Sie sollen nicht mehr "Schwarzfahrer" und "Ausländer" sagen

Sprachregeln für Beamte - sinnvoll oder Schwachsinn?

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Beamte unter Druck. Sie sollen auf ihre Sprache achten. 
Beamte unter Druck. Sie sollen auf ihre Sprache achten. imago images/Ikon Images

Der rot-rot-grünen Senat vertritt schon lange die Politik der gendergerechten Sprache. Nun gab er einen weiteren Leitfaden für „Mitarbeitende der Berliner Verwaltung zum diversitysensiblen Sprachgebrauch“ heraus. Begriffe wie "Ausländer" und "Schwarzfahrer" sind demnach verpönt. An Sinn und Unsinn dieser Handreichung scheiden sich die Geister. Auch beim Berliner KURIER.

Pro: Die Gesellschaft ist divers, die Sprache sollte es auch sein

Ein 44 Seiten langer Leitfaden aus dem Hause des Berliner Justizsenators Dirk Behrendt bringt derzeit die Opposition auf die Palme. Denn die kann so gar nicht verstehen, wieso in den Berliner Amtsstuben plötzlich diskriminierungsfrei gesprochen werden soll. Laut der Handreichung sind Schwarze Menschen mit großem S zu schreiben, da das die Selbstbezeichnung „für Menschen, die Rassismuserfahrungen machen“ ist und auch der Begriff Ausländer soll möglichst nicht gebraucht und durch „Einwohnende ohne deutsche Staatsbürgerschaft“ ersetzt werden. Zugegeben. Das klingt hölzern, dürfte aber in einem Land, in dem Rasenflächen am Straßenrand Verkehrsbegleitgrün heißen, kein Problem sein.

Tatsächlich handelt es sich bei dem Leitfaden auch nicht um eine Verordnung, sondern um eine Anregung, wie Sprache auch aussehen kann. Es ist ein Denkanstoß, sich mit ihr auseinanderzusetzen. Damit, was Worte bedeuten können und wen sie vielleicht verletzen. Unsere Sprache ist die von weißen Männern. Das hat sich über die Jahrhunderte so entwickelt. Aber die Gesellschaft ist längst diverser. Sie besteht aus „Menschen mit Migrationsgeschichte“ oder Menschen die nicht „cis“ – also „in Übereinstimmung mit ihrem bei der Geburt zugewiesenen Geschlecht“ leben.

Der Leitfaden will nicht mehr, als dass sich Berlins Beamte darüber Gedanken machen, wie sie die Bürger und Bürgerinnen dieser Stadt ansprechen. Und das ist wirklich nicht zu viel verlangt. (dma)

Contra: Hört doch endlich auf, unsere Sprache zu verhunzen!

Diversitysensibel. Wer denkt sich so ein Wort aus? Es sind dieselben Leute, die nicht wollen, dass wir „Schwarzfahrer“ oder „Ausländer“ sagen. Damit könnte man ja irgendjemandem auf die Füße treten. Herrje! Haben wir keine anderen Sorgen? Die Berliner Verwaltung scheint der Ansicht zu sein, dass „diversitysensible Sprache“ ein großer Fortschritt in der Menschheitsentwicklung ist. Also eine Sprache, aus der alle vermeintlichen Diskriminierungen getilgt sind. Frauen und, ups, Ausländer sollen nicht länger beleidigt werden durch Ausdrucksweisen, die der böse, weiße Mann in die Welt gesetzt hat. Uff!

Man muss sich das doch mal ganz konkret vorstellen: In der Berliner Verwaltung wurde nun in etlichen Arbeitsstunden ein 44-seitiger, „diversitysensibler“ Leitfaden für die Mitarbeiter in den Amtsstuben entworfen. Da brüteten sie also über unanständigen Wörtern wie „Asylbewerber“ und grübelten darüber nach, was die Verwaltungsbeamten künftig stattdessen sagen sollen. Asylsuchende? Schutzsuchende?

Diese beiden Varianten werden nun empfohlen. Aber ganz sicher findet das demnächst auch wieder jemand diskriminierend - und schlägt stattdessen „In Deutschland anwesende Person mit einem besonderen berechtigten Anliegen“ vor. Ich vermag an dem Ausdruck Asylbewerber - ganz ehrlich - rein gar nichts Beleidigendes zu entdecken. Wichtiger wäre es aus meiner Sicht, Menschen in Notlagen zu helfen, statt sich ewig mit solchen sprachlichen Haarspaltereien aufzuhalten. 

Richtig nervtötend wird es, wenn Begriffsbildungen wie „Zu Fuß Gehende“ oder „Verkehrsteilnehmende“ ins Spiel kommen. Das klingt so furchtbar technisch und hölzern, dass einem ganz schummrig wird. Zum Glück redet im Alltag kein Mensch so. Und ich bin mir sehr sicher, dass auch ihn Zukunft die große Mehrheit der Leute Fußgänger sagen wird. Oder Spaziergänger. So ein Spaziergang an der frischen Luft würde auch den Diversity-Jüngern ganz gut tun. Da kommt man auf ganz andere Gedanken. Und manche Probleme, die keine sind, verschwinden von allein ... (mow)