In coronafreien Sommern herrscht auf der Spree unterhalb der Mühlendammschleuse viel Verkehr – Dieselschwaden inbegriffen.
In coronafreien Sommern herrscht auf der Spree unterhalb der Mühlendammschleuse viel Verkehr – Dieselschwaden inbegriffen. Foto: dpa/Luisa Riekes

Diesel gegen Strom: Zwischen dem Verband der Elektroschiffer und dem Berliner Reederverband ist Streit um die Nutzung der Innenstadt-Spree und um die Nutzung von Stegen ausgebrochen. Die Stromer werfen der Dieselfraktion vor, sie auszusperren, indem sie die Nutzung der Anleger für einen Linienverkehr verweigern. Folglich werde nichts aus dem 2018 vom Abgeordnetenhaus verabschiedeten Plan „Saubere Schiffe, saubere Spree“ für einen Fluss ohne Dieselschwaden.

Die Elektroschiffer haben deshalb ein Ermittlungsverfahren der Berliner Kartellbehörde angestoßen, ob Berliner Reedereien aus deren Verband sowie die „Stern + Kreis“ elektrische Wettbewerber widerrechtlich daran hindern, Linienverkehr in der City aufzunehmen. Ein Ergebnis liegt noch nicht vor.

Luis Lindner, Sprecher des Verbands für Elektroschifffahrt und Landeinfrastruktur, verweist auf die Notwendigkeit von Linienverkehr. Nur mit Charter seien die Einnahmen für kostendeckenden elektrischen Schiffsverkehr zu niedrig.

Elektroschiffer beklagen lahme Verwaltung

Er beklagt darüber hinaus, dass den Diesel-Schiffern zwar Mitte 2020 ein Anleger im Humboldthafen verweigert worden sei, dass aber der Antrag der Elektroschiffer zum Bau eines dortigen Stegs von 2018 dennoch nicht vorankomme. Er liege auf dem Tisch des zuständigen Staatssekretärs Stefan Tidow (Grüne) in der Senatsverwaltung für Umwelt, Verkehr und Klimaschutz (SenUVK), aber trotz vieler Nachfragen geschehe nichts.

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Ein Vorwurf, den SenUVK zurückweist. Grundsätzlich gelte: Wenn ein Antrag abgelehnt wird, heiße das nicht automatisch, dass ein anderer zum Tragen komme. Zu der Klage, dass die „Diesel-Reeder“ die Anleger blockierten, könne man nichts sagen. Im Übrigen verwahre man sich gegen den Vorwurf Lindners, die Wasserbehörde verhindere in bürokratischer Komplizenschaft mit dem Wasser- und Schifffahrtsamt (WSA) Spree-Havel des Bundes den Fortschritt bei dieselrußfreiem Schiffsverkehr zu behindern.

Reederverband nennt Vorwürfe Quatsch

Ingo Gersbeck, der Vorsitzende des Reederverbands, reagiert mit „Quatsch“ auf die Vorwürfe der Elektroschiffer. Viel mehr will er nicht sagen: „Das sind massive Anschuldigungen, wir werden uns dagegen einer anwaltlichen Vertretung bedienen.“

Dann verweist er aber darauf, dass es bislang so gewesen sei, dass man selber Anleger baut, schildert aber selbst das Problem: Wegen maroder Uferbefestigungen der Spree sei das eigentlich nicht mehr möglich. Am Bahnhof Friedrichstraße vor der Gaststätte StäV hätte ein Anleger gebaut werden können, als die Uferwände saniert wurden, aber da wären die Elektro-Kollegen zu spät gekommen.

Stern + Kreis ist im kompletten Corona-Lockdown, reagierte bislang nicht auf Anfragen.

Wirtschaftssenatorin Ramona Pop (Grüne) tauft im Juni 2020 das solar-elektrisch betriebene Schiff „SunCat 120“ der SolarCircleLine, an dem die Reederei Stern + Kreis beteiligt ist.
Wirtschaftssenatorin Ramona Pop (Grüne) tauft im Juni 2020 das solar-elektrisch betriebene Schiff „SunCat 120“ der SolarCircleLine, an dem die Reederei Stern + Kreis beteiligt ist. Foto: dpa/Bernd von Jutrczenka

Der Senat jedenfalls wäscht seine Hände in Spreewasser: Man könne kaum Einfluss auf den Bau von Steganlagen nehmen, die von den Reedern errichtet werden und über ihren Verband die Anlegerechte vergeben. Das Verfahren ist auch komplex: Das Land Berlin ist bei Genehmigungen für die Landseite zuständig, der Bund über WSA für die Wasserseite.

Man sei aber bestrebt, die Elektroschifffahrt voranzubringen, indem bei wasserrechtlichen Genehmigungen Auflagen erteilt werden, die abgasfreie oder -arme Schiffe bevorzugen.

Schließlich habe Berlin den Bau zweier elektrisch angetriebener Fahrgastschiffe gefördert und 2018/19 den Einbau von Partikel- und Stickoxid-Filteranlagen in fünf Diesel-Fahrgastschiffen finanziert. Die Förderrichtlinie, dafür oder den Umbau auf Elektroantrieb jetzt 900.000 Euro pro Jahr bereitzustellen, liege aber noch zur Prüfung beim Landesrechnungshof.

Laut Lindner gibt es unter den rund 150 Fahrgastschiffen Berlins bislang vier mit Elektro-Antrieb.