssaal. Sein Gesicht verdeckt er mit einer Kapuze vor den Fotografen. Dem 25-Jährigen wird Körperverletzung mit Todesfolge vorgeworfen.  Pressefoto Wagner

Er wollte einem Hertha-Fan eine „Ansage“ machen: Der Rostocker Brandon H. (25) schlug schließlich mit der Faust zu. Er riss Michael R. (55) aus dem Leben.

Neun Monate später der Prozess. Die Anklage lautet auf Körperverletzung mit Todesfolge. Brandon H., gelernter Hafenlogistiker, zog sich die Kapuze seiner Jacke tief ins Gesicht, als er in den Saal ging.

Der Angeklagte bedauert seinen Schlag. 

Vor Gericht sagte Brandon H., er bedauere, was geschah: „Es tut mir unendlich leid.“ Er fühle sich verantwortlich. Er habe nicht schlagen wollen. Ein Augenzeuge (45) schilderte dem Gericht: „Der Angreifer suchte Streit. Von dem Opfer ging keine Gefahr aus.“

Es geschah am 19. Mai letzten Jahres nach dem Relegations-Hinspiel im Olympiastadion. Hertha BSC hatte gegen den Hamburger SV verloren. Tausende Fans auf dem Heimweg. Michael R. zu Fuß, Brandon H. saß als Beifahrer in einem E-Klasse-Mercedes mit Rostocker Kennzeichen.

Der Wagen musste stoppen – R. war kurz vor dem Auto. Version des Angeklagten: „Er schlug auf die Motorhaube und zeigte Stinkefinger.“ Da sei er „aufgebracht und sauer“ ausgestiegen. H.: „Ich wollte ihm eine Ansage machen, bin hinterher, wir schrien uns an, er schlug mir auf die Ohren.“ Da habe er selbst ausgeholt: „Einfach nach vorn ohne Ziel geschlagen.“

Ein Zeuge sagt: „Das Geräusch werde ich nie vergessen“

Ein derart heftiger Faustschlag, dass Michael R. zu Boden ging. Augenzeuge Oliver S.: „Der Mann fiel gerade und ungebremst nach hinten, keinerlei Reflex. Der Schädel prallte auf die Straße. Das Geräusch werde ich nie vergessen.“

Michael R., der mit seiner Ehefrau ein Catering-Unternehmen betrieben haben soll, lag wochenlang im Koma. Ärzte einer Spezialklinik konnten ihn nicht retten. Er starb einen Monat nach dem Schlag.

Als Nebenklägerin im Gericht: die Ehefrau des Opfers mit ihrer Rechtsanwältin. 
Als Nebenklägerin im Gericht: die Ehefrau des Opfers mit ihrer Rechtsanwältin.  Pressefoto Wagner

War es der Hieb eines Kampfsportlers? H. will solche Erfahrungen nicht haben. Er sei „verblüfft“ gewesen, als der „große und starke Mann einfach nach hinten umfiel“. Er habe den Hertha-Fan „unglücklich“ getroffen. Der Rostocker erklärte vor dem Richter: „Ich hätte niemals geschlagen, wenn er mich nicht provoziert und geschlagen hätte.“

Zeuge im Prozess erinnert sich an „aggressive Stimme“

Zeuge S. war auf die Situation in Stadion-Nähe aufmerksam geworden – „ich hörte eine aggressive Stimme“. Es sei die des Beifahrers gewesen, aus Sicht des Zeugen „der Aggressor“. Er Mann habe provoziert und sich dem Hertha-Fan genähert – „bis sie Nase an Nase standen“. Da habe der Hertha-Fan dem „Angreifer“ ins Gesicht gefasst, um ihn wegzuschieben. „Dann kam schon der Schlag.“

Brandon H. will ziemlich angetrunken gewesen sein – „Wodka und Bier“. Er trug eine Jacke mit dem Vereinslogo von Hansa Rostock. Als Michael R. zu Boden gegangen war, türmte er. H.: „Einige Leute verfolgten mich, schlugen und traten.“

Die Polizei suchte mit einem Phantombild nach dem Täter. Am 3. August schließlich die Festnahme von H., Ende September wurde er von weiterer Untersuchungshaft verschont, ist seitdem frei. Fortsetzung: Dienstag.