Corona-Irrsinn bei Kinderärzten! Testpflicht für Eltern, auch wenn sie geimpft sind: Jetzt drohen Mediziner mit Praxis-Schließungen
Demnach sollen Mediziner Mütter und Väter testen, die ihre Kinder in die Praxen begleiten. Doch Schnelltests sind knapp.

Jetzt kommt der nächste Corona-Irrsinn. Aufgrund einer Änderung im Infektionsschutzgesetz des Bundes, die auf Vorschlag der künftigen Ampel-Koalition verabschiedet wurde, besteht offenbar eine Testpflicht für Eltern, die ihre Kinder zum Arzt bringen, auch wenn sie geimpft sind. Die Medizinerverbände laufen dagegen Sturm. Berliner Kinderärzte drohen bereits mit der Schließung ihrer Praxen, da für sie die Regelung zu kurzfristig kam und die zusätzlichen Testungen nicht bewerkstelligen können.
Die Aufregung bei den etwa 300 Kinderärzten der Hauptstadt ist groß. Auch in der Schöneberger Praxis von Jakob Maske (51) ist man über die aktuelle Änderung im Infektionsschutzgesetz verwirrt, die jetzt seit dem 24. November gilt. Dort heißt es im Paragraf 28b sinngemäß, dass Besucher von medizinischen Einrichtungen (nicht Patienten) künftig nur mit einen Corona-Negativtest hineindürfen, egal, welchen Impfstatus sie haben oder ob sie genesen sind.
„Besucher sind damit ganz klar auch die Eltern oder Großeltern, die ihre kranken Kinder zu uns bringen“, sagt Arzt Jakob Maske. „Nur sie wissen von der Testpflicht nichts.“ Natürlich kamen sie am Donnerstag ohne Test zu ihm in die Praxis. „Wir haben ihre Kinder dennoch behandelt, die etwa über Ohrenschmerzen oder Fieber klagten. Wir werden doch in so einer Situation niemanden nach Hause schicken. Für uns hat das Wohl der Kinder oberste Priorität“, sagt Maske.
Doch das könnte sich nun ändern, wenn der Bund nicht rasch die neue Regelung im Infektionsschutzgesetz ändert. „Um künftig nicht dagegen zu verstoßen und damit eine Ordnungsstrafe von etwa 2500 Euro zu riskieren, werde ich, wie auch so manche Kollegen unsere Praxen schließen müssen“, sagt Kinderarzt Maske.
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Ärzte müssen bis zu acht Wochen auf Schnelltest-Nachschub warten
Denn die Ärzte lesen in der neuen Regelung heraus, dass sie jetzt Eltern testen müssen, die ohne Corona-Negativbescheid ankommen. Das sorge nicht nur für mehr Arbeitsaufwand, so Maske. Er habe gerade noch bis zu 200 Schnelltests vorrätig, mit denen er eigentlich seine zehn Mitarbeiter täglich testen muss. „Obwohl sie dreifach geimpft oder genesen sind, müssen die Tests nach der neuen Regelung auch beim medizinischen Personal durchgeführt werden“, sagt Maske. „Wenn ich dann noch die Eltern der bis zu 200 Kindern teste, die ich täglich in der Praxis habe, ist mein Vorrat spätestens am Montag aufgebraucht. Dann kann ich schließen.“
Denn einen Nachschub von Schnelltests könne er nicht so rasch bekommen. Sie sind aufgrund der neuen 3G-Regelungen, etwa am Arbeitsplatz, derzeit Mangelware. „Nach jetzigem Stand muss ich zwischen vier bis sechs Wochen auf eine bestellte Lieferung warten“, sagt Maske.
Jakob Maske ist nicht nur Kinderarzt. Er ist auch Sprecher des Bundesverbandes der Kinder- und Jugendärzte (BVKJ). Der Verband protestiert gegen die neue Pflicht. Die Kinderärzte seien fassungslos über die medizinisch unsinnige Neuregelung im geänderten Infektionsschutzgesetz, die zur Schließung vieler Praxen führen könne, warnte Christiane Thiele, Landeschefin des BVKJ Nordrhein-Westfalen.

Praxen wurden über Testpflicht kurzfristig informiert
Erst am Dienstag seien die Praxen über die Kassenärztliche Bundesvereinigung kurzfristig informiert worden. In dem Schreiben hieß es: „In Praxen und anderen Gesundheitseinrichtungen müssen Arbeitgeber, Beschäftigte und Besucher ab Mittwoch einen tagesaktuellen Antigentest vorlegen – unabhängig davon, ob sie geimpft oder genesen sind.“
Damit drohe den Kinderarztpraxen der Kollaps. „Wenn Eltern nur noch getestet in die Praxis dürfen, also täglich über 100 Personen, bedeutet dies, dass für Behandlung und Versorgung der Kinder keine Zeit mehr bleibt. Es scheint, dass die Politik gar nicht mehr versucht, Gesetze und Verordnungen, die beschlossen werden, auf die Anwendbarkeit in der Praxis zu prüfen“, heißt es in einer Erklärung des BVKJ in NRW.
Auch die Berliner Kassenärztliche Vereinigung (KV) protestiert gegen die neue Regelung, wandte sich mit einem Brief an den Senatsgesundheitsverwaltung, mit der Bitte, die Regelung für Berlin klarzustellen. „Es kann beispielsweise nicht sein, dass infektiöse Patienten ohne Test zu behandeln sind, demgegenüber Mitarbeitende mit dem geringsten relativen Ansteckungsrisiko – sprich dreifachgeimpft plus Maskenschutz – getestet werden müssen, Eltern von Kindern in Kinderarztpraxen zu testen sind“, sagt KV-Sprecherin Dörthe Arnold dem KURIER.

Ministeriumssprecher bemüht sich um Klarstellung
Nach dem Gesetzestext wären demnach auch Berliner von der Testpflicht betroffen, die ihre älteren Familienmitglieder zum Arzt begleiten, so die KV. Auch Postboten und Lieferdienste würden als Besucher zu zählen, die bestellte Waren in die Praxen brächten. Auch sie müssten einen Negativtest vorlegen.
Dass Eltern einen tagesaktuellen Corona-Negativtest bei den Kinderärzten vorlegen müssten, sei nicht der Fall, erklärt nun ein Sprecher des Bundesgesundheitsministeriums. Sie seien als Begleitperson anzusehen. „Die Testpflicht bezieht sich auf Beschäftigte von Praxen, aber nicht auf Patienten und Begleitpersonen“, stellte der Sprecher klar.
Doch das reicht den Ärzten nicht. „Wir wollen keine Worte hören, sondern eine schriftliche Klärung und eine genaue Darstellung der Regelung, damit wir Rechtsicherheit haben“, sagt der Schöneberger Kinderarzt und BKJV-Bundessprecher Jakob Maske.
Der Protest der Ärzte sorgte am Donnerstagabend dafür, dass die im neuen Infektionsschutzgesetz geforderte Testpflicht für geimpftes oder genesenes Personal in medizinischen Einrichtungen gelockert wird. Die Gesundheitsminister der Länder einigten sich darauf, die tägliche Testung auch von vollständig immunisierten Beschäftigten auszusetzen, da diese „zu unzumutbaren Belastungen“ führe. Zwei Tests pro Woche seien ausreichend, erklärten die Ressortchefs der Länder. Wie aber mit Eltern verfahren wird, die ihre Kinder zum Arzt bringen, bleibt weiter offen.