Im Corona-Impfzentrum Tempelhof soll in aktuellen Chargen mehr als die Hälfte der Spritzen betroffen sein.
Im Corona-Impfzentrum Tempelhof soll in aktuellen Chargen mehr als die Hälfte der Spritzen betroffen sein. Foto: picture alliance/dpa/AFP-POOL

Im Berliner Impfzentrum Tempelhof sollen Qualitätsmängel bei Medizinprodukten aufgetaucht sein, die unter der Belegschaft Sorge auslöst. Konkret geht es um Spritzen, mit denen die Impfstoffe verabreicht werden und bei denen die Gefahr besteht, dass sich Kunststoffpartikel lösen könnten, die schlimmstenfalls mit injiziert werden könnten. Das geht aus einer internen Nachricht hervor, die dem KURIER vorliegt. Darin warnte ein Beschäftigter aus den Impfzentrum seine Kollegen ausdrücklich vor „minderwertigen Spritzen“.

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„Einmal wichtig für alle. Wir haben auch in den MIT (Anm. der Redaktion: Mobiles Impfteam) heute sehr viele minderwertige Spritzen, bei denen der vordere, schwarze Teil des Kolbens aufgrund eines Produktionsfehlers am Konus festklebt. Der Kolben ist somit vermutlich nicht gleichmäßig verarbeitet und somit besteht das Risiko , dass Kunststoffpartikel in die Spritze gelangen und gegebenenfalls mitverimpft werden können“, heißt es in der Nachricht, die im Mitarbeiterchat der Impfzentren versendet wurde.

Spritzen „im großen Stil“ aussortiert

Weiter heißt es darin, dass sie solche Spritzen in Tempelhof „im großen Stil“ aussortiert hätten. In aktuellen Chargen seien teilweise mehr als die Hälfte der Spritzen betroffen. Die Leitung arbeite gerade an einer „Lösung/offiziellen Anweisung/Warnung“.

Drei der defekten Spritzen, die im Impfzentrum aussortiert wurden.
Foto: Privat 
Drei der defekten Spritzen, die im Impfzentrum aussortiert wurden.

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Laut Informationen des KURIER soll ein „sensibler Mitarbeiter“ die defekten Spritzen entdeckt haben. Produktionsfehler bei Medizinprodukten kämen immer mal vor, berichtete ein Arzt aus einem Berliner Impfzentrum, der anonym bleiben möchte. „Je billiger man einkauft, desto schneller passiert so etwas“, betonte er. Ideal sei das natürlich nicht. Woher die Spritzen stammen, diese Frage könne er nicht beantworten, nur so viel: Die meisten würden in Billiglohnländern wie China hergestellt.

Welche Risiken bestehen?

Sollte ein Kunststoffpartikel mit injiziert werden und in die Blutbahn gelangen, was recht unwahrscheinlich sei, da das Vakzin in den Muskel gespritzt werde, könne das schlimmstenfalls eine Embolie auslösen. Es könne auch zu einer Entzündungsreaktion führen. Vermutlich würde sich das Partikel aber eher unter der Haut verkapseln.

Wer haftet bei Folgen?

„In einem solchen Fall würde ein so genannter Staatshaftungsanspruch bestehen, der sich gegen das Land Berlin richtet“, erklärt der Berliner Fachanwalt für Medizinrecht, Volker Loeschner. Zwar habe der impfende Arzt die Sorgfaltspflicht die Spritzen zu kontrollieren, könne aber nicht haftbar gemacht werden.

Der KURIER fragte bezüglich des Problems auch bei der für die Berliner Impfzentren zuständigen Senatsverwaltung für Gesundheit bereits am Donnerstag an, stellte mehrere Fragen zu dem Vorkommen und wollte wissen, wie groß das Ausmaß der defekten Spritzen sei. Die Anfrage blieb bis Redaktionsschluss unbeantwortet. Auch auf telefonische Anfragen war die Pressestelle nicht erreichbar, antwortete lediglich auf eine weitere schriftliche Anfrage, ob und wann mit einer Antwort zu rechnen sei, mit der Mitteilung: „Aufgrund der Vielzahl der eigegangenen Anfragen, wird sich die Beantwortung leider noch etwas verzögern.“