S.O.S. Natur: Die Frau, die die Brandenburger Kröten rettet
Frösche, Molche und ihre Artgenossen sind nicht mehr selbstverständlich in Brandenburg zu finden. Die Dürrejahre haben ihre Zahl drastisch sinken lassen.

Immer weniger Frösche, Molche und Kröten: Amphibien und andere kleine Tiere verschwinden immer mehr aus der Region. S.O.S. Natur. Der Klimawandel, die zunehmende Trockenheit lässt den Lebensraum schrumpfen. Gerade jetzt im Frühjahr wird es wieder gefährlich für die kleinen Tiere, wenn sie zu ihren Laichplätzen wollen und dabei die Straße überqueren müssen. Rangerin Lea Potrafke ist deshalb in den kommenden Wochen auf Rettungsmission. Und spannt flache Planen entlang der Straßen auf, die jeder Autofahrer schon mal gesehen hat.
Die 23-Jährige Lea Potrafke ist eine von zahlreichen Naturschützern in der Märkischen Schweiz bei Buckow (Märkisch-Oderland), die dafür sorgen, dass Molche, Kröten, Frösche und ihre Artgenossen bei ihrer Frühjahrswanderung zu den Laichplätzen nicht ein vorzeitiges Ende durch den Straßenverkehr finden.
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Landesweit stellt die Naturwacht mit freiwillig Helfenden in diesen Tagen an vielen Straßen 30 Zentimeter hohe Krötenzäune auf, denn mit milderen Temperaturen werden die Tiere langsam wieder aktiv. Die Hilfe für die Amphibien ist mehr als notwendig, denn Zahlen der Naturwacht zeigen ein alarmierendes Bild. Die Naturschützer beklagen einen deutlichen Rückgang von Kröten, Fröschen, Molchen und ihrer Artgenossen.
Eine Auswertung für 33 Schutzzaun-Standorte auf einer Länge von 10,5 Kilometern zeigt demnach: Die Zahl der erfassten Tiere ist nach Angaben der Ranger im Vergleich zu den Jahren vor 2019 dramatisch eingebrochen und weiterhin rückläufig.
Nur noch ein Drittel der Kröten, Frösche und Molche ist da
In einem Zeitraum von 2014 bis 2018 wurden den Angaben zufolge an den betreuten 33 Schutzzäunen jedes Frühjahr etwa 39.000 Amphibien erfasst. Im Jahr 2019 waren es mit rund 18.600 Exemplaren nicht einmal halb so viele Tiere. 2020 sank die Gesamtzahl auf etwa 15.600, im vergangenen Jahr waren es mit rund 13.500 Exemplaren noch etwa ein Drittel der erfassten Tiere.
Vor allem Braunfrösche, zu denen Moor- und Grasfrösche gehören, sind laut Monitoring deutlich weniger geworden: Während 2014 bis 2018 landesweit durchschnittlich 7600 Tiere pro Jahr an den Schutzzäunen registriert wurden, waren es 2021 nur noch 423 Exemplare – ein Rückgang um 94 Prozent innerhalb von drei Jahren. Bei den Molchen sieht es nicht besser aus. Zählten die Ranger von 2014 bis 2018 landesweit durchschnittlich noch rund 5000 Tiere pro Jahr, waren es 2021 nur noch rund 1000 Exemplare.

Potrafke und ihre Mitarbeiter brauchen in den kommenden Wochen viele helfende Hände. Sobald die Nachttemperaturen nicht mehr unter sechs Grad absinken, treten die Kröten, Unken, Molche, Salamander und Frösche ihre Frühjahrswanderung zu Laichgewässern an. Die Hauptarbeit der Ranger ist es, einen bis zu 15 Zentimeter tiefen kleinen Graben zu buddeln, um den Krötenzaun reinzusetzen, damit die Amphibien nicht drunter durch krabbeln.
Die Trockenheit der letzten Jahre macht den Tieren zu schaffen
Wenn der Zaun installiert ist, werden die Gräben verfüllt und Fangeimer eingebuddelt, in denen die Amphibien eingesammelt werden. Danach werden sie registriert und über die Straßen getragen, damit sie ihre Wanderung fortsetzen können. „Ohne die Schutzzäune würde ein Großteil überfahren“, betont die Leiterin der Naturwacht, Britta Schmidt.
Vor allem die starke Trockenheit ab dem Jahr 2018 habe den Tieren spürbar zu schaffen gemacht, sagt Schmidt. „Die meisten Arten ziehen nur zum Laichen im Frühjahr ins Gewässer. Den Rest des Jahres verbringen sie in den umliegenden, feuchten Lebensräumen an Land. Fällt hier über Monate kein Regen, wird es für die Tiere schwierig.“ Da Insekten auf dem Speiseplan der Amphibien stehen, verschlechtere auch deren Rückgang die Lage vermutlich zusätzlich.
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Hoffnungslos ist die Lage Schmidt zufolge aber nicht. In feuchten Jahren könnten die Zahlen durchaus wieder steigen. Ranger hätten berichtet, dass zumindest derzeit deutlich mehr Wasser in der Landschaft und in den Laichgewässern der Amphibien verzeichnet werde als in den Vorjahren. Trockneten die Laichgewässer allerdings wieder aus, bevor sich die Kaulquappen oder Larven vollständig entwickelt haben, könnte sich der Abwärtstrend fortsetzen.
Allein in den vergangenen acht Jahren hat die Naturwacht nach eigenen Angaben etwa eine Viertelmillion Amphibien in ihren Eimern registriert und vor dem Verkehrstod bewahrt. In Deutschland leben insgesamt 21 verschiedene Amphibienarten.