„Solo Sunny“-Autor Wolfgang Kohlhaase ist gestorben
Der berühmteste Drehbuchautor und Regisseur der DDR starb mit 91 Jahren in Berlin. Er schrieb Filmgeschichte, in der DDR und nach der Wiedervereinigung: „Solo Sunny“ und „Sommer vorm Balkon“ bleiben für immer.

Der Drehbuchautor, Regisseur und Schriftsteller Wolfgang Kohlhaase ist tot. Er sei am Mittwoch in Berlin im Alter von 91 Jahren gestorben, teilte die Akademie der Künste unter Berufung auf seine Frau Emöke Pöstenyi mit.
Wolfgang Kohlhaase war einer der bekanntesten und erfolgreichsten Drehbuchautoren der DDR und auch nach der Wende außerordentlich erfolgreich.
Zusammenarbeit mit Konrad Wolf
Wolfgang Kohlhaase wird am 13. März 1931 in Berlin geboren. Schon während der Schulzeit entdeckt er das Schreiben für sich. Nach Kriegsende beginnt er als Volontär und Redakteur bei der Jugendzeitschrift „Start“, später schreibt Kohlhaase für die „Junge Welt“. Als er 1950 beim DEFA-Studio für Spielfilme als Dramaturgie-Assistent angestellt wird, beginnt eine große Filmkarriere als Drehbuchautor und Schriftsteller.
Bereits mit seinem zweiten Film kommt es zur kreativen Zusammenarbeit zwischen Wolfgang Kohlhaase und dem Regisseur Gerhard Klein. Mehrfach werden beide von da an zusammenarbeiten und zahlreiche „Berlin-Filme“ inszenieren.
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Ihre Geschichten berichten unverblümt vom Lebensgefühl junger Leute in der DDR. Sozialstudien sind diese Filme. Das Vorbild: der italienische Neorealismus mit seinen Begründern Roberto Rossellini, Luigi Zampa, Luchino Visconti, Federico Fellini. Der Neorealismus als Antwort auf den Faschismus zeigte, wie auch Kohlhaases Filme, eine ungeschminkte, authentische Wirklichkeit.
Wolfgang Kohlhaases bedeutendster Film
Wolfgang Kohlhaases bedeutendster Film in der Berlin-Reihe der DEFA war „Berlin - Ecke Schönhauser “ aus dem Jahr 1957. Hier geht es um das Problem der Halbstarken, die sich unter den U-Bahn-Bögen im Prenzlauer Berg treffen. Sie stellen Fragen, tanzen Rock'n' Roll, werden kriminell, orientieren sich an Westberlin. Ein Affront in der DDR. Der Film ruft dann auch heftige Diskussionen hervor, schafft es aber doch in die Kinos und wird ein voller Erfolg.
„Solo Sunny“ – sein größter Hit
Weitere Erfolge Kohlhaases sind: „Ich war neunzehn“ mit Jaecki Schwarz in seiner ersten Rolle als sowjetischer Leutnant. Er kommt im April 1945 in seine Heimat zurück und erlebt die Kapitulation der deutschen Wehrmacht. Der Film wird im In- und Ausland ein Hit.

Wolfgang Kohlhaase mit seinem Sprachwitz und seiner genauen Beobachtungsgabe spielte in einer Liga mit Billy Wilder und Erich Kästner. Zusammen mit Konrad Wolf brachte er auch seinen wohl legendärsten Erfolg „Solo Sunny“ auf die Leinwand. Die Inspiration für seine Arbeiterin Ingrid, „Sunny“, die als Schlagersängerin mit einer Band über die Dörfer der DDR tourt, bekam er im DDR-Künstlerklub „Möwe". Hier lernte er Sanije Torka kennen, deren Lebensgeschichte sein Buch zum Kultfilm beeinflusste.
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Auch nach 1990 blieb Kohlhaase im Filmgeschäft erfolgreich. Beackerte mit Volker Schlöndorff „das heikle Kapitel des Exils von RAF-Mitgliedern in der DDR“ in „Die Stille nach dem Schuss“. Auch seine Arbeiten mit Andreas Dresen werden volle Erfolge. „Sommer vorm Balkon“ (2005), „Whisky mit Wodka“ (2009), „Als wir träumten“ (2015) erzählen immer mit Liebe zum Detail von Menschen wie Du und ich.
Diese spezielle Sicht auf die Menschen
An Andreas Dresen schätzte Kohlhaase besonders seine „freundliche“, „beinahe zärtliche“ Sicht- und Umgangsweise mit den Schauspielern und ihren dargestellten Figuren. Dresen wiederum bestätigte, dass Kohlhaase und er dieselbe „Sicht auf Welt und Menschen“ teilen.

Immer geht es bei Wolfgang Kohlhaase um Menschen in ihrem Alltag, unprätentiös und realistisch. Aber immer mit ganz viel Zuneigung für seine Protagonisten.
Am 8. April 2011 erhielt er von der Deutschen Filmakademie die Lola für sein Lebenswerk. In seiner Dankesrede sagte er: „Ich bin nicht nur erfreut, sondern auch ermutigt. Und das braucht man in jedem Alter.“

Kohlhaase lebte zusammen mit seiner Frau, der Tänzerin Emöke Pöstenyi in Reichenwalde in Brandenburg. Bis zur Corona-Pandemie hielt er sich noch mit Boxen fit. „Im Kopf und im Herzen habe ich einige Ideen. Aber ob sie umgesetzt werden, steht in den Sternen“, sagte Kohlhaase noch im März 2021 zu seinem 90. Geburtstag in einem Interview. Jetzt ist er mit 91 Jahren gestorben. „ Alles ist so gewesen. Nichts war genau so“, heißt es in „Die Stille nach dem Schuss“. Diese Mischung aus Poesie und Alltag, die Wolfgang Kohlhaase wie kein anderer einzufangen wusste, wird in seinen Filmen unsterblich.