Feiern von Zwickau bis Ahlbeck

Kindertag in der DDR: zwischen Fahnenappell und Kinderdisko

Am Internationalen Kindertag wurden in der DDR die Kinder gefeiert. Nicht ohne auch die Errungenschaften des Sozialismus ins rechte Licht zu rücken.

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Zum Internationalen Kindertag am 1. Juni 1984 vergnügen sich viele Familien auf der Terrasse der HO-Gaststätte „Biesdorfer Kreuz“. In der DDR war es üblich, den Tag schön zu gestalten. 
Zum Internationalen Kindertag am 1. Juni 1984 vergnügen sich viele Familien auf der Terrasse der HO-Gaststätte „Biesdorfer Kreuz“. In der DDR war es üblich, den Tag schön zu gestalten. Kaufhold / dpa-Zentralbild

Seit 1950 findet immer am 1. Juni der Internationale Kindertag statt. In der DDR und in anderen sozialistischen Ländern war der Tag ein großes Ereignis. Für alle Kinder zwischen Anklam und Zwickau fand an dem Tag in der Schule kein Unterricht statt. Stattdessen gab es Aktionen, Feste und Solibasare. Auch heute noch wird in manchen Bundesländern der 1. Juni als Kindertag gefeiert. Zusätzlich zum Kindertag am 20. September, der in der ehemaligen BRD begangen wurde. 

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Kindertag in der DDR

Kindertag in der DDR, das war ein Tag, an dem sich wirklich alles um die Kinder, die Stützen der jungen, sozialistischen Gesellschaft drehte. So wurde etwa in Hausgemeinschaften zum Hoffest eingeladen. In den Kindergärten und Schulen wurden Feste veranstaltet. Straßen wurden zu Spielstraßen, in den Kulturzentren gab es Kinderprogramm und Spiele.

Eine DDR-Hausgemeinschaft feiert 1989 den Internationalen Kindertag  mit einem Picknick. In Rostock-Dierkow organisierten damals zwölf Mietparteien in ihrem Wohnaufgang dieses Fest zum Kindertag.
Eine DDR-Hausgemeinschaft feiert 1989 den Internationalen Kindertag mit einem Picknick. In Rostock-Dierkow organisierten damals zwölf Mietparteien in ihrem Wohnaufgang dieses Fest zum Kindertag.Imago / Roland Hartig

Ein in der DDR bekanntes Buch, „Bald bin ich ein Schulkind“, gibt Eltern Tipps wie sie den Kindertag gestalten können: „Gestalten Sie den Kindertag zu einem besonderen Ereignis! Dazu gehört gar nicht viel: ein nett gedeckter Tisch, ein kleines Geschenk, lustige Spiele in einer Kindergemeinschaft und abends der Fackelzug. Lassen Sie Ihr Kind an diesem Tag ruhig einmal etwas länger aufbleiben als sonst!“, heißt es darin. 

Großer Andrang bei einer Feier zum Internationalen Kindertag im Neubaugebiet Leipzig-Grünau am 1.  Juni 1987. 
Großer Andrang bei einer Feier zum Internationalen Kindertag im Neubaugebiet Leipzig-Grünau am 1. Juni 1987. dpa-Zentralbild

Am internationalen Kindertag standen in der DDR auch immer Kinder in anderen Ländern im Fokus. Kinder, denen es ganz propagandagemäß, nicht so gut ging wie den jungen Menschen in der sozialistischen DDR. Natürlich wurde der Kindertag auch für die politische Erziehung genutzt. Wenngleich für die meisten Kinder der Spaß an diesem Tag ganz sicher im Vordergrund stand. 

Beliebtes DDR-Kinderlied

In dem Lied „Über allen strahlt die Sonne“, das helfen sollte, die Bedeutung des Tages besser zu erfassen, heißt es : Über allen strahlt die Sonne, über allen in der Welt. Alle Kinder wollen Frieden, Frieden, der das Glück erhält. Froh und glücklich will doch spielen auf der Erde jedes Kind, ob nun seine Eltern Schwarze, Gelbe oder Weiße sind.

Kinder tanzen zur Musik vor einem Hochhaus in Berlin-Marzahn. Die Kinder-Diskothek war Teil eines von der Hausgemeinschaft organisierten Festes zum Internationalen Kindertag in der DDR.
Kinder tanzen zur Musik vor einem Hochhaus in Berlin-Marzahn. Die Kinder-Diskothek war Teil eines von der Hausgemeinschaft organisierten Festes zum Internationalen Kindertag in der DDR.Peter Zimmermann/dpa

Am Kindertag fanden in der DDR meist am Morgen in der Schule Fahnenappelle statt, bei denen Schüler ausgezeichnet wurden, dann begann das lockere Programm. Oft  halfen die Patenbrigaden in den Schulen mit, kleine Spiele für die Kinder zu organisieren. Im Sinne der Erziehung zur „Liebe zur Arbeit“ war eine Schulklasse in der DDR mit einer Patenbrigade verbunden. Diese kleinste Arbeitseinheit in einem Betrieb kümmerte sich um „ihre Klasse“, etwa auch mit durch Glückwunschkarten zum Internationalen Kindertag. 

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Am Kindertag fanden mancherorts Umzüge der Kinder statt. Kinder hatten dazu einen Kindertags-Stock dabei, der mit bunten Bändern und Ballons oder Bildern geschmückt war, auch Bonbons wurden manchmal dran geklebt. 

Kindertag in der DDR – politische Veranstaltung oder Party ?

Gefeiert wurden die Kinder an sich – die Träger der zukünftigen Gesellschaft. Aber immer auch das sozialistische System mit seinen tatsächlichen und vermeintlichen Errungenschaften gegenüber den kapitalistischen Ländern. Entsprechend wurde vor allem propagandistisch die Kinderarmut, ein rückständigeres Familienrecht und der Analphabetismus in der westlichen oder in der dritten Welt gegeißelt.

Im Großen Garten in Dresden geht die Pioniereisenbahn am Kindertag in Betrieb. In der DDR wurde der Kindertag ausgiebig gefeiert. 
Im Großen Garten in Dresden geht die Pioniereisenbahn am Kindertag in Betrieb. In der DDR wurde der Kindertag ausgiebig gefeiert. Imago / Sächsische Zeitung

In vielen Städten der DDR wurden seit 1950 die Pioniereisenbahnen gebaut. Im ehemaligen Bezirk Cottbus verkehrt sie seit dem internationalen Kindertag 1954. In Dresden wurde die Bahn im Großen Garten am 1. Juni 1950 eröffnet. 

Auch heute werden am 1. Juni vielerorts Feste und Veranstaltungen für Kinder organisiert. In Berlin veranstaltet das FEZ traditionell eine große Kindertagsparty.

Ein Kremserwagen mit Kindern fährt am Internationalen Kindertag durch die Stendaler Straße im Ost-Berliner Stadtteil Hellersdorf. 
Ein Kremserwagen mit Kindern fährt am Internationalen Kindertag durch die Stendaler Straße im Ost-Berliner Stadtteil Hellersdorf. Kaufhold / dpa

Manche Bundesländer haben den 1. Juni als Kindertag nach der Wiedervereinigung übernommen oder beibehalten. In anderen Regionen wird im September der Kindertag begangen – wieder andere feiern gleich zweimal im Jahr. Thüringen ist das einzige Bundesland, das den 20. September zum Feiertag erklärt hat.