Der geschrottete SUV wird am Berliner Hardenbergplatz von der Polizei gesichert.
Der geschrottete SUV wird am Berliner Hardenbergplatz von der Polizei gesichert. Olaf Wagner/imago

Drei schlafende Obdachlose überlebten den SUV-Crash nur knapp: Refail A. (26) fuhr angetrunken, verlor die Kontrolle über den Wagen und krachte in die Gruppe.

Der Unfall-Fahrer kam im ersten Prozess mit 18 Monaten Haft auf Bewährung davon. Doch selbst das war ihm zu viel: A. legte Berufung ein. Damit sollte nun das Landgericht den Fall prüfen. Aber es kam anders. Plötzlich akzeptierte A. doch die Strafe.

Vor dem Saal wartete ein Mann im Rollstuhl: Marcus B. (46) war einer der Überrollten. Diverse Brüche erlitt er – unter anderem die Hüften kaputt. B.: „Bis heute habe ich Schmerzen.“ Er lebe Gott sei Dank nicht mehr auf der Straße – „bin seit dem Unfall im betreuten Wohnen.“

Der Angeklagte Refail A. (26) mit seinem Verteidiger vor Gericht.
Pressefoto Wagner
Der Angeklagte Refail A. (26) mit seinem Verteidiger vor Gericht.

Der zweite Nebenkläger erschien nicht persönlich: Robert T. (36). Sein linkes Bein war derart zertrümmert worden, dass es amputiert werden musste. Sein Anwalt: „Er musste reanimiert werden.“ Inzwischen lebt er in einer eigenen Wohnung – „Pflegekräfte helfen ihm.“

Der 26. Juli 2020. Sonntagfrüh. Es war nicht viel los auf den Straßen am Bahnhof Zoo. Um 7.20 Uhr tauchte ein Mercedes Benz GLK 220 auf – 2,4 Tonnen schwer, 170 PS stark.

SUV-Fahrer hatte mindestens ein Promille Alkohol im Blut

A. am Steuer – mit mindestens einem Promille Alkohol im Blut, Wut im Bauch und ohne Führerschein. Er soll mit 65 bis 68 Stundenkilometern und damit zu schnell unterwegs gewesen sein, als er aus der Joachimsthaler in die Hardenbergstraße wollte. A. verlor die Kontrolle über den Geländewagen. Er streifte einen Schildermast, prallte gegen einen daran befestigten Mülleimer, krachte auf den Gehweg mit den schlafenden Obdachlosen.

Marcus B. (47) ist eines der Opfer.
Pressefoto Wagner
Marcus B. (47) ist eines der Opfer.

Einige Passanten konnten sich noch retten. Zwei auf dem Boden liegende Männer aber wurden überrollt und der dritte Mann durch die Wucht des Aufpralls aus seinem Rollstuhl geschleudert, bevor der schweren Wagen auch ihn überfuhr. Alle drei Opfer erlitten schwere Verletzungen, bei T. bestand Lebensgefahr.

Während Rettungskräfte um das Leben der Schwerverletzten kämpften, saß A. wimmernd im Auto. Vor dem Amtsgericht legte der Neuköllner ohne erlernten Beruf im Juli 2022 ein Teilgeständnis ab.

18 Monate Haft auf Bewährung gab’s für den SUV-Fahrer

Er gab zu, dass er mit seiner damaligen Freundin die Nacht vor dem Unfall erst durch Bars gezogen war. Dann gab es Zoff in ihrer Wohnung, weil sie sich trennen wollte. Er schnappte sich Autoschlüssel, die bei ihr lagen. A. bedauerte im ersten Prozess: „Es tut mir aus tiefstem Herzen leid. Ich wollte niemand verletzen.“ Er könne sich nicht verzeihen, „dass der Herr meinetwegen ein Bein verloren hat“.

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Der Schuldspruch genau zwei Jahre nach dem Unfall: „Schuldig der vorsätzlichen Gefährdung des Straßenverkehrs, der fahrlässigen Körperverletzung, des Fahrens ohne Fahrerlaubnis.“ 18 Monate Haft auf Bewährung. Für zwei Jahre verhängte das Amtsgericht eine Führerschein-Sperre. An einen der Verletzten soll er 3600 Euro zahlen. Weitere Auflage: „100 Stunden gemeinnützige Arbeit“.

Zwei Jahre auf Bewährung hatte der Ankläger gefordert, der Verteidiger plädierte auf drei Monate auf Bewährung. Nur A. legte Berufung ein. Weil er die nun endlich zurücknahm, ist das Urteil rechtskräftig.