Tod einer Schülerin (13): Wie viel Schuld haben diese Feuerwehrmänner auf sich geladen?
Im Prozess um einen missglückten Rettungseinsatz gab es überraschend neue Details.

Die beiden angeklagten Feuerwehrmänner stehen vor Gericht. Pressefoto Wagner
Ronja (13) und ihre Freundin waren mit ihren Fahrrädern unterwegs, wollten Pizza holen. „Hier entlang“, rief Ronja noch und drehte sich um. Dann die Tragödie.
Weinend saß die Freundin nun im Gerichtssaal. Die Bilder vor Augen. Wie Ronja von einer Straßenbahn erfasst wurde. Tränen liefen der inzwischen 16-jährigen Zeugin über das Gesicht. Der Richter wollte im Prozess um fahrlässige Tötung gegen zwei Feuerwehrleute keine weiteren Fragen stellen an Ronjas Freundin. Doch Aussagen anderer Zeugen sorgten für Erstaunen.
Der 12. Juni 2018. Eine Straßenbahn erfasst Ronja, schleift sie mit. Die stählernen Räder trennen zwei Finger von ihrer Hand ab. Der Körper des Kindes rutscht zwischen die Gleise, wird unter der tief liegenden Niederflurtram eingeklemmt.
Ronja war verletzt, aber wie durch ein Wunder am Leben und bei Bewusstsein. Feuerwehrleute wollten sie befreien, hoben die Tram mit Werkzeugen. Doch der Einsatz misslang. Das Holz, mit dem gesichert werden wollte, zerbarst. Ronja wurde von dem 34 Tonnen schweren Wagen erdrückt.
Warum rutschte die Tram von der Hebevorrichtung? Zweiter Tag im Prozess gegen zwei Feuerwehrbeamte. Haben sie „allgemeine Sorgfaltspflichten“ verletzt? Sie weisen die Vorwürfe zurück. Torsten B. (49) als Einsatzleiter gestern: „Wenn wir kommen, versuchen wir alles, um zu retten.“ Neben B. muss sich Kai-Uwe K. (55) als damaliger Staffelführer eines Rüstwagens verantworten.

Die Schülerin, die mit dem Rad die Schienen am Blockdammweg Ecke Köpenicker Chaussee in Rummelsburg überqueren wollte, hatte die herannahende Straßenbahn nicht bemerkt. Torsten B.: „Das Kind lag dann unter dem ersten Drehgestell.“ Alle Helfer vor Ort seien von schwersten Verletzungen ausgegangen, einem „Überrolltrauma“ – wie es fast immer passiert bei ähnlichen Unfällen. Deshalb sei schnellstmögliche ärztliche Hilfe geboten gewesen.
Torsten B.: „Optimal zum Anheben wäre der Turmkran der BVG gewesen.“ Doch ob und wann das Spezialgerät eintreffen würde, sei unklar geblieben. B.: „Ich sprach mit einem BVG-Verkehrsmeister, bekam keine Auskunft.“ Sie beschlossen, mit Werkzeugen von ihrem Rüstwagen das Kind zu retten.
Der Blick geht im Prozess immer wieder in Richtung BVG. Torsten B.: „Das Anheben erfolgte in Absprache mit dem Verkehrsmeister. Er gab grünes Licht.“ Der Verkehrsmeister sei „für uns der fachlich kompetente Ansprechpartner der BVG“. Doch ein BVG-Mitarbeiter erklärte als Zeuge: „Der Verkehrsmeister, der zum Einsatzort fährt, hat keine Ahnung von technischer Bergung.“ Er solle nur dafür sorgen, dass der Verkehr weiter rollt.
Nach der Tragödie gingen BVG und Feuerwehr auf Fehlersuche. Eine Kooperationsvereinbarung wurde geschlossen. Doch im Prozess hieß es: 2019 seien von fünf geplanten Übungen auf dem Betriebshof vier von der BVG abgesagt worden. Fortsetzung: 5. Oktober