Die Inflation frisst die Einkommen der Berliner auf. Allein 38 Euro mehr im Monat müssen Berliner für Lebensmittel ausgeben.
Die Inflation frisst die Einkommen der Berliner auf. Allein 38 Euro mehr im Monat müssen Berliner für Lebensmittel ausgeben. ZB

Die Folgen des Ukraine-Krieges greifen immer tiefer in unsere Geldbörsen. Die explodierenden Energiekosten, die drastisch ansteigenden Preise für Lebensmittel: Die Berliner geben derzeit mehr aus, als sie verdienen. Die Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten (NGG) schlägt Alarm! Sie prognostiziert: Wegen der rasant ansteigenden Preise gehen den Haushalten in der Hauptstadt in diesem Jahr rund 1,79 Milliarden Euro an Kaufkraft verloren.

Die NGG bezieht sich dabei auf eine regionale Kaufkraftanalyse des Pestel-Instituts (Hannover). Und der Kaufkraft-Verlust von fast 1,8 Milliarden Euro könnte noch ansteigen, sollte die jetzige Teuerungsrate weiter anziehen.

Und so frisst die Inflation die Einkommen der Berliner auf. Allein bei Lebensmitteln müssen die Verbraucherinnen mit Mehrausgaben von 827 Millionen Euro rechnen, teilt die NGG-Gewerkschaft mit. Ein Blick in die Supermarktregale zeigt es: Eine 250-Gramm-Packung Butter kostet im Schnitt nun 3 Euro, Käse, Fleisch, Milch oder Kaffee wurden ebenfalls drastisch teurer.

Inflation: Schuld ist nicht nur der Ukraine-Krieg

Schuld ist jedoch nicht nur der Ukraine-Krieg „Einen etwas überdurchschnittlichen Preisanstieg haben wir jetzt schon sehr lange, also mindestens zehn Jahre“, sagt Stefanie Sabet, Geschäftsführerin der Bundesvereinigung der Deutschen Ernährungsindustrie im Podcast „Wieder was gelernt“ des Senders n-tv. Die Corona-Pandemie und der Krieg hätten für einen sprunghaften Anstieg der Preise gesorgt. „Die Ausnahmesituation in den Lieferketten hatte niemand auf dem Plan.“

Die NGG-Gewerkschaft erklärt: Von den Folgen der Inflation seien in Berlin vor allem Menschen mit schmalem Portemonnaie betroffen. In den 881.600 Haushalten, in denen Alleinerziehende und Singles mit einem monatlichen Nettoeinkommen von weniger als 2.000 Euro leben, belaufen sich die hochgerechneten Kaufkraftverluste – vom Heizen bis zum Einkauf im Supermarkt – bis Jahresende auf 553 Millionen Euro.

Der prallgefüllte Warenkorb wird jetzt schön teuer: Vor allem bei Lebensmitteln stiegen die Preise an.
Der prallgefüllte Warenkorb wird jetzt schön teuer: Vor allem bei Lebensmitteln stiegen die Preise an. imago-images/ stock&people

NGG-Regional-Chef Sebastian Riesner spricht von „alarmierenden Zahlen“. Durch die Preissteigerungen drohten soziale Verwerfungen, wenn die Politik nicht durch weitere, gezielte Entlastungen gegensteuere. „Vom Kellner bis zur Bäckereifachverkäuferin – Beschäftigte, die keine Spitzenverdiener sind, müssen derzeit jeden Cent zweimal umdrehen. Wer ohnehin schauen muss, wie er bis zum Monatsende durchkommt, bei dem schlagen die aktuellen Mehrausgaben enorm zu Buche“, sagt Riesner.

Laut Pestel-Institut sind die gestiegenen Lebensmittelpreise ein besonderer Inflationstreiber: Der durchschnittliche Haushalt in Berlin hat in der ersten Jahreshälfte allein bei Nahrungsmitteln eine Zusatzbelastung von 38 Euro im Monat zu tragen. Die Mehrausgaben für Energie belaufen sich auf monatlich 34 Euro, Mobilität verteuerte sich um zehn Euro.

38 Euro monatlich mehr für Lebensmittel

Nach Beobachtung der NGG treffen die Preissprünge im Supermarkt „ausgerechnet die Menschen besonders stark, die selbst mit Lebensmitteln arbeiten – ob im Restaurant, in der Brauerei oder in der Backwarenfabrik“. Zwar sei es der Gewerkschaft in diesem Jahr gelungen, durch Tarifabschlüsse etwa im Gastgewerbe kräftige Lohnerhöhungen zu erzielen. Die Inflation drohe jedoch, diese zunichte zu machen. „Was wir jetzt brauchen, sind spezielle Hilfen für Beschäftigte mit geringen Einkommen. Aber auch für Rentnerinnen und Rentner, Studierende und Arbeitsuchende“, sagt NGG-Regionalchef Riesner. „Die bisherigen Entlastungspakete der Bundesregierung reichen nicht aus. Die Ampel muss nachlegen.“

Der Geschäftsführer der NGG-Region Berlin-Brandenburg spricht sich für einen „Energiepreisdeckel“ aus, um Privathaushalte vor explodierenden Kosten für Gas und Strom zu schützen. Dabei müssten alle Entlastungen sozial ausgewogen sein, meint Riesner: „Starke Schultern können mehr tragen als schwache. Deshalb wäre es auch konsequent, Reiche stärker an der Finanzierung der Krisenlasten zu beteiligen – zum Beispiel durch eine einmalige Vermögensabgabe.“