Eingepferchte Rinder erleiden auf einigen Transporten in Nicht-EU-Länder schreckliche Qualen.
Eingepferchte Rinder erleiden auf einigen Transporten in Nicht-EU-Länder schreckliche Qualen. Foto: Vier Pfoten

Die Tierschutz-Organisation „Vier Pfoten“ hat Strafanzeige gegen Amtstierärzte in drei brandenburgischen Landkreisen erstattet. Sie wirft den Veterinärämtern vor, rechtswidrige Zuchtrinder-Transporte nach Zentralasien genehmigt zu haben. Die EU-Transportverordnung schreibe vor, dass die Tiere unterwegs an Versorgungsstationen genügend Auslauf und Schlaf bekommen. Doch diese Bedingungen seien auf den fraglichen Strecken nicht gegeben.  

Die Verantwortung für das Wohl der Tiere tragen in erster Linie die Transportfirmen. Amtstierärzte müssen vor Fahrtantritt aber die Route prüfen und sich Nachweise über gebuchte Aufenthalte an Versorgungsstationen zeigen lassen. „Rinder dürfen höchstens 29 Stunden am Stück transportiert werden, danach sollen sie 24 Stunden ruhen“, sagt Ina Müller-Arnke von „Vier Pfoten“. Es sei jedoch bekannt, dass es die dafür vorgesehenen Stationen in einigen Ländern nicht oder nur in mangelhafter Qualität gibt. Trotzdem hätten die Ämter eine Genehmigung erteilt. 

Transporte nach Kasachstan und Usbekistan

Konkret geht es um Rindertransporte nach Kasachstan, Usbekistan und Libyen in den Jahren 2019 und 2020. „Diese Fahrten wurden von Behörden in den Landkreisen Prignitz, Oberspreewald-Lausitz und Teltow-Fläming erlaubt“, so Müller-Arnke. Gegen die erteilten Genehmigungen habe man nun Einspruch erhoben und Strafanzeige erstattet. Andere Bundesländer wie Bayern haben Transporte nach Kasachstan, Usbekistan und 15 weitere Staaten außerhalb der EU bereits grundsätzlich verboten. Veterinärämtern bleiben dort keine Entscheidungsspielräume mehr.

Das Problem sieht die Organisation „Vier Pfoten“ nicht allein im Fehlen von geeigneten Versorgungsstationen. „Recherchen zeigen, dass die Tiere vielfach überhaupt nicht abgeladen werden und außerhalb der EU keine Pausen mehr bekommen“, so Agraringenieurin Müller-Arnke. Der Europäische Gerichtshof habe aber festgestellt, dass die EU-Tierschutzvorschriften auch für sämtliche Exporte in Nicht-EU-Staaten bis zum Zielort gelten. In einzelnen Fällen seien Transportzeiten von 14 Tagen festgestellt worden. Diese Fahrten würden einige Tiere nicht überleben.

Die Organisation „Vier Pfoten“ fordert nun eine verschärfte, bundeseinheitliche Regelung zu Tiertransporten. Für erwachsene Rinder sei höchstens eine Fahrtdauer von acht Stunden zu rechtfertigen. Kälber, die noch nicht von der Muttermilch entwöhnt sind, sollten grundsätzlich nicht mehr auf Viehtransporte verladen werden dürfen. „Die Politik muss Exporte auch mit Blick auf grausame Schlachtmethoden in einigen Ländern hinterfragen“, so Müller-Arnke. Es komme vor, dass Tieren vor der Tötung die Sehnen durchtrennt und die Augen ausgestochen würden. 

Ministerium weist Vorwürfe zurück

Die Kritik der Tierschützer stößt im Brandenburger Ministerium für Verbraucherschutz nur bedingt auf Verständnis. Ministerin Ursula Nonnemacher (Grüne) betont, dass man erst im April dieses Jahres alle Transporte, die durch Russland führen, ausgesetzt habe. Dies sei eine Reaktion auf die Erkenntnis gewesen, dass dort die erforderlichen Versorgungsstationen nicht existieren. Nach Recherchen der ARD allerdings wurden auch nach Verhängung des Transportverbots mindestens acht weitere Export-Fahrten durch Veterinärämter in Brandenburg genehmigt.

Verbraucherschutzministerin Nonnemacher unterstellt gleichwohl, dass jeder lange Tiertransport umfangreich und sorgfältig geprüft wird, bevor er eine Genehmigung bekommt. Nur wenn die Einhaltung aller Rechtsvorgaben nachvollziehbar dargelegt sei, könne ein Transport abgefertigt werden. „Derzeit gehen wir darum davon aus, dass diese Vorschriften von den genannten Veterinärämtern vollumfänglich eingehalten wurden“, sagte sie.

Die Frage, ob es Verstöße gegeben hat, beschäftigt nach den Beschwerden der Organisation „Vier Pfoten“ nun die Justizbehörden in Potsdam, Cottbus und Neuruppin. Die Staatsanwaltschaft Potsdam bestätigte am Dienstag den Eingang einer Strafanzeige wegen des Verdachts der Beihilfe zur Tierquälerei. Diese werde geprüft, was allerdings mehrere Wochen in Anspruch nehmen könne. Die Organisation „Vier Pfoten“ teilt mit, dass sie auch Veterinärämter in Sachsen, Niedersachsen und Nordrhein-Westfalen wegen fragwürdiger Tiertransporte angezeigt habe.