Berliner SPD-Bürgermeister
So ist es wirklich, mit einem Politiker von der AfD zusammenzuarbeiten!
Friedrich Merz flirtet mit der AfD. Doch wie läuft die Zusammenarbeit im Kommunalen wirklich ab? Treptow-Köpenicks Bezirksbürgermeister Oliver Igel aus Berlin hat da seine eigenen Erfahrungen.

Die Äußerung von Friedrich Merz, dass die CDU nach Möglichkeiten suchen müsse, mit der AfD in Kommunen zusammenzuarbeiten, hat heftige Reaktionen hervorgerufen. In Berlin ist die Situation deshalb bemerkenswert, weil dort ein Mitglied der AfD in der Exekutive, genauer gesagt im Bezirksamt tätig und somit auch aktiv in die Arbeit vor Ort eingebunden ist. Diese Person ist Bernd Geschanowski, der als Stadtrat für öffentliche Ordnung im Bezirk Treptow-Köpenick fungiert.
Es mag überraschend erscheinen, dass die Zusammenarbeit zwischen den Vertretern der CDU und Bernd Geschanowski von der AfD vergleichsweise unspektakulär verläuft. Bezirksbürgermeister Oliver Igel, der der SPD angehört, erklärt im Interview mit der Berliner Zeitung (BLZ), dass die Kooperation auf einem demokratischen Niveau stattfindet, ohne dass es zu einer engen persönlichen Verbundenheit kommt. In dem Gespräch mit der BLZ betont Igel, dass die Zusammenarbeit mit dem AfD-Mitglied Geschanowski sachlich und geschäftsmäßig ablaufe.
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Interessanterweise ist der Stadtratsposten in Treptow-Köpenick nicht der einzige, der gemäß der Berliner Verfassung der AfD nach den BVV-Wahlen im September 2021 zusteht. Nach der Wahlwiederholung im Jahr 2023 war es allerdings nicht erforderlich, dass die Mitglieder des Bezirksamts erneut gewählt wurden. Entsprechend dem Proporzprinzip sollte in den Bezirksämtern von Lichtenberg und Spandau jeweils ein Vertreter der AfD sitzen. Doch gelang es in beiden Fällen den Kandidaten der Partei nicht, eine Mehrheit in den jeweiligen Bezirksverordnetenversammlungen zu erhalten.
AfD-Mann Bernd Geschanowski bereits zweimal zum Stadtrat gewählt
In Treptow-Köpenick sieht die Situation anders aus. Bernd Geschanowski wurde bereits zweimal vom Bezirksparlament zum Stadtrat gewählt – sowohl nach den Wahlen 2016 als auch nach den Wahlen 2021. SPD-Mann Oliver Igel hebt in der BLZ hervor, worin das Alleinstellungsmerkmal von Geschanowski liegt. Er betont, dass Geschanowski keineswegs „der Björn Höcke von Treptow-Köpenick“ ist, da er andernfalls „sicherlich nicht gewählt worden wäre“. Stattdessen beschreibt der Bürgermeister seinen Kollegen im Bezirksamt als eine zurückhaltende Person mit bürgerlichen Ansichten und angenehmen Umgangsformen.
Diese Beschreibung deutet darauf hin, dass Geschanowski ein eher gemäßigtes Profil innerhalb der AfD vertritt, im Gegensatz zu einigen kontroversen und extremistischen Vertretern der Partei. Offenbar hat er durch seinen zurückhaltenden und bürgerlichen Ansatz eine Akzeptanz in der Bezirksverordnetenversammlung gefunden, die ihm die wiederholte Wahl zum Stadtrat ermöglichte. Trotzdem bleibt die Präsenz von AfD-Mitgliedern in der Exekutive der Stadt Berlin ein Thema, das weiter diskutiert wird, insbesondere vor dem Hintergrund der extremen politischen Positionen und der Ausrichtung der Partei.
Im Amt für öffentliche Ordnung begegnen sich die Mitarbeiter und Bernd Geschanowski gemäß Bürgermeister Igel jedenfalls jeden Tag respektvoll. In Bezug auf Geschanowskis Arbeitsweise verweist Igel im BLZ-Gespräch erneut auf die Verfassung Berlins, die besagt, dass jeder Stadtrat eigenständig seinen Geschäftsbereich leiten soll. Genau das tut auch Geschanowski. Bisher ist er kaum über die Grenzen von Treptow-Köpenick hinaus in Erscheinung getreten.
AfD-Politiker lehnte Bewerber mit schwarzer Hautfarbe ab
Eine Situation, die in Erinnerung bleibt, war eine Auseinandersetzung bei der Besetzung der Stelle des Amtsarztes im Bezirk während des ersten Corona-Jahres. Diese Kontroverse führte letztlich zur Entlassung des Bewerbers und verursachte Streit. Der vom Stadtrat abgelehnte Bewerber war schwarzer Hautfarbe und offenbar homosexuell. Er erhob den Vorwurf, dass er aufgrund seiner Hautfarbe und sexuellen Orientierung nicht berücksichtigt wurde. Geschanowski betonte dagegen stets, dass die Entscheidung aufgrund mangelnder Qualifikation des Mannes getroffen wurde.
Unabhängig von Geschanowskis Arbeit sieht Bürgermeister Igel es als „demokratisch geboten“ an, den Anspruch der AfD auf einen Sitz im Bezirksamt anzuerkennen, schreibt die BLZ. Dabei betont er offenbar die Bedeutung demokratischer Prinzipien, die es auch bei politischen Differenzen oder kontroversen Ansichten zu wahren gilt. Die Einhaltung der Verfassung und der demokratischen Spielregeln stehen im Vordergrund, unabhängig von politischen Differenzen oder strittigen Angelegenheiten in der Zusammenarbeit zwischen den Parteien.
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Im Gegensatz zu einigen besonders vehementen AfD-Kritikern betont Bürgermeister Igel, dass man jemanden aus der AfD nicht grundsätzlich ablehnen sollte. Er sieht die Wahl von Bernd Geschanowski auch als eine disziplinierende Maßnahme, die der AfD eine Verantwortung auferlegt, die sie wahrnehmen muss. Igel betont, dass dies bedeutet, dass die AfD nun in der Regierung vertreten ist.
Für die alltägliche Zusammenarbeit innerhalb des sechsköpfigen Gremiums bedeutet dies, dass man Geschanowski nicht aktiv unterstützt, aber auch nicht ständig sabotiert. Man akzeptiert die Zusammenarbeit als Realität im Bezirksamt. Bürgermeister Igel erklärt im BLZ-Gespräch, dass diese Art der Zusammenarbeit notwendig sei, um die Arbeit effektiv zu erledigen.
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Trotzdem betrachtet Igel Friedrich Merz’ Vorstoß als gefährlich. Er sieht die tägliche Zusammenarbeit im Bezirksamt als eine pragmatische Technik, die erforderlich ist, um die Arbeit vor Ort zu erledigen. Merz hingegen habe ein Signal gesendet, nach dem die AfD eine ganz normale Partei sei. Igel bleibt jedoch bei seiner Einschätzung, dass dies nach wie vor schwierig und schädlich sei.
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Diese Ansicht spiegelt die kontroverse Debatte wider, die mit der Zusammenarbeit von etablierten Parteien und der AfD einhergeht. Während einige betonen, dass die Demokratie den Umgang mit unterschiedlichen politischen Ansichten erfordert, sehen andere eine solche Zusammenarbeit als problematisch angesichts einiger kontroverser Positionen und Äußerungen, die von der AfD vertreten wurden.